Innenminister Herrmann antwortet
Der bayerische Innenminister befasst sich mit den Landsberger Montagsdemos. Man könne kein generelles Verbot für die motorisierten Demos in der Altstadt aussprechen, aber Einschränkungen seien möglich.
Aufgrund der Kritik vieler Bürger an der motorisierten Montagsdemo in Landsberg hatte die Kauferinger Grünen-Landtagsabgeordnete Gabriele Triebel eine Anfrage beim Innenministerium gestellt. Die Antwort: Aus der Innenstadt verbannen könne man die Demonstrationen nicht, es seien aber Auflagen möglich.
Triebels Frage: „Hat die Staatsregierung Kenntnis, inwieweit das Landratsamt Landsberg die rechtliche Möglichkeit einer Allgemeinverfügung hat, die für montags angemeldeten Demonstrationen im Innenstadtgebiet der Stadt Landsberg (Altstadt) zu reglementieren?“Und zwar in folgender Hinsicht: „Kann man die angemeldete Demonstration im Innenstadtbereich der Stadt so reglementieren, dass diese aufgrund der Fahrzeuggröße (Tonnage) und Lautstärke (Hupkonzert) in einem geeigneten Außenbezirk stattfinden müssen? Wenn ja, wieso erlässt das Landratsamt Landsberg nach Kenntnis der Staatsregierung diese Allgemeinverfügung zum Schutz der Innenstadt-Bewohnerinnen, -Bewohner und der Bausubstanz nicht? Dies, obwohl die Altstadt für Lkw mit Ausnahme des Lieferverkehrs und der Durchfahrt von Traktoren gesperrt ist (entsprechendes Verkehrsschild steht an der Katharinenstraße vor der Lechbrücke stadteinwärts).“
Der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) antwortet: „Gemäß Artikel 15 Absatz 1 des Bayerischen Versammlungsgesetzes (BayVersG) kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten
Auflagen abhängig machen, wenn (nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen) die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.“Eingriffe in die Versammlungsfreiheit seien nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig.
Zwar können Versammlungsverbote und -beschränkungen auch in der Form von personenbezogenen Allgemeinverfügungen ergehen, doch stelle die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hieran hohe Anforderungen: Die Tatbestandsvoraussetzungen müssen für jeden Sachverhalt, der von der Allgemeinverfügung erfasst werde,
vollumfänglich erfüllt sein. Auf eine konkrete, den Anforderungen der Versammlungsfreiheit genügende Gefahrenprognose zu jeder erfassten Versammlung könne die Versammlungsbehörde daher nicht verzichten.
„Da die Versammlung mit Abschlusskundgebung bisher jeden Mittwoch für den darauffolgenden Montag der Versammlungsbehörde des Landratsamts Landsberg am Lech angezeigt wurde und sich sowohl die Routen als auch die Anzahl der Teilnehmer bzw. die Anzahl der Fahrzeuge jeweils geändert haben, kam eine Allgemeinverfügung bislang nicht in Betracht“, so Herrmann. Insbesondere aufgrund der Anzeige der Versammlung besteht für die Versammlungsbehörde die ausreichende Möglichkeit, im jeweiligen
Einzelfall Beschränkungen mittels Versammlungsbescheid zu erlassen. „Der grundrechtlich garantierten Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG, Art. 113 BV) kommt für die freiheitliche demokratische Staatsordnung konstitutive Bedeutung zu. Zur Versammlungsfreiheit gehört das Recht, über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt einer Versammlung selbst zu bestimmen“, so die Antwort weiter. Mit der Inanspruchnahme der Versammlungsfreiheit seien auch unvermeidbar gewisse Behinderungen und Belästigungen verbunden, die die Gesellschaft grundsätzlich auszuhalten habe. Kollidiert die Versammlungsfreiheit mit Rechten Dritter (beim Lärmschutz oder Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs), sei eine Abwägung der betroffenen Positionen
zur Herstellung praktischer Konkordanz erforderlich. „Wichtige Abwägungselemente sind dabei unter anderem die Dauer und Intensität der Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, Ausweichmöglichkeiten, die Dringlichkeit der blockierten Tätigkeit Dritter, aber auch der Sachbezug zwischen den beeinträchtigten Dritten und dem Protestgegenstand:“
Die Versammlungsbehörde (das Landratsamt Landsberg) kam bei den bisherigen Versammlungen zu dem Ergebnis, dass eine Verlegung der Versammlungsörtlichkeit zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit geführt hätte. In den Versammlungsbescheiden wurden jedoch einzelne Beschränkungen hinsichtlich der Durchführung der konkreten Versammlung erlassen: wie Beschränkung der Durchfahrtshöhe und des Gewichts mit Abstandsgebot für Brücken, Untersagung des Laufenlassens der Kraftfahrzeugmotoren während der stationären Versammlung auf dem Hauptplatz oder die ausschließliche Verwendung der rechten Fahrspur. Grünen-Abgeordnete Gabriele Triebel: „Das Versammlungsrecht ist ein hohes Gut in unserer Demokratie. Öffentlich Unmut zu äußern, ist vollkommen legitim und auch wünschenswert. Aber je bedrohlicher und im Ziel unverständlicher die Demos sind, desto mehr stellt sich mir schon die Frage, ob hier der Abwägung zum Schutz der Anwohner nicht mehr Rechnung getragen werden müsste. Der Ball liegt beim Landratsamt Landsberg, über den Versammlungsbescheid auch die Interessen der Landsberger Innenstadtbewohner*innen entsprechend zu berücksichtigen.“