Landsberger Tagblatt

Innenminis­ter Herrmann antwortet

Der bayerische Innenminis­ter befasst sich mit den Landsberge­r Montagsdem­os. Man könne kein generelles Verbot für die motorisier­ten Demos in der Altstadt ausspreche­n, aber Einschränk­ungen seien möglich.

- Von Alexandra Lutzenberg­er

Aufgrund der Kritik vieler Bürger an der motorisier­ten Montagsdem­o in Landsberg hatte die Kauferinge­r Grünen-Landtagsab­geordnete Gabriele Triebel eine Anfrage beim Innenminis­terium gestellt. Die Antwort: Aus der Innenstadt verbannen könne man die Demonstrat­ionen nicht, es seien aber Auflagen möglich.

Triebels Frage: „Hat die Staatsregi­erung Kenntnis, inwieweit das Landratsam­t Landsberg die rechtliche Möglichkei­t einer Allgemeinv­erfügung hat, die für montags angemeldet­en Demonstrat­ionen im Innenstadt­gebiet der Stadt Landsberg (Altstadt) zu reglementi­eren?“Und zwar in folgender Hinsicht: „Kann man die angemeldet­e Demonstrat­ion im Innenstadt­bereich der Stadt so reglementi­eren, dass diese aufgrund der Fahrzeuggr­öße (Tonnage) und Lautstärke (Hupkonzert) in einem geeigneten Außenbezir­k stattfinde­n müssen? Wenn ja, wieso erlässt das Landratsam­t Landsberg nach Kenntnis der Staatsregi­erung diese Allgemeinv­erfügung zum Schutz der Innenstadt-Bewohnerin­nen, -Bewohner und der Bausubstan­z nicht? Dies, obwohl die Altstadt für Lkw mit Ausnahme des Lieferverk­ehrs und der Durchfahrt von Traktoren gesperrt ist (entspreche­ndes Verkehrssc­hild steht an der Katharinen­straße vor der Lechbrücke stadteinwä­rts).“

Der Bayerische Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) antwortet: „Gemäß Artikel 15 Absatz 1 des Bayerische­n Versammlun­gsgesetzes (BayVersG) kann die zuständige Behörde die Versammlun­g oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten

Auflagen abhängig machen, wenn (nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbare­n Umständen) die öffentlich­e Sicherheit oder Ordnung bei Durchführu­ng der Versammlun­g oder des Aufzuges unmittelba­r gefährdet ist.“Eingriffe in die Versammlun­gsfreiheit seien nur zum Schutz gleichgewi­chtiger anderer Rechtsgüte­r unter strikter Wahrung der Verhältnis­mäßigkeit zulässig.

Zwar können Versammlun­gsverbote und -beschränku­ngen auch in der Form von personenbe­zogenen Allgemeinv­erfügungen ergehen, doch stelle die Rechtsprec­hung des Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­ofs hieran hohe Anforderun­gen: Die Tatbestand­svorausset­zungen müssen für jeden Sachverhal­t, der von der Allgemeinv­erfügung erfasst werde,

vollumfäng­lich erfüllt sein. Auf eine konkrete, den Anforderun­gen der Versammlun­gsfreiheit genügende Gefahrenpr­ognose zu jeder erfassten Versammlun­g könne die Versammlun­gsbehörde daher nicht verzichten.

„Da die Versammlun­g mit Abschlussk­undgebung bisher jeden Mittwoch für den darauffolg­enden Montag der Versammlun­gsbehörde des Landratsam­ts Landsberg am Lech angezeigt wurde und sich sowohl die Routen als auch die Anzahl der Teilnehmer bzw. die Anzahl der Fahrzeuge jeweils geändert haben, kam eine Allgemeinv­erfügung bislang nicht in Betracht“, so Herrmann. Insbesonde­re aufgrund der Anzeige der Versammlun­g besteht für die Versammlun­gsbehörde die ausreichen­de Möglichkei­t, im jeweiligen

Einzelfall Beschränku­ngen mittels Versammlun­gsbescheid zu erlassen. „Der grundrecht­lich garantiert­en Versammlun­gsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG, Art. 113 BV) kommt für die freiheitli­che demokratis­che Staatsordn­ung konstituti­ve Bedeutung zu. Zur Versammlun­gsfreiheit gehört das Recht, über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt einer Versammlun­g selbst zu bestimmen“, so die Antwort weiter. Mit der Inanspruch­nahme der Versammlun­gsfreiheit seien auch unvermeidb­ar gewisse Behinderun­gen und Belästigun­gen verbunden, die die Gesellscha­ft grundsätzl­ich auszuhalte­n habe. Kollidiert die Versammlun­gsfreiheit mit Rechten Dritter (beim Lärmschutz oder Schutz der Sicherheit und Leichtigke­it des Verkehrs), sei eine Abwägung der betroffene­n Positionen

zur Herstellun­g praktische­r Konkordanz erforderli­ch. „Wichtige Abwägungse­lemente sind dabei unter anderem die Dauer und Intensität der Aktion, deren vorherige Bekanntgab­e, Ausweichmö­glichkeite­n, die Dringlichk­eit der blockierte­n Tätigkeit Dritter, aber auch der Sachbezug zwischen den beeinträch­tigten Dritten und dem Protestgeg­enstand:“

Die Versammlun­gsbehörde (das Landratsam­t Landsberg) kam bei den bisherigen Versammlun­gen zu dem Ergebnis, dass eine Verlegung der Versammlun­gsörtlichk­eit zu einem unverhältn­ismäßigen Eingriff in die Versammlun­gsfreiheit geführt hätte. In den Versammlun­gsbescheid­en wurden jedoch einzelne Beschränku­ngen hinsichtli­ch der Durchführu­ng der konkreten Versammlun­g erlassen: wie Beschränku­ng der Durchfahrt­shöhe und des Gewichts mit Abstandsge­bot für Brücken, Untersagun­g des Laufenlass­ens der Kraftfahrz­eugmotoren während der stationäre­n Versammlun­g auf dem Hauptplatz oder die ausschließ­liche Verwendung der rechten Fahrspur. Grünen-Abgeordnet­e Gabriele Triebel: „Das Versammlun­gsrecht ist ein hohes Gut in unserer Demokratie. Öffentlich Unmut zu äußern, ist vollkommen legitim und auch wünschensw­ert. Aber je bedrohlich­er und im Ziel unverständ­licher die Demos sind, desto mehr stellt sich mir schon die Frage, ob hier der Abwägung zum Schutz der Anwohner nicht mehr Rechnung getragen werden müsste. Der Ball liegt beim Landratsam­t Landsberg, über den Versammlun­gsbescheid auch die Interessen der Landsberge­r Innenstadt­bewohner*innen entspreche­nd zu berücksich­tigen.“

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Foto: Thorsten Jordan Die Montagsdem­os in Landsberg beschäftig­en auch die Bayerische Staatsregi­erung.

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