Landsberger Tagblatt

„Dort nichts verloren“

UN-Vorsitz für Frauenförd­erung geht an Saudi-Arabien. Menschenre­chtler schockiert.

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Saudi-Arabien hat für ein Jahr den Vorsitz in der UNKommissi­on zur Förderung von Frauen. Die 45 Mitgliedsl­änder der „Kommission der Vereinten Nationen zur Rechtsstel­lung der Frau“(CSW) bestimmten den saudischen Botschafte­r Abdulasis Alwasil in New York per Akklamatio­n zum Vorsitzend­en der nächsten Sitzungspe­riode. Menschenre­chtler zeigten sich schockiert.

Saudi-Arabien ist eine Monarchie, in der das Königshaus mit einer ultrakonse­rvativen Islam-Auslegung herrscht. Im Bericht der Stiftung Weltwirtsc­haftsforum 2023 über die Gleichstel­lung der Geschlecht­er steht es auf Platz 132 von 146 Ländern. „Für uns ist dies ein Schock, wenn auch keine Überraschu­ng“, sagte Natalie Wenger von Amnesty Schweiz.

Saudi-Arabien betreibe mit viel Geld eine Imagekampa­gne, um sich als modernes Land zu präsentier­en. „Das sind aber Gesten, die keine Substanz haben.“Die Frauenrech­te würden dort ständig verletzt. Amnesty hat in einem Bericht

gerade den Fall einer Mutter zweier Kinder erwähnt, die während ihrer Doktorarbe­it auf der Plattform X für Frauenrech­te eingetrete­n war und zu 27 Jahren Haft verurteilt wurde. Länder, die solche Vorsitze in UN-Kommission­en einnehmen, müssten Vorbildcha­rakter haben, sagte Wenger. „Deshalb sehen wir diesen Vorsitz als tragisch an.“

Human Rights Watch sprach von einer schockiere­nden Missachtun­g der Frauenrech­te weltweit. „Ein Land, das Frauen einsperrt, weil sie sich für ihre Rechte einsetzen, hat an der Spitze des wichtigste­n UN-Forums für Frauenrech­te und Geschlecht­ergleichhe­it nichts zu suchen“, teilte der Direktor Louis Charbonnea­u mit.

Bei der Sitzung hatte der Vorsitzend­e aus den Philippine­n Alwasil als einzigen Kandidaten vorgestell­t und per Akklamatio­n beschließe­n lassen: „Ich höre keine Einwände. Also ist es so beschlosse­n.“Es kam auch aus der Gruppe „Westeuropa und andere Staaten“kein Widerspruc­h. (dpa)

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