Landsberger Tagblatt

Die Post fliegt nicht mehr

Briefe wurden in Deutschlan­d bis zuletzt auch per Flugzeug befördert. Damit ist nun Schluss: Künftig werden Inlandssen­dungen nur noch über den Landweg transporti­ert – mit Folgen für die Empfänger.

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Nach mehr als 62 Jahren hat die Deutsche Post ihre Briefbeför­derung per Flugzeug im Inland eingestell­t. In der Nacht zu Donnerstag hob die letzte Maschine um kurz nach Mitternach­t in Berlin ab und flog nach Stuttgart. Kurz zuvor waren in Hannover, München und Stuttgart andere Flieger gestartet. Insgesamt etwa 1,5 Millionen Briefsendu­ngen mit einem Gewicht von 53 Tonnen waren an Bord der sechs Maschinen. Das entspricht circa drei Prozent der Briefmenge, die in Deutschlan­d zuletzt täglich von der Post transporti­ert wurde.

Die Post verzichtet künftig auf die Brief-Transportf­lugzeuge, um Kosten zu senken und eine bessere Klimabilan­z zu haben. Auf dem Landweg sinkt der CO2-Ausstoß pro Brief Firmenanga­ben zufolge um gut 80 Prozent. „Wir beenden die Ära der Brief-Nachtflüge mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagte der zuständige Post-Manager Marc Hitschfeld. „Auf der einen Seite ist der Brieftrans­port per Flugzeug innerhalb Deutschlan­ds in Zeiten des Klimawande­ls nicht mehr zu rechtferti­gen, auch weil es bei Briefen nicht mehr diese Eilbedürft­igkeit wie noch vor Jahrzehnte­n gibt.“Insofern sei das Ende der deutschen Luftpost eine gute Nachricht für die Umwelt, sagt Hitschfeld. Anderersei­ts sei damit eben auch ein Stück Postgeschi­chte zu Ende gegangen.

Das sogenannte Nachtluftp­ostnetz war am 1. September 1961 offiziell in Betrieb genommen worden, nachdem der damalige Postminist­er Richard Stücklen (CDU) einen Vertrag mit der Lufthansa unterzeich­net hatte. Das sollte die Briefbeför­derung auf den Langdistan­zen wesentlich beschleuni­gen. Mit den Jahren wurde der Lufttransp­ort ausgebaut. 1996 waren 26 Flugzeuge unterwegs, die 45

Destinatio­nen ansteuerte­n – damals diente Frankfurt noch als Drehkreuz. In fünf Nächten pro Woche wurden Briefe mit einem Gewicht von durchschni­ttlich jeweils 430 Tonnen befördert. Danach sank die Nachfrage nach Briefen angesichts der Digitalisi­erung und veränderte­n Kommunikat­ionsgewohn­heiten der Menschen deutlich. Folglich wurde auch die Zahl der Flüge schrittwei­se

reduziert. Die Lufthansa stieg 2008 aus dem Geschäft aus, zuletzt waren nur noch vier Flugzeuge von Tui fly und zwei von Eurowings unterwegs.

Es waren normale Passagierf­lugzeuge, die für den Brieftrans­port mit gelben Post-Kisten gefüllt wurden. Die Behälter kamen in den Bauch der Maschine, auf die Sitze sowie in den Handgepäck-Stauraum. Es wurden allerdings nur

Briefsendu­ngen geladen und keine Pakete. Noch ist die Post gesetzlich verpflicht­et, 80 Prozent der eingeworfe­nen Briefe am nächsten Werktag beim Empfänger abzugeben. Wegen dieses Zeitdrucks setzte sie auch nach der Jahrtausen­dwende weiterhin auf die FlugzeugBe­förderung, obwohl viele Menschen zur schnellen schriftlic­hen Kommunikat­ion längst auf E-Mails, Handy-Nachrichte­n und Chats zurückgrif­fen statt auf Briefe. Derzeit wird das veraltete Postgesetz umfassend reformiert. Die Novelle ist zwar noch nicht verabschie­det, es ist aber politische­r Konsens, den Zeitdruck auf die Post abzuschwäc­hen. Daher benötigt die Firma die Flüge nicht mehr und zieht schon jetzt einen Schlussstr­ich.

Manche Empfänger dürften die Folgen des Nachtflug-Endes bemerken: Wer Briefe erwartet, die in weit entfernten Regionen Deutschlan­ds aufgegeben wurden, könnte etwas mehr Geduld brauchen. Denn die durchschni­ttliche Beförderun­gszeit der Briefe wird sich durch das Ende der Transportf­lüge etwas verlängern – wie sehr, sagt die Post nicht. Ganz ohne Flugzeuge kommt die Post aber auch künftig nicht aus in ihrem Briefgesch­äft: Bei Schreiben ins Ausland setzt das Unternehme­n weiterhin teilweise auf Luftpost. Diese geringen Mengen werden als Beiladung im Bauch von regulären Passagierm­aschinen befördert. (dpa)

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Foto: Soeren Stache, dpa 62 Jahre lang nutzte die Deutsche Post auch Flugzeuge – zuletzt normale Passagierf­lugzeuge, um Briefe innerhalb Deutschlan­ds zu transporti­eren.

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