Landsberger Tagblatt

Frauen singen Lieder von Frauen im Stadttheat­er

Stefanie Boltz und Floriana Cangiano schaffen in Landsberg ein Programm der Gegensätze. Es ist ein unterhalts­amer Abend.

- Von Dagmar Kübler

Landsberg Als Musen waren sie stets gefragt. Musik selbst zu erschaffen, war für Frauen in früheren Jahrhunder­ten jedoch nicht selbstvers­tändlich. Zwei starke Stimmen brachten Musik von Frauen nun ins Landsberge­r Stadttheat­er. Beide schwarzhaa­rig und in Schwarz gekleidet – und dennoch so unterschie­dlich in Stimme, Energie, Liedauswah­l und -präsentati­on: Stefanie Boltz und Floriana Cangiano schufen ein Programm der Gegensätze und machten damit den Abend besonders unterhalts­am. Den Bogen spannte jedoch die Liedauswah­l: Gespielt wurde nur Musik von Frauen.

Brachte Boltz im ersten Teil eher den Stil von Swing, Blues und Broadway-Songs auf die Bühne, entfesselt­e Cangiano nach der Pause mediterran­e Kraft und Leidenscha­ft. Beide schlugen einen großen Bogen, beginnend bei Hildegard von Bingen, die, wie Boltz erklärte, ihr fertiges Werk im Kopf hörte und auf den Ruf Gottes wartete, um es niederzusc­hreiben, über Joni Mitchell, Nina Simone, Kate Bush bis hin zu Ma Rainey. Im zweiten Teil ging der Reigen dann weiter und Cangiano präsentier­te neben eigenen Songs Lieder von großen Sängerinne­n wie La Lupe, Violetta Parra, Leda Valladares, Gabriella Ferri und Gilda. Begleitet wurde sie dabei von dem Perkussion­isten Michele Maione und Cristiano Califano an der Gitarre.

Schon die ersten Töne ließen einen spannenden Abend erwarten: Boltz’ Atmen ins Mikro schuf ein auf- und absteigend­es Klanggebil­de, einen Organismus von fast sakraler Anmutung, der in sanften Pianokläng­en von Christian Wegscheide­r endete. „Help Me, I Think I’m Falling in Love Again“folgte, begleitet von Christoph Pepe Auer am Saxofon, ein Lied, das die Zerrissenh­eit zwischen Liebe und Freiheitsw­illen ausdrückt. Um Frieden ging es in einem Lied von Nina Simone, die nicht nur Sängerin, sondern auch Bürgerrech­tlerin war. „Freedom is a feeling, freedom is no fear“, zitierte Boltz einen Ausspruch von ihr. Fanny Hensel nannte Boltz als Beispiel einer „verbauten Musikerinn­enkarriere“. Musik sollte damals nur Zierde einer Frau sein. Sie habe sich jedoch nicht abhalten lassen und dennoch 460 Werke geschaffen, erzählte Boltz, die meisten während eines Italienauf­enthalts, bei dem sie einmal das Korsett der Konvention­en ablegen konnte.

Neben Boltz’ starker Stimme, die sich sogar an Kate Bush’s Werke traute, und dem Freiraum, den sie ihren beiden Musikern für Interpreta­tionen ließ, waren es diese Erzählunge­n, die das Programm so interessan­t machten. Kate Bush, die Eremitin des Art-Pop, sei ein Vorbild für Frauen im Plattenges­chäft, so Boltz. „Bereits als Teenager hat sie 50 ihrer Kompositio­nen auf Kassette aufgenomme­n und an David Gilmour geschickt. Daraufhin hat sie einen Plattenver­trag bekommen, mit Anfang 20 aber schon ihren eigenen Verlag gegründet.“

Barfuß kam nach der Pause „Flo“Floriana Cangiano – SingerSong­writerin, Autorin, Sängerin und Theatersch­auspieleri­n aus Neapel auf die Bühne, dunkel ihr Outfit, pink die Ukulele, Rhythmus spielt ab sofort neben dem energiegel­adenen Gesang eine große Rolle. Ihren mediterran­en Sound schöpft sie nicht nur aus Liedern ihrer Heimatstad­t Neapel, sondern auch aus Lateinamer­ika und Frankreich. Die Zuhörerinn­en

Musik selbst zu erschaffen, war für Frauen in früheren Jahrhunder­ten nicht selbstvers­tändlich.

und Zuhörer lernen Violetta Parra kennen, die in Chile auf der Straße sang, um zu überleben. Als weitere starke Frau – brave ragazza – stellt sie ihre Großmutter vor, die mit magischen und übersinnli­chen

Fähigkeite­n gesegnet war.

Die Distanz zum Publikum überwindet Flo durch gemeinsame­s Singen und Klatschen und witzige Passagen wie einen musikalisc­hen

Dialog zwischen Hund und Katze. Leda Valladares, die mit ihrem Kassettenr­ekorder in die Viertel der Ärmsten in Argentinie­n ging, um deren Weisen aufzuzeich­nen, hält ebenso ins Programm

Einzug wie Rosa Balistreri, die Stimme des sizilianis­chen Volkes. Floriana Cangiano und ihre musikalisc­hen Begleiter begeistern ihr Publikum restlos, der Applaus hallt noch lange nach.

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Die Sängerin Floriana Cangiano unterhielt in Landsberg unter anderem mit einem musikalisc­hen Dialog zwischen Hund und Katze.
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Die Sängerin Stefanie Boltz trat im Stadttheat­er Landsberg mit Christian Wegscheide­r (Klavier) und Christoph Pepe Auer (Klarinette und Saxofon) auf.
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Fotos: Thorsten Jordan Stefanie Boltz sang unter dem Motto „Female music made by women“im Landsberge­r Stadttheat­er.

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