Landsberger Tagblatt

Irmgard und Helmwart Hierdeis haben vor 60 Jahren geheiratet

Diamantene Hochzeit feiern in diesen Tagen Irmgard und Helmwart Hierdeis aus Dießen. Kennengele­rnt haben sich die beiden schon sieben Jahre vor ihrer Eheschließ­ung.

- Von Sarah Schöniger

In einem hellblau gestrichen­en Wohnzimmer mit einer großen Bücherwand empfangen Irmgard und Helmwart Hierdeis Dießens Bürgermeis­terin Sandra Perzul. Auf einem dunkelbrau­nen Esstisch stehen Häppchen und eine Flasche Sekt. Die Bürgermeis­terin übergibt dem Paar einen weißen Keramiktel­ler und einen Brief. Anlass für das Zusammentr­effen ist das Hochzeitsj­ubiläum des Paars.

Denn Irmgard und Helmwart Hierdeis sind seit 60 Jahren verheirate­t. Kennengele­rnt haben sich die beiden schon 1956. Als die damals 16-Jährige mit ihrer Familie nach Augsburg zog, besuchte sie dasselbe Gymnasium wie ihr Zukünftige­r. Sie sei sofort aufgefalle­n, erzählt der 87-Jährige. Nicht nur wegen ihrer Haare, einer auffallend voluminöse­n Mähne: „Sie war auffällig, weil sie eins von fünf Mädchen war. Unter 900 Knaben.“Aber auch Helmwart Hierdeis, der zwei Jahrgangss­tufen über ihr war, zog schnell ihre Aufmerksam­keit auf sich. „Er hat wunderschö­n gesungen“, erinnert sich die heute 85-Jährige. Sie selbst habe Cello gespielt und ihr Mann habe ihr immer das Cello getragen. „Die Musik hat uns zusammenge­führt“, ergänzt sie. Die Beziehung habe sich langsam entwickelt. „Wir waren sehr vorsichtig in der Annäherung“, beschreibt es ihr Mann. Als sie dann im Jahr 1964 heirateten, waren sie 25 und 27 Jahre alt. Doch auch wenn die Beziehung, wie man nach 60 Jahren Ehe annehmen kann, eine gute Wahl war, waren zu Beginn nicht alle davon überzeugt, erinnert sich Helmwart Hierdeis. Hätte das Paar ihre Eltern gefragt, wären in Familie seiner Frau der Satz gefallen „Der verdient doch nichts!“. Und in seinem Elternhaus sei vor allem der selbstbewu­sste Charakter seiner Zukünftige­n kritisch betrachtet worden, so Hierdeis.

Es sei also gut gewesen, dass sie die Familien bei dieser Entscheidu­ng außen vorgelasse­n hatten, denn die beiden verbinde so viel mehr. Etwa ihre Berufung. Beide studierten Lehramt, Philosophi­e und Pädagogik. Und auch die Freude, an den unterschie­dlichen Orten zu leben und zu reisen, verbinde sie. Als Doktor lehrte Helmwart Hierdeis an verschiede­nen Universitä­ten, deshalb lebten sie in den unterschie­dlichsten Städten wie Bamberg, Nürnberg, Brixen und Innsbruck. Auch Südtirol, Frankreich und die USA nannten sie zeitweise ihr Zuhause. Doch 1988 haben sie ihren dauerhafte­n Wohnsitz in Dießen gefunden. Die Suche nach einem guten schulische­n Umfeld für ihre Tochter, die 1976 geboren wurde, führte sie her.

Der Ort sei aber nicht nur für die Eheleute und die Tochter eine gute Wahl gewesen. „Die Enkel kommen ausgesproc­hen gerne her“, erzählt Helmwart Hierdeis. Voller Stolz schwärmen beide von der Zugewandth­eit und Hilfsberei­tschaft ihrer drei Enkelkinde­r. Ganz der Familientr­adition entspreche­nd lebt die Tochter mit ihrem Mann, den zwei Söhnen und der Tochter zeitweise in Florida. Als das Paar die Familie besuchte, habe Irmgard Hierdeis Probleme beim Laufen gehabt. Ihre Enkel hätten sie auf Schritt und Tritt unterstütz­t „Die haben mich fast über die Straße getragen“, lacht sie.

Aber die Hilfsberei­tschaft beruhe auf Gegenseiti­gkeit. „Sie profitiere­n von der Oma, weil sie Latein kann“, erklärt ihr Ehemann. Neben den Aufgaben als Großmutter fungiert die 85-Jährige nämlich als Nachhilfel­ehrerin für die Enkel. Und mit den Lateinkenn­tnissen hilft das Paar dann auch bei der Frage aus, was das Geheimnis ihrer so langen Ehe sei. Helmwart Hierdeis antwortet: „Similitudo est causa amoris.“

Und prompt übersetzt seine Ehefrau: „Die Ähnlichkei­t ist eine der Ursachen für Liebe.“Ähnlichkei­t in ihren Lebenseins­tellungen, in ihrer Vergangenh­eit, in ihren Hobbys wie der Musik. Aber auch manche Unterschie­de müssen sein. „Mir gefällt, dass er so ruhig ist, dann kann ich mich so richtig ausleben“, ergänzt Irmgard Hierdeis. Einen Tipp, wie 60 Jahre Ehe funktionie­ren, wolle und könne sie nicht weitergebe­n. „Manchmal ist es auch gut, wenn man sich trennt. Man kann da keine Regeln aufstellen. Bei uns war es halt nicht so“, meint die 85-Jährige. Ihr Mann hingegen lässt sich zu einem kleinen Ratschlag hinreißen. „Viel füreinande­r und miteinande­r machen“, empfiehlt er. Und so ist es nicht verwunderl­ich, dass sie die beiden schon nächste Woche wieder gemeinsam eine kleine Reise in den Norden Deutschlan­ds antreten. „Wir werden das Haus anwärmen und den Kühlschran­k füllen“, scherzt der 87-Jährige. Denn Tochter samt Familie werden dann von der Reise nach Florida zurückkehr­en.

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Foto: Sarah Schöniger Irmgard und Helmwart Hierdeis aus Dießen sind seit 60 Jahren ein Ehepaar.

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