Geniale Schöpfungen aus Stahl und Aluminium
„Faltungen, Spannungen, Biegungen“lautet das Motto einer Ausstellung in Stoffen. Zu sehen sind Werke von Ben Muthofer und Gert Riel.
„Die Objekte der beiden Künstler sind nicht denkbar, ohne Schöpfer – ohne Betrachter“, erläuterte Kunsthistorikerin Birgit Kremer in ihrer bemerkenswerten Einführung in eine Ausstellung internationalen Formats. Betrachter, darunter einige Künstlerkollegen, die zum Teil von weit angereist waren, durften die Galeristen Monica und Otto Scherer zuhauf begrüßen, ebenso einen der Schöpfer, Gert Riel, dessen eindrucksvolle Biegungen Kraft und Ruhe zugleich ausstrahlen. Der Zweite, Ben Muthofer, eine Koryphäe auf dem Gebiet der Faltungen, ist vor vier Jahren, 83-jährig, verstorben. Ihn vertrat Galeristin Mariette Haas aus Ingolstadt, die 14 Jahre mit ihm zusammenarbeitete und seine spannenden Werke in den Kunstraum Stoffen vermittelte.
Haas freute sich über die gelungene Präsentation, für die Otto Scherer, selbst ein bekannter Bildhauer, einen einfühlsamen Blick habe. Die „60°-Faltungen“von Ben Muthofer setzte er in einem kleinen Raum als brillante Gesamtinstallation ins richtige, dafür konzipierte Licht. Die räumliche Trennung der Werke beider Künstler ermöglicht es, sich in Ruhe auf die individuellen Perspektiven einzulassen. „In ihrer Verbindung zur Konkreten Kunst, ihrem Streben nach Harmonie und Ordnung“, machte Birgit Kremer Gemeinsamkeiten der beiden Künstler sichtbar, „deren Arbeiten ohne Licht nicht wahrnehmbar sind“.
Der vielfach mit Preisen ausgezeichnete, 1937 in Oppeln, Polen, geborene Ben Muthofer, der unter anderem Lehrtätigkeiten in den USA und in Island hatte, erhielt 2000 den Bayerischen Staatspreis „Rhythmus in der konkreten Kunst“. Die Arbeiten Muthofers, der seinen Lebensmittelpunkt in Ingolstadt hatte, beschrieb Birgit Kremer „als Entdeckungen kaleidoskopischer Emotionen und seine Faltungen der Origamikunst gleich“. Ihre Recherchen ergaben, dass Muthofer in den USA damit in
Berührung gekommen war und er alle seine Metallarbeiten vorher in Papier gefaltet hatte.
Obwohl Muthofer mit Stahl arbeitete, wirken seine Werke leicht und filigran. Seinen weiß beschichteten vertikalen Plastiken stellte er horizontal ausgerichtete in Schwarz gefasste Objekte entgegen. Das spektakuläre Zusammenspiel von Licht und Farbe bei den „Wandreliefs“fasziniert ebenso, wie die in den Raum ragende „Lichtstele“aus mit Pulver beschichtetem Stahl, deren kalter LED-Lichteinfall sich je nach Standpunkt verändert.
Der 1941 in Prien am Chiemsee geborene Gert Riel unterrichtete Bildhauerei an der Akademie Stuttgart und erhielt bereits 1989 den Erich-Heckel-Preis. „Seine mit Geduld und Ausdauer entstandenen Arbeiten aus dem Zyklus ‚Veränderungen‘
in Alu und Lack, haben immer einen Gegenpart, im Gegensatz zu den ‚Raumzeichen‘, die keinen Gegenspieler haben“, informierte Birgit Kremer. In seinen
sich von der Wand ablösenden Aluminium-Biegungen steckt Genialität, anmutige Kraft, Eleganz und Schönheit. Sie verändern sich mit dem Raum durch Lichteinfall
und Spiegelungen, wie die sich von gefühlt flatternden, lachsfarbenen Bändern durchzogenen, je nach Standpunkt immer wieder neu erfindenden „Raumzeichen in
Gelb“. Die zweiteilige „Große Wolke“, ein schwebendes, wie hingehauchtes, schwerelos treibendes Objekt, ist ein Spiel mit Fläche, Farbe und Raum, nach dessen spezieller Hängung sich Mariette Haas, die Galeristin aus Ingolstadt, eingehend beim Künstler erkundigte. „Mittlerweile gibt es eine ganze Gruppe von Wolken“, erzählt dieser. Angefangen habe er mit „Kleine Wolke liegend“. Zu der auf einem Sockel kunstvoll drapierten Arbeit passt das von Birgit Kremer bei ihrer Einführung vorgetragene Zitat des berühmten französischen Bildhauers Auguste Rodin: „Skulptur ist die Kunst, die Formen im Spiel von Licht und Schatten darzustellen“.
Bis 28. April kann die Ausstellung samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr im Kunstraum Stoffen, Stadler Straße 2, besucht werden.