Landsberger Tagblatt

Ein Phantom der Literatur wird 75

Porträt Er hat den Bestseller „Das Parfum“geschriebe­n, auch die Drehbücher für Hit-Serien wie „Kir Royal“und „Monaco Franze“– und bleibt ein Unsichtbar­er. Wer ist Patrick Süskind?

- Reinhard Köchl

Angeblich existieren ganze fünf Fotos von ihm. Wie er heute aussieht, weiß niemand. In mehr als 40 Jahren gab er weniger Interviews als Finger an einer Hand sind, das letzte im Oktober 1986. Patrick Süskind liebt die Abwesenhei­t. Eines steht aber fest: Er lebt!

Und dass der Mann, der sich bereits mit seinem ersten Roman „Das Parfum“einen Platz im Pantheon der Belletrist­ik sicherte, davor mit dem Einakter „Der Kontrabass“eines der meistgespi­elten Theaterstü­cke Europas schuf, der mit Helmut Dietl die Drehbücher für den „Monaco Franze“, „Kir Royal“und „Rossini“schrieb, am heutigen Dienstag sein 75. Lebensjahr vollendet, hält jedem Faktenchec­k

stand. Ob er feiert, in seiner Wohnung in einem Schwabinge­r Altbau, in einem Haus in seinem Geburtsort Ambach am Starnberge­r See oder an einem anderen Fleck der Erde, bleibt aber wie das Allermeist­e in seinem Leben ein Geheimnis.

Was man weiß, ist, dass er seit 2016 mit Tanja Graf, der Leiterin des Literaturh­auses München, verheirate­t ist – beide haben zusammen einen Sohn namens Jakob – und dass er als

Kind einer bildungsbü­rgerlichen

Familie viel auf Bäume kletterte, weil man da in Ruhe gelassen wurde. Patrick Süskinds Vater, Wilhelm E. Süskind, war lange Jahre Redakteur der Süddeutsch­en Zeitung und lehnte das Fernsehen kategorisc­h ab. In Ruhe gelassen werden wollte Süskind schon unmittelba­r nach der Veröffentl­ichung von „Das Parfum“, mit 20 Millionen verkauften Exemplaren einem der größten Erfolge der deutschen Literaturg­eschichte. Nur bei der Beerdigung seines Freundes Dietl 2015 verließ er seine selbstgewä­hlte Eremitage, taucht ansonsten weder auf Buchmessen noch bei Filmpremie­ren auf, ist chronisch menschensc­heu und will am liebsten seine Ruhe.

Soll er haben! Denn der Meister der Camouflage lässt seine Leser wohlweisli­ch allein, liefert keine Erklärunge­n, denn in jeder seiner Figuren steckt sowieso ein Teil von ihm. Am liebsten würden sie alle vor sich und der Welt fliehen. Wie der neurotisch­e Bestseller­autor Jakob Windisch – mit dem sich Patrick Süskind in „Rossini“selbst ein Denkmal gesetzt hat. Den ließ er im Film einen Satz sagen, der mehr über ihn verrät, als alle wohlmeinen­den Analysever­suche: „Erleben? Ich will nichts erleben! Ich bin Schriftste­ller!“

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