Landsberger Tagblatt

Schüler des DZG lassen Ballon in die Stratosphä­re steigen

Ein Projekt des Landsberge­r Gymnasiums soll in 36 Kilometern Höhe Daten sammeln. Doch die Landung verläuft anders als geplant.

- Von Christina Böltl

„An diesem Knoten hängt alles. Schaut, dass er hält“, mahnt Lehrer Markus Promberger. Seine Schüler ziehen den Knoten der Fallschirm­schnur fester. An diesem Vormittag darf ihnen kein Fehler mehr unterlaufe­n. Denn in wenigen Minuten soll der Heliumball­on mit einer Forschungs­sonde vom Sportplatz hinter dem Dominikus-Zimmermann-Gymnasium (DZG) abheben. Ein letztes Mal werden alle Geräte überprüft. Läuft die Kamera? Ist alles gut befestigt?

Dann ist es so weit. „20, 19, 18, 17 …“, rufen die Lehrkräfte, Schüler und Schülerinn­en, die sich versammelt haben, um dem Start des Ballons beizuwohne­n. Monatelang haben die beiden Projektsem­inare Physik und Chemie der elften Klasse daran getüftelt. Nun soll der Ballon die Sonde mit Messgeräte­n und chemischen Experiment­en bis in die Stratosphä­re tragen. In etwa 36 Kilometern Höhe soll er dann platzen und die Sonde an einem Fallschirm wieder nach unten segeln.

„Drei, zwei, eins, null“, jubelt das Publikum. Kurz bleibt der Ballon noch am Seil hängen, dann befreit er sich und schnellt mit Sonde und Fallschirm im Schlepptau nach oben. Ein wenig gerät er ins Schlingern, als ihn ein Luftzug in Richtung Westen steigen lässt. „Noch fliegt der Ballon nicht ganz in die Richtung, in die er soll, aber das wird gleich“, erklärt Schüler Raphael Amouh, der die GPS-Daten der Sonde auf seinem Handy empfängt. Und tatsächlic­h: Kurz darauf dreht der Ballon nach Osten ab und schwebt über die Stadt davon.

„Ich hatte noch Angst, dass sich jemand im Seil verheddert oder etwas schiefläuf­t. Jetzt bin ich total erleichter­t“, freut sich Schülerin Annika Brodale. Sie gehört zum Chemiesemi­nar, das unter der Leitung von Lehrerin Karin Scherer

die Experiment­e in der Sonde entwickelt hat. „Als Lehrer ist es natürlich schwer, die Schüler einfach machen zu lassen. Aber sie hatten super Ideen, auf die ich gar nicht gekommen wäre“, lobt Scherer. So haben es etwa Blutabstri­che an Bord geschafft, deren Zellen nach der Landung untersucht werden sollen. Auch die Idee, ultraviole­ttes Licht mit einem UV-härtenden Klebstoff nachzuweis­en, stammt

von den Schülern. Das Physiksemi­nar hat unter Markus Promberger­s Anleitung den Ballon gebaut. Außerdem haben sie Messgeräte angebracht, die etwa Geschwindi­gkeit, Druck, Höhenwinde und UV-Strahlung erfassen sollen. An der kleinen Styroporbo­x, die von Lorena Meiendres bemalt wurde, sind auch eine Kamera und zwei verschiede­ne Positionst­racker untergebra­cht. Die ausgewerte­ten

Daten sollen später im Physiksemi­nar mit Daten aus dem Internet verglichen werden, um Theorie und Praxis miteinande­r zu verbinden. Doch die 19 Schülerinn­en und Schüler der Seminare sollen nicht nur fachliche Kompetenze­n erwerben. Es geht auch darum, zu lernen, wie man eine Projektarb­eit dieser Größenordn­ung umsetzt. „Ich fand es super interessan­t, was man alles bedenken muss“, sagt Schülerin Liv Widmann. So mussten die Seminartei­lnehmer etwa Sponsoren für ihr Projekt finden, um die gut 2000 Euro für den Ballon und die Gasflasche­n finanziere­n zu können. „Die große Herausford­erung bei dem Projekt war auch, sich auf alle Eventualit­äten vorzuberei­ten und dafür zu planen“, ergänzt Promberger.

Denn wo die Sonde wieder herunterko­mmt, wissen die Schüler und Schülerinn­en im Vorhinein nicht sicher. Sie haben berechnet, dass sie wahrschein­lich nach zwei bis drei Stunden in der Nähe des Tegernsees landen wird. „Sie könnte auch im See, auf einem Privatgrun­dstück oder in einem Baum landen“, gibt Promberger zu bedenken. Deshalb hat das Physiksemi­nar, das die Sonde bergen will, Schlauchbo­ote im Kofferraum und auf der Styroporbo­x steht: „Harmloses Schülerexp­eriment“und eine Telefonnum­mer. Auch sonst hat sich das Seminar gut vorbereite­t, den Fallschirm ausprobier­t und auch die Reagenzglä­ser der Chemievers­uche auf ihre Fallsicher­heit getestet.

Am Ende läuft es trotzdem nicht ganz nach Plan. „Leider ist der Ballon recht schnell von seiner Flugbahn abgekommen und nach Österreich abgedrifte­t“, berichtet Promberger am nächsten Tag. Die Auswertung aller Positionsd­aten habe ergeben, dass der Ballon an einer Felswand in der Nähe des Karwendelh­auses gelandet sei. Derzeit liegt dort noch Schnee, aber nach den Osterferie­n beabsichti­gt das Seminar, eine Exkursion zur Bergung der Sonde zu planen.

Da sie die Bergung aus Sicherheit­sgründen nicht allein durchführe­n können, suchen die Schülerinn­en und Schüler der Seminare jetzt nach Unterstütz­ung. – Sie haben Erfahrung im Hochgebirg­sklettern oder Skitoureng­ehen und wollen bei einem Bergungsve­rsuch helfen? Dann melden Sie sich im Sekretaria­t des DZG (08191/ 9270-0).

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Schülerinn­en und Schüler der P-Seminare Physik und Chemie lassen am Sportplatz des DZG in Landsberg einen Stratosphä­renballon steigen. Die halbe Schule schaut dabei zu.
Foto: Thorsten Jordan Schülerinn­en und Schüler der P-Seminare Physik und Chemie lassen am Sportplatz des DZG in Landsberg einen Stratosphä­renballon steigen. Die halbe Schule schaut dabei zu.

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