So hilft ein Behördenbegleiter
Wolfgang Frei aus Penzing ist Behördenbegleiter. Unserer Redaktion erklärt er, was es mit diesem Ehrenamt auf sich hat. Im April beginnt ein neuer Lehrgang.
Formulare und Bürokratie sind den einen ein Graus – andere dagegen wie Wolfgang Frei haben keine Schwierigkeiten, sich im Behördendschungel zurechtzufinden. „Ich war 48 Jahre in einem Staatsbetrieb tätig und gehörte 24 Jahre lang dem Penzinger Gemeinderat an, da lernt man den deutschen Bürokratismus zur Genüge kennen“, sagt der 64-jährige Pensionär nicht ohne ein Schmunzeln. Sprich: Vordrucke bringen ihn nicht so leicht aus der Ruhe. Ganz im Gegenteil: Seine Erzählungen lassen erahnen, dass er es als Herausforderung sieht, sich in Neues hineinzufuchsen, um sich am Ende darüber zu freuen, dass es trotz aller Schwierigkeiten geklappt hat, etwa die entsprechenden Leistungen bei einer Behörde zu erhalten.
Genau dieses Können von Frei und sieben weiteren Behördenbegleitern, die momentan ehrenamtlich tätig sind, kommt vielen Menschen zugute, die mit Formularen auf Kriegsfuß stehen. Um ihnen helfen zu können, haben die Behördenbegleiter eine insgesamt achtstündige Ausbildung an drei Tagen absolviert. Das für die Teilnehmer kostenlose Projekt, das durch die Zukunftsstiftung Ehrenamt finanziell gefördert wird, startete erstmals im Oktober 2022.
Nun findet es erneut statt, denn die Nachfrage nach Behördenbegleitern ist weiter gewachsen, wie Brigitte Schlecht von der Koordinationsstelle Engagierte Bürger (keb) am Landratsamt Landsberg sagt. „Wer zeitlich flexibel und mobil ist und Menschen bei Formularen und Anträgen unterstützen will, kann teilnehmen“, so Schlecht. Vorteil ist: Die Entscheidung, tatsächlich als ehrenamtlicher Behördenbegleiter zu fungieren, kann anschließend getroffen werden. Die Anmeldung läuft noch bis zum 8. April. Die drei Module finden dann am 11., 16. und 25. April statt, und zwar in den Räumen des Landratsamts und der Caritas in Landsberg.
In der Regel werden die Personen, die Unterstützung benötigen, von den entsprechenden Stellen wie Caritas, Diakonie, Pflegestützpunkt oder Jobcenter der keb gemeldet, die die Koordination der
Einsätze der Behördenbegleiter übernimmt, fachlich begleitet und Ehrenamtstreffen organisiert. Diese seien zum Erfahrungsaustausch wichtig, sagt Frei: „Jeder Fall ist anders, es kommt immer auf die Umstände an.“Man dürfe als Ehrenamtlicher keine Scheu davor haben, auch einmal Fehler zu machen. „Man wächst mit seinen Aufgaben“bestätigt Frei.
Die Personen, die von einem Behördenbegleiter unterstützt werden, haben vielfältige Probleme, die die Interaktion mit Behörden erschweren. Zum einen sind dies, vorwiegend bei Migranten und Migrantinnen, Sprachprobleme, aber
auch Probleme mit Fachbegriffen. Viele Menschen kennen ihre Rechte aber auch gar nicht und wissen nicht, wie behördliche Verfahren ablaufen. „Wir helfen ihnen, ihre Interessen durchzusetzen“, sagt Frei.
Auch ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung profitieren von der Unterstützung – und Menschen, die mit juristisch komplizierten und oft langwierigen Verfahren überfordert sind. Ziel der Behördenbegleiter ist eigentlich, eine Hilfestellung zu geben. In der Realität sieht es aber so aus, dass sie das Ausfüllen der Formulare doch oft selbst übernehmen müssen, gerade, wenn Leseund Schreibprobleme vorliegen. Nicht selten ist es notwendig, im Vorfeld nähere Informationen bei den entsprechenden Behörden einzuholen – was aufgrund des Datenschutzes oft gar nicht so einfach ist.
Seit über einem Jahr ist Wolfgang Frei nun schon im Einsatz und hat seitdem viele prekäre Lebensverhältnisse kennengelernt, durch Jobverlust, plötzliche schwere Krankheit oder Pflegebedürftigkeit beispielsweise. Gerade diesen Menschen Gehör zu verschaffen und ihnen bei der Wahrung ihrer Rechte zu helfen, empfindet er als besonders bereichernd.
Und nicht zuletzt lernt selbst er als Profi noch etwas dazu, wie er schmunzelnd erzählt. „Nur ein kleiner Teil der Menschen, die Hilfe benötigen, meldet sich bei uns, viele scheuen sich davor“, ist sich Brigitte Schlecht sicher.
Der Bedarf an Behördenbegleitern ist also groß – deshalb hofft Schlecht auf zahlreiche Kursanmeldungen unter Telefon 08191/129-1552 oder 08191/96997-13 oder per E-Mail unter ehrenamt@LRA-LL.Bayern.de