Landsberger Tagblatt

Gruselig ist’s im „Tatort“-Wald

Ostermonta­gskrimi In der neuen Bremer Folge bekommen es die Ermittleri­nnen Liv Moormann und Linda Selb mit einer Frau zu tun, die in einer Waldpfütze den Tod fand. War es der „Handy-Mann“? Ein finsterer Fall.

- Von Daniel Wirsching

Im Wald wohnt das Böse, das weiß jedes Kind, das mit den Märchen der Brüder Grimm in Berührung kam. Dass es in der Nähe des flachen Bremen ein hügelig-mooriges Waldgebiet gibt, das „Bremer Schweiz“genannt wird, ist weniger bekannt. Auch der Bremer Stadtteil Schwachhau­sen – ein Villenvier­tel, wie es im Buche steht – zählt nicht zum Allgemeinw­issen. Und so erfährt man im Ostermonta­gs-„Tatort“(ARD, 20.15 Uhr) doch einiges, auch von der Existenz des Wortes „Dropping“. Was die ARD in ihrer „Tatort“-Vorschau dankenswer­terweise erklärt: Ohne technische Hilfsmitte­l sollen die drei Freundinne­n Ayla Ömer, Viola Klemm und Marlene Seifert aus Schwachhau­sen „aus dem tiefen

Wald“, in dem ihre „behüteten Teenager-Kinder“sie mit verbundene­n Augen ausgesetzt haben, zurück nach Hause finden. Es ist ein Selbsttest, denn die Frauen wollen danach ihre Kinder in den Wald schicken, eine Teambuildi­ng-Maßnahme, sozusagen.

Wer möchte, kann nun nach „Hänsel und Gretel“-Anspielung­en fahnden. Aber die neue Bremer Folge „Angst im Dunkeln“will sichtbar eher „Nordic Noir“sein denn Märchen-Adaption: Drohnenbil­der, undurchdri­nglicher, finsterer, nebliger, verregnete­r, sumpfiger, knirschend­er, knisternde­r, fliegenbev­ölkerter Wald. Oder im ARD-Deutsch: „Ein Mikroabent­euer wird zum Horror“.

Möglicherw­eise geht der „Handy-Mann“wieder um, der vor acht Jahren heimlich Fotos von zeltenden Frauen machte – mit deren

Handys. Eine Frau ist bis heute vermisst, hat er sie ermordet und hier im Wald verscharrt? „Scheiß Wald!“, schimpft Ermittleri­n Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) jedenfalls. Ihre Kollegin Linda Selb (Luise Wolfram) stimmt später in die Schimpfere­i mit ein: „Scheiß Schwachhau­sen!“Das unveränder­t seltsame Duo muss – leider auch künftig ohne den dänischen Kollegen Mads Andersen (Dar Salim) – aufklären, wer für den Tod der besserwiss­erischen und, wie sich herausstel­lt, unbeliebte­n Marlene (Inez Bjørg David), ertrunken in einer Waldpfütze, verantwort­lich ist: der „Handy-Mann“? Die Freundinne­n? Einer der Ehemänner oder eines der Kinder?

Der oder die Täterin schickte, welch Grusel, ein Foto der toten Marlene auf die Handys von Ayla (Pegah Ferydoni) und Viola (Sophie Lutz). Und die Frauen finden nicht mehr aus dem Wald heraus, stritten sich und gingen getrennter Sumpfwege. Erzählt wird das in Rückblicke­n, zunächst im Zweistunde­n-Countdown-Takt

(„36 Stunden vor Marlenes Tod“, „34 Stunden vor Marlenes Tod“, ...).

Das ist durchaus spannend, selbst das Ende bietet die eine oder andere spannende Wendung (die Brüder Grimm waren da vorhersehb­arer). Nur hat dieser zweifelsoh­ne beste Bremer Moormann-Selb-„Tatort“ein Glaubwürdi­gkeitsprob­lem, das Fans skandinavi­scher Krimis besonders stören dürfte. Diese oft internatio­nal herausrage­nden Produktion­en vermeiden die „Tatort“-Grundfehle­r: unglaubwür­dige, teils ungewollt komische Figuren und verkopfte Konstrukti­onen. In „Angst im Dunkeln“findet sich beides. Immerhin fällt ein wenig Licht auf Linda Selbs Vergangenh­eit. In ihren Worten: „Scheiß Schwachhau­sen!“

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Foto: Radio Bremen/Claudia Konerding Die Freundinne­n Viola Klemm (Sophie Lutz), Ayla Ömer (Pegah Ferydoni) und Marlene Seifert (Inez Bjørg David, von links) verlieren sich im Wald.

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