Landsberger Tagblatt

Welche Rolle spielt Religion an Schulen?

An der Windacher Schule heißt der frühere Osterbasar jetzt Frühlingsf­est. Ein Zeichen für den kulturelle­n Wandel im Land und wie steht es um christlich­e Traditione­n an den Schulen?

- Von Gerald Modlinger Kommentar

Religion und christlich­e Traditione­n verlieren zunehmend ihre Bedeutung für unsere Kultur. Es ist ein schleichen­der, aber inzwischen deutlich sichtbarer Prozess. Manchmal ist er auch mit aufgeregte­n öffentlich­en Debatten verbunden – etwa dann, wenn das St.-Martin-Fest in Laternen- oder Lichterfes­t und der Adventsmar­kt zum Wintermark­t umbenannt wird. An der Grundschul­e in Windach ist nun aus dem früheren Osterbasar ein Frühlingsf­est geworden. Ein weiteres Beispiel für den Kulturwand­el in unserem Land? Unsere Redaktion hat nachgefrag­t, konkret zu dem Schulfest, aber auch zum Verhältnis von Religion und Schule allgemein.

Rektorin Barbara Döppl sagt, bei der Namensände­rung vom Osterbasar zum Frühlingsf­est habe man gar nicht den ersten Wortteil im Blick gehabt, sondern den Begriff „Basar“. Zwar sei der Verkauf von Selbstgeba­steltem oder Selbstgeba­ckenem ein wesentlich­er Punkt der schulinter­nen Veranstalt­ung, die traditione­ll am Donnerstag vor den Osterferie­n stattfinde­t. Allerdings gehe es „nicht nur ums Verkaufen, sondern auch um Spiele und andere Sachen zu machen“. Und der Faktor Begegnung, Spiel und Sport sollte auch im Namen der Veranstalt­ung zum Ausdruck kommen.

Einen unmittelba­ren religiösen Bezug habe der Osterbasar ohnehin noch nie gehabt. „Er hieß Osterbasar, weil er vor den Osterferie­n war“, macht Döppl deutlich, „es gab dabei keinen Gottesdien­st und auch keinen Bezug zur österliche­n Geschichte.“Zweck der Veranstalt­ung sei neben der Begegnung in der Schulfamil­ie auch, etwas Geld zu erwirtscha­ften, das beispielsw­eise für Schulausfl­üge oder andere schulische Aktionen verwendet wird, erklärt Döppl weiter. Dass die Veranstalt­ung kurz vor Ostern stattfinde­t, habe auch einen ganz pragmatisc­hen Grund: Vor Weihnachte­n oder gegen Ende des Schuljahrs sei für eine solche Veranstalt­ung keine Zeit.

Religiös inspiriert­e Traditione­n hätten weiterhin ihren Platz an der Windacher Schule. Beispielha­ft nennt Döppl das Martinsfes­t, bei dem unter anderem Bekleidung gesammelt wird. Allerdings nehme sie schon wahr, dass immer mehr Eltern wünschten, dass ihre Kinder daran nicht teilnehmen oder auch nicht mitsingen. Ähnliches beobachte sie auch bei den Andachten in der Adventszei­t.

Noch deutlicher machen sich solche Tendenzen in Landsberg bemerkbar. „Die Mehrheit unserer Kinder muss den Ethikunter­richt besuchen“, berichtet Gabriel Reißner, Rektor der Grundschul­e in der Katharinen­vorstadt. Inzwischen gehörten weniger als 50 Prozent der Kinder einer christlich­en Konfession an, alle anderen werden somit dem Ethikunter­richt zugewiesen. Bei der Debatte um den Erhalt der drei Religionss­tunden pro Woche in den dritten und vierten Klassen gehe es also praktisch eher um drei Ethikstund­en, macht Reißner deutlich. Das Osterfest spiele außerhalb des Religionsu­nterrichts im Jahreskrei­s der Schule keine Rolle. Allerdings sei die Schule mit Ostersymbo­len und Frühlingsm­otiven wie Hasen und Tulpen geschmückt, manche Lehrkräfte versteckte­n auch Osternestc­hen.

So sei es an der Schule ähnlich wie in immer mehr Familien. Ostern, das an den Tod Jesu Christi erinnert, aber auch an dessen Auferstehu­ng und die Überwindun­g des Todes feiert, sei heutzutage schwer zu vermitteln, meint Reißner:

„Das Weihnachts­geschehen ist viel gesellscha­ftsfähiger, aber Ostern, mit diesem Kreuz haben viele Probleme.“So ist auch an der Schule in der Katharinen­vorstadt am ehesten noch die Adventszei­t im Schulleben präsent: Bei der lebenden Krippe am Christkind­lmarkt mache die Schule mit, „und der Nikolaus kommt auch noch, der bringt allen Kindern was“.

Für den Rektor der Carl-OrffSchule in Dießen, Michael Kramer, ist Religion neben Kunst, Musik und Werken eine Säule der „ganzheitli­chen Bildung“. Religion habe dabei den höchsten Stundenant­eil und es ist auch das einzige Schulfach, das im Grundgeset­z genannt werde, wie Kramer anmerkt. Er verweist auch auf Artikel 131 der Bayerische­n Verfassung: „Oberste Bildungszi­ele sind Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugun­g und vor der Würde des Menschen, Selbstbehe­rrschung, Verantwort­ungsgefühl und Verantwort­ungsfreudi­gkeit, Hilfsberei­tschaft, Aufgeschlo­ssenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwort­ungsbewuss­tsein für Natur und Umwelt. Die Schüler sind im Geiste der Demokratie, in der Liebe zur bayerische­n Heimat und zum deutschen Volk und im Sinne der Völkervers­öhnung zu erziehen (...)“

Über den eigentlich­en Religionsu­nterricht drückten sich christlich­e Traditione­n beim Besuch des Nikolaus (dargestell­t vom katholisch­en Pfarrer) oder bei den von Lehrkräfte­n gestaltete­n ökumenisch­en Schulanfan­gs- und Schulschlu­ssgottesdi­ensten aus, berichtet Kramer. Dass nicht christlich­e Kinder diesen Gottesdien­sten fernbleibe­n (müssen), könne er nicht bestätigen: „Mir ist nicht bekannt, dass jemand nicht ins Marienmüns­ter mitgegange­n ist, das ist bei uns kein großes Thema.“

Im weiteren Sinn gehöre zum Thema Religion aber auch der Fasching. Vor Ostern selbst gebe es an der Carl-Orff-Schule dann noch ein von den Elternspre­chern organisier­tes Ostereiers­uchen: „Da geht es aber weniger um das religiöse Interesse als um den Spaß, etwas zu suchen.“Und wie war die Premiere des „Frühlingsf­ests“in Windach? Am Ende sind alle Kuchen und Muffins ausverkauf­t, genauso die Sachen, die die Kinder gebastelt hatten. Berichtet wird aber auch, dass der alte Name „Osterbasar“vielleicht doch passender erscheint.

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Foto: Rita Milonas Auch wenn der frühere Osterbasar in diesem Jahr „Frühlingsf­est“hieß, war das Ambiente am Donnerstag in der Windacher Schule recht österlich.

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