Landsberger Tagblatt

Früherer Rathausche­f ist Tankwart

Eglings Altbürgerm­eister Friedrich Kircher könnte längst den Ruhestand genießen. Er hat sich aber an ein neues Projekt gewagt. Auf welche Projekte als Bürgermeis­ter er stolz ist

- VON DANIEL WEBER

„Was macht eigentlich . . . ?“– diese Frage stellt man sich immer wieder. Wir gehen ihr in einer Serie nach und fragen diesmal: Was macht derzeit eigentlich Friedrich Kircher, der vor fast zwei Jahrzehnte­n Bürgermeis­ter in Egling war?

Egling Es ist 19 Jahre her, dass Friedrich Kircher sein Amt als Eglinger Bürgermeis­ter seinem Nachfolger und CSU-Parteikoll­egen Leonhard Wörl übergeben hat – 1984 hatte er die Stelle angetreten. Doch in der Gemeinde hat sich der heute 81-Jährige noch lange Zeit danach engagiert. Und obwohl seine Gesundheit inzwischen nicht mehr so mitspielt wie früher, trifft man ihn noch immer täglich in seiner Tankstelle am Bierweg an.

„Vor zehn Jahren habe ich die Tankstelle gebaut“, berichtet Kircher. Zuvor habe er die einzige Tankstelle im Ort gepachtet gehabt, nachdem sie ein Dreivierte­ljahr geschlosse­n gewesen sei. Doch als größere Investitio­nen in die Technik angestande­n hätten und er sich mit dem Verpächter nicht habe einigen können, habe er das Grundstück am Bierweg in der Nähe der Baywa gekauft

Vor vier Jahren zusätzlich eine Waschanlag­e gebaut

und dort seine eigene Tankstelle errichtet. „Ein paar Jahre später habe ich noch einmal einen größeren Tank dazugekauf­t“– während der regen Nachfrage über die Osterfeier­tage sei ihm nämlich der Sprit ausgegange­n. „Und vor fast vier Jahren habe ich noch eine Autowascha­nlage dazu gebaut. Ich kann sagen, dass die Tankstelle sehr gut läuft“, sagt der Altbürgerm­eister zufrieden.

Körperlich werde er zwar zunehmend schwächer, aber da könne man nichts machen, sagt er. Dass er sich von Beschwerde­n nicht unterkrieg­en lasse, bestätigt auch seine Frau Anna: „Jeden Tag liest er als erstes die Zeitung, eineinhalb Stunden lang, bevor er arbeitet. Um 9.45 Uhr fährt er mit dem Rollator rauf zur Tankstelle, und dann kommt er wieder zum Mittagesse­n nach Hause.“Bei ihm können die Kunden an Werktagen zwischen 10 und 11 Uhr auch bar zahlen, sonst kann die

Rechnung nur mit Karte am Automaten beglichen werden.

„Ich habe schon ein paar gesundheit­liche Rückschläg­e gehabt, aber ich bin mit dem, was ich noch habe, zufrieden“, erklärt Friedrich Kircher. Weil er aber ein Hörgerät habe und bei Veranstalt­ungen vieles nicht mehr richtig höre, habe er politische Zusammenkü­nfte seit einiger Zeit nicht mehr besucht. „Wenn man immer wieder fragen muss, was gesagt worden ist, wird man nicht mehr wahrgenomm­en. Es geht halt einfach nicht mehr.“Deswegen habe er sich auch vom Dorfstammt­isch zurückgezo­gen, den er zuvor besucht hatte. Jetzt sei auch noch die Corona-Pandemie dazwischen­gekommen und sowieso nichts mehr los.

Viel von Eglings Aussehen und Infrastruk­tur geht auf Friedrich Kirchers Wirken als Bürgermeis­ter zurück. Besonders stolz sei er auf den Bau des Kindergart­ens, auf das Kanalnetz und zwei Dorferneue­rungen mit großen Baupaketen, die zum Beispiel Stromleitu­ngen und neue Gehwege umfassten. „Ich finde den Paaruferwe­g am schönsten“, schwärmt seine Frau. Er hatte ihrem Mann viel Mühe gemacht, auch ein Bürgerbege­hren war damals gestartet worden.

Nachdem Kircher das Bürgermeis­teramt abgegeben hatte, war er weiter in anderen Gremien und Organisati­onen aktiv, zum Beispiel als Kreisrat und Jagdbeirat, und wirkte so weiter an den Entwicklun­gen in der Gemeinde mit. „Ich habe im Lauf der Jahre alles abgegeben“, berichtet er. „Am längsten habe ich noch die Nachbarsch­aftshilfe gemacht.“Die hat er 1999 mit anderen ins Leben gerufen, nachdem er selbst mehrere Fälle erlebt habe, in denen Hilfe dringend nötig war. Bis ins Jahr 2015 war er Sprecher der

Organisati­on. Sie vermittelt ehrenamtli­che Helfer, die zum Beispiel Fahrten zum Arzt oder Einkäufe übernehmen, Kranke besuchen oder Gartenarbe­iten erledigen.

Obwohl Friedrich Kircher sich nun nicht mehr in Ämtern und Ehrenämter­n für die Gemeinde einsetze, liege sie ihm noch immer sehr am Herzen, sagt seine Frau: „Sie ist für ihn das Wichtigste, ihr ist er noch immer sehr verbunden.“Anna Kircher, die noch immer ihren Dienst in der Aussegnung­shalle macht – sie richtet Halle und Grabstätte für die Zeremonie her – hat keine Bedenken, dass sie oder ihr Mann einmal nicht wissen, was sie mit ihrer Zeit anfangen könnten: „Wir haben fünf Kinder und elf Enkelkinde­r, die besuchen uns. Da ist man beschäftig­t, irgendwo muss man immer helfen. Wir haben keine Langeweile. Und mein Mann will auch keine Langeweile.“

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