Plötzlich im Rampenlicht
Der Landeschef der Jungen Union, Christian Doleschal, ist bisher kaum aufgefallen. Seit der Bundestagswahl hat sich das geändert
In nicht einmal 20 Jahren vom rebellischen Schulbub in der kleinen Gemeinde Brand in der nördlichen Oberpfalz zum CSU-Europaabgeordneten und Landesvorsitzenden der Jungen Union in Bayern – das ist die bisherige politische Karriere von Christian Doleschal, 33. Außerhalb seiner Heimat und seiner Partei war er bisher kaum bekannt. Zwei Ereignisse nach der Bundestagswahl haben das geändert. Erst die Landesversammlung der Jungen Union in Deggendorf, die unter seiner Regie offen die Dominanz von Parteichef Markus Söder innerhalb der CSU infrage stellte. Dann die wuchtig vorgetragene Kritik Doleschals an den CDU-Größen Armin Laschet und Wolfgang Schäuble.
Wäre es nach Doleschal gegangen, dann wäre die JU-Landesversammlung mit Söder nicht ganz so unfreundlich umgesprungen. Eigentlich, so sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion, sei die Situation in Deggendorf nach einer „harten, aber angemessenen und konstruktiven Debatte“mit Söder bereits wieder „befriedet“gewesen. Dass die Versammlung, nachdem Söder abgefahren war, dem CSU-Chef noch einen Fingerzeig mit auf den Weg gab und mit einer Dreiviertelmehrheit die Worte „Zugpferd Markus Söder“aus der Abschlusserklärung strich, sei aber „auch kein Beinbruch“. Die Grundstimmung sei nun mal so gewesen nach diesem schlechten Wahlergebnis, sagt Doleschal und fügt hinzu: „Die Junge Union neigt schon dazu, eine gewisse Dynamik an den Tag zu legen, aber sie trifft schon auch das ehrliche
Gefühl der Partei.“
Mehr nach dem Geschmack des CSU-Vorsitzenden dürften die jüngsten Wortmeldungen Doleschals an die Adresse der CDU gewesen sein. Laschet sei der falsche Kanzlerkandidat gewesen, sagte der JU-Landesvorsitzende über den CDU-Chef. Und dem 79-jährigen Bundestagspräsidenten Schäuble legte der 33-Jährige den Rückzug aus der Bundespolitik nahe. Doleschal (verheiratet, eine Tochter) kam, wie er sagt, durch Zufall in die Politik. „Ich bin da eher hineingeschlittert.“Als Bub war er Ministrant, spielte Fußball und engagierte sich – in Opposition zum damaligen SPD-Bürgermeister der Gemeinde Brand – für die Jugend im Ort. Bereits mit 14 war er Jugendbürgermeister, mit 16 Bezirksgeschäftsführer der JU, mit 19 Gemeinderat und Mitglied im JU-Bundesvorstand, mit 23 JU-Bezirkschef und mit 27 jüngstes Mitglied im CSUVorstand. 2019 wurde er als Nachfolger des Schwaben Hans Reichhart zum Landesvorsitzenden der JU und als Abgeordneter ins Europaparlament gewählt.
Dass es ihn nach Brüssel verschlug, ist kein Zufall. Ein Schlüsselerlebnis sei für ihn eine „Welcome-Europe-Party“am 30. April 2004 aus Anlass der EU-Osterweiterung gewesen. Seine Heimat rückte damals vom Rand in die Mitte Europas. Die „Europafrage“beschäftige ihn bis heute.