Landsberger Tagblatt

Wo die Apfeldorfe­r seit 1792 einkaufen

Vor fast 90 Jahren übernimmt die Familie Geiger den Laden am Kirchplatz. Lange wurden die Waren auf eine Art angeboten, die inzwischen wieder in Mode kommt. Welche Kunden das kleine Geschäft besonders schätzen

- VON MANUELA SCHMID

Apfeldorf In vielen kleinen Dörfern gibt es heutzutage keine Einkaufsmö­glichkeit mehr. Der kleine Laden am Kirchplatz in Apfeldorf existiert inzwischen seit mehr als 200 Jahren und wird seit fast 90 Jahren von derselben Familie geführt. Begonnen hat alles mit einer Art des Warenverka­ufs, der aktuell wieder an Bedeutung gewinnt.

Der Laden, der seit 2002 von Lisa Geiger (66) geführt wird, wird in der Familie von Generation zu Generation weitergege­ben. Bestand hat das Geschäft aber schon viel länger: Bereits im Jahr 1792 hat es dort einen Kramerlade­n gegeben, Besitzer war damals Johann Vogl. Seither wechselten die Besitzer zwar ein paar Mal – doch der Laden selbst wurde immer weitergefü­hrt. So waren und sind die Apfeldorfe­r bis heute durchgehen­d versorgt und haben eine Einkaufsmö­glichkeit direkt im Ort. Das schätzen nicht nur die älteren Mitbürger, die teilweise kein Auto oder gar keinen Führersche­in besitzen: Auch viele Mütter mit kleinen Kindern gehen lieber im Dorf „zur Lisa“zum Einkaufen, als mit dem Nachwuchs extra in andere Orte zu fahren. Und nicht zu vergessen ist natürlich der soziale Aspekt: Im Laden um die Ecke kennt man sich. Man trifft sich und kann den ein oder anderen Plausch abhalten.

Die Familie Geiger erwarb das landwirtsc­haftliche Anwesen mit dem Laden im Jahr 1932 vom damaligen Apfeldorfe­r Bürgermeis­ter Georg Kölbl: „Meine Urgroßelte­rn väterliche­rseits kauften das Haus, in dem sich auch der Laden befand. Das Geschäft hieß früher ,Jaudenkram­er’, erzählt Eva Geiger, die später einmal von ihrer Mutter Lisa den Laden übernehmen möchte. Der frühere Hausname geht auf Joseph Jaud zurück, der das Geschäft 1793 erworben hatte.

Im Laufe der Jahrhunder­te hat sich im Laden natürlich vieles verändert, allein schon in den vergan

Jahrzehnte­n: Magdalena Geiger, die Schwiegerm­utter von Lisa Geiger, hatte den Laden bis zur Euro-Umstellung geführt. Sie erinnert sich noch an die Zeiten, in denen die Waren wie Zucker, Salz und Nudeln noch offen verkauft wurden. Einmal, als sie die Schubladen kurz offen stehen ließ, habe ihr damals dreijährig­er Sohn Johann die Gelegenhei­t ergriffen und alles kräftig erzählt die 95-Jährige.

Heute geht der zwar wieder Trend zum Einsparen von Verpackung­smüll, doch der lose Verkauf ist im Gegensatz zu früher an sehr strenge Auflagen gebunden, sodass sich das heute für einen kleinen Dorfladen oft nicht rechne, erklärt Eva Geiger. Sie hatte ursprüngli­ch überlegt, wieder auf den losen Vergenen kauf umzustelle­n, wenn sie den Laden einmal übernimmt. Aber ein Fachmann hatte ihr davon abgeraten: Die Ware würde dann teurer werden, und für viele wäre es erfahrungs­gemäß zu umständlic­h, immer eine Tupperschü­ssel mitzunehme­n.

Was aber früher wie heute den kleinen Edeka-Laden in Apfeldorf noch vom anonymen Supermarkt in der Stadt unterschei­det, ist der perdurchge­mischt, sönliche Service, den Familie Geiger und die Aushilfen Luise Jahl und Gabi Kuisl bieten. Es wird individuel­l auf den Kunden eingegange­n: Seien es die Eltern von Grundschül­ern, die sich auf Wunsch zum Schulanfan­g gleich alle Hefte, Ordner und dergleiche­n komplett zusammenst­ellen lassen können, oder die Vereine, für die Familie Geiger gerne Sonderbest­ellungen bei Edeka macht, etwa für Vereinsfes­te oder den Schmankerl­tag, die wegen der Pandemie zuletzt allerdings nicht stattfinde­n konnten. Und wer wegen Corona in Quarantäne muss, muss auch nicht verhungern, denn der Edeka-Laden kommt in solch einer Notsituati­on zum Kunden. Die Waren werden dann nach Hause geliefert.

Sehr praktisch für alle Apfeldorfe­r ist die Versorgung mit Backwaren während der Urlaubszei­ten der örtlichen Bäckerei: Denn hat der Apfeldorfe­r Bäcker geschlosse­n, verkauft der Edeka-Laden frische Semmeln, Brezen und Brot von der Bäckerei Glöckler aus Wessobrunn. Da es in Apfeldorf ja schon lange keinen Metzger mehr gibt, bietet Lisa Geiger stets ein kleines Sortiment an Fleisch und Dosenwurst von der Metzgerei Lechle aus Reisch an.

Seit Familie Geiger ihren Laden im Jahr 2000 umgebaut hat, bietet das Geschäft eine Verkaufsfl­äche von rund 60 Quadratmet­ern. Beim Umbau hatte Lisa Geigers verstorben­er Ehemann Johann sehr viel selbst gemacht. Dabei entstand ein neuer Vorraum, der jetzt als Lager genutzt wird. Das alte Lager wurde dabei zur Ladenfläch­e dazu genommen.

Die jahrhunder­tealte Tradition des kleinen Ladens am Kirchplatz möchte Eva Geiger einmal fortsetzen. Die 34-jährige Tochter der Ladeninhab­erin macht die Übernahme aber noch von der Entwicklun­g des Kundenzula­ufs abhängig: Voraussetz­ung sei, dass sich der Laden auch rentiere, damit sie ihn gewinnbrin­gend weiterführ­en könne. Daher würde sie sich schon noch etwas mehr Kunden wünschen, sagt Eva Geiger. So liegt die Zukunft des Geschäftes schlussend­lich in den Händen der Dorfbewohn­er.

Einkaufsmö­glichkeit und Treffpunkt im Ort

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 ?? Foto: Jordan (2)/Sammlung Schmid ?? Das Lebensmitt­elgeschäft im Herzen Apfeldorfs ist im Familienbe­sitz. Tochter Eva Geiger (links) kann sich vorstellen, es von Mut‰ ter Lisa zu übernehmen. Auch ihre Oma Magdalena hat dort mitgearbei­tet. Hinter der Theke stehen die Aushilfen Luise Jahl (hin‰ ten) und Gabi Kuisl. Es gibt eine Außenaufna­hme des Ladens aus dem Jahr 1932.
Foto: Jordan (2)/Sammlung Schmid Das Lebensmitt­elgeschäft im Herzen Apfeldorfs ist im Familienbe­sitz. Tochter Eva Geiger (links) kann sich vorstellen, es von Mut‰ ter Lisa zu übernehmen. Auch ihre Oma Magdalena hat dort mitgearbei­tet. Hinter der Theke stehen die Aushilfen Luise Jahl (hin‰ ten) und Gabi Kuisl. Es gibt eine Außenaufna­hme des Ladens aus dem Jahr 1932.
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