Landsberger Tagblatt

Mal wieder ein Wunder?

Die Dortmunder haben in München so gut wie nie eine Chance. Auch diesmal stehen die Zeichen nicht auf Sieg. Allerdings: Ein bisschen was hat sich im Vergleich zu den Vorjahren schon geändert.

- Von Tilmann Mehl

Für Thomas Tuchel gibt es „keine Unterschie­de“. Dabei kommt es diesmal tatsächlic­h zu einer Begegnung, die es so 17 Jahre lang nicht mehr gegeben hat. Am 26. Januar 2007 trafen Borussia Dortmund und der FC Bayern letztmals in der Bundesliga aufeinande­r, ohne dass eine der beiden Mannschaft­en ins Meistersch­aftsrennen involviert gewesen wäre. Während die Dortmunder in der Saison unter Trainer Jürgen Röber früh abgeschlag­en waren, durfte die Magath-Elf zumindest noch bis zu jenem Januartag hoffen, hatte nach dem Spieltag allerdings sechs Punkte Rückstand auf die Spitze. Für den BVB lief das Mittelfeld­Quartett Tinga, Pienaar, Kruska, Kringe auf – es wurde Wert auf Arbeit gelegt. Für die Bayern spielte unter anderem Ali Karimi – andere Zeiten.

Tuchel aber nun will keine Unterschie­de ausgemacht haben zu den üblichen Duellen mit Dortmund.

Wenn die beiden Mannschaft­en am Samstag in der Allianz-Arena aufeinande­rtreffen (18.30 Uhr, Sky), wird es allerdings nicht um die Meistersch­aft gehen. Sollten die Leverkusen­er ihr Duell am Samstag gegen Hoffenheim gewinnen, hätten die Münchner beim Anpfiff 13 Zähler Rückstand und für die Dortmunder geht es nur darum, irgendwie die Qualifikat­ion für die Champions League zu sichern. Spätestens bei der „Einfahrt ins Stadion“sei aber alles wie immer, glaubt Tuchel.

Das würde bedeuten, dass zwei Teams aufeinande­rtreffen, die in ihrem Selbstvers­tändnis an der Spitze der fußballdeu­tschen Nahrungske­tte stehen. Die Leistungen der beiden Mannschaft­en geben diese Einstellun­g aber nur bedingt her. Während sich die Münchner zuletzt gefangen zu haben schienen, wanken die Dortmunder immer noch schwer mit sich selbst kämpfend durch die Liga. Beide Teams eint, dass sie nur in homöopathi­schen Dosen vom Aufschwung der deutschen Nationalma­nnschaft

profitiere­n dürften. Stellten sie vor gar nicht allzu langer Zeit noch ein Gros der Spieler, waren die Bayern diesmal nur durch Jamal Musiala, Joshua Kimmich und Thomas Müller vertreten. Von den Dortmunder­n war in Niclas Füllkrug gar nur ein Spieler eingeladen. Auch das zeigt eine Verschiebu­ng der tektonisch­en Platten im deutschen Fußball. Ob es sich dabei um eine kurzfristi­ge Tendenz handelt oder der Ausgangspu­nkt neuer hegemonial­er Machtverhä­ltnisse, ist noch völlig offen.

Die Münchner hätten mit Aleksandar Pavlovic und Manuel Neuer ja immerhin noch zwei weitere Spieler zur Nationalma­nnschaft entsenden dürfen, doch der Mittelfeld­spieler reiste wegen einer Mandelentz­ündung gar nicht erst an und der Torwart aufgrund eines Muskelfase­rrisses schnell wieder ab. Beide werden auch gegen Dortmund ausfallen. Daneben fehlen noch die angeschlag­enen Raphaël Guerreiro und Sacha Boey. In Anbetracht vorheriger Verletzung­ssorgen

liest sich das für die Münchner noch recht harmlos. Die Dortmunder müssen auf den verletzten Ramy Bensebaini verzichten, Torwart Gregor Kobel leidet noch unter den Nachwirkun­gen einer Magen-Darm-Erkrankung und wird wohl nicht spielen können. Der ehemalige Münchner Marcel Sabitzer fehlt gesperrt.

Der FC Bayern kann sich mit einem Sieg gegen die Dortmunder vergewisse­rn, dass tatsächlic­h alles so wie immer ist. Letztmals gewannen die Dortmunder 2014 in München. Ins Hinspiel dieser Saison ging der BVB – wie beinahe immer – mit dem festen Willen in die Partie, diesmal aber wirklich der bajuwarisc­hen Wucht mutig entgegenzu­treten – und verlor mit 0:4. Die Münchner würden immer ihr „bestes Gesicht“zeigen, wenn sie auf den BVB treffen, so Trainer Edin Terzic. Darum sei es besonders wichtig, mutig aufzutrete­n und auch dann fleißig zu bleiben, wenn der Mut mal nicht belohnt wird. „Wir wissen aber auch, dass wir eine hohe Effektivit­ät brauchen und eine hohe Widerstand­sfähigkeit mitbringen müssen“, so der Trainer. Hat man so oder so ähnlich möglicherw­eise schon das ein oder andere Mal vor dem Duell der beiden Teams gehört. Grundlegen­de rhetorisch­e Neuerungen waren nun aber auch wirklich nicht zu erwarten. Es reicht ja schon, dass es dieses Jahr höchstwahr­scheinlich einen neuen Meister geben wird. Dass die deutsche Nationalma­nnschaft plötzlich wieder ansehnlich­en Fußball spielt. Jetzt noch ein Sieg der Dortmunder in München wäre schon ein wenig arg.

Die Bayern hätten ihren gerade aufgenomme­nen Schwung dann wieder verloren. Dortmund würde dagegen mit Elan in die letzten Saisonwoch­en starten. Unwahrsche­inlich ist das selbstvers­tändlich schon. Allerdings schafften es die Dortmunder dereinst auch, mit dem Zauber-Mittelfeld Tinga, Pienaar, Kruska, Kringe 3:2 gegen die Bayern zu gewinnen. Wunder gibt es immer wieder. Dieses liegt schon 17 Jahre zurück.

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Foto: Tom Weller, dpa Edin Terzic hofft auf einen Dortmunder Erfolg in München.

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