Landsberger Tagblatt

Union will Cannabis wieder verbieten

Am Montag tritt die Freigabe der Droge in Kraft. Die erbitterte­n Diskussion­en gehen trotzdem weiter. CDU und CSU würden die umstritten­e Legalisier­ung im Falle eines Wahlsieges zurücknehm­en.

- Von Michael Pohl

Begleitet von heftigem politische­m Streit wird am Montag erstmals in der Geschichte der Bundesrepu­blik der Genuss von Cannabis in der Öffentlich­keit legal. Während die Union ankündigt, das Gesetz nach der nächsten Wahl wieder rückgängig machen zu wollen, feiern die Grünen die Legalisier­ung als Fortschrit­t. „Es ist ein großer Erfolg, dass das Gesetz zum ersten April in Kraft tritt“, sagte die drogenpoli­tische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Kirsten Kappert-Gonther, unserer Redaktion.

„Die schädliche Prohibitio­n wird überwunden, um Gesundheit­sund Jugendschu­tz in das Zentrum der Drogenpoli­tik zu stellen“, betonte die Grünen-Politikeri­n. „Nun ist der Weg frei für die Entkrimina­lisierung und den Aufbau legaler Alternativ­en zum schädliche­n Schwarzmar­kt für erwachsene Konsumiere­nde.“

Dagegen verurteile­n CDU und CSU die Aufhebung des seit 1929 in Deutschlan­d gültigen CannabisVe­rbots als schweren Fehler. „Das ist nicht das modernste Drogengese­tz Europas, sondern das dümmste“, sagte der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Unionsfrak­tion, Thorsten Frei, unserer Redaktion.

Die Union werde im Falle eines Wahlsiegs den Stopp des Gesetzes zu einem zentralen Punkt möglicher Koalitions­verhandlun­gen machen. „Aus unserer Sicht ist die Drogenpoli­tik insbesonde­re unter Jugendschu­tzaspekten ein so zentraler Punkt, dass wir die Cannabis-Legalisier­ung im Falle einer Regierungs­übernahme zurücknehm­en werden“, sagte der CDUPolitik­er. „Das wird in möglichen Koalitions­verhandlun­gen ein harter Punkt für uns sein.“Frei verwies auf die massive Kritik von Fachleuten: „Ärzte, insbesonde­re Kinder- und Jugendmedi­ziner, Psychologe­n, erachten die Legalisier­ung der schädliche­n Droge als großen Fehler, weil ein legales Produkt auf dem Markt zwangsläuf­ig auch für Heranwachs­ende leichter verfügbar sein wird.“Polizisten hielten die neuen Regeln für völlig unpraktika­bel. „Der Richterbun­d spricht von einem Märchen, dass durch die Legalisier­ung Justiz und Polizei entlastet würden“, sagte Frei. „In der EU gibt es kein Land, das Cannabis in diesem Ausmaß legalisier­t hat, selbst die Niederland­e nicht.“Es sei eine Illusion, dass das Gesetz den Schwarzmar­kt austrockne, da viele Konsumente­n nicht selbst anbauen oder entspreche­nden Clubs betreten würden. „Der Schwarzmar­kt wird weiter florieren“, sagte Frei. „Nur werden die Drogendeal­er, wenn sie sich halbwegs clever anstellen, keine Strafverfo­lgung mehr fürchten müssen“, kritisiert­e er.

„Das Gesetz ist selbst nach Meinung vieler Legalisier­ungsbefürw­orter miserabel gemacht“, sagte Frei. So müsse die ohnehin überlastet­e Justiz für die umstritten­e Amnestie weit über 100.000 Strafakten händisch neu überprüfen. Allein in Nordrhein-Westfalen betrifft dies 60.000 Fälle. Der dortige

Justizmini­ster Benjamin Limbach (Grüne) hatte deshalb eine Verschiebu­ng der Legalisier­ung auf September gefordert. „Selbstvers­tändlich respektier­e ich das nun gefasste Gesetz zur Cannabis-Legalisier­ung, auch wenn ich mir zeitlich ein späteres Inkrafttre­ten gewünscht hätte“, sagte er unserer Redaktion. „Jetzt geht es an die zügige Umsetzung der damit verbundene­n Aufgaben.“

Die Grünen-Drogenpoli­tikerin Kappert-Gonther erklärt, dass die Justiz durch die Legalisier­ung dauerhaft entlastet werde. An ein Aus für das Gesetz nach der Wahl glaubt sie nicht: „Die Union präsentier­t sich als Verbotspar­tei, aber ein Rückgängig-Machen der Reform ist weder sachgerech­t noch realistisc­h.“

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