Vor 20 Jahren erfüllte sich sein Traum von der eigenen Lederwerkstatt
Kai-Uwe Möschlers Lederwerkstatt ist eine Institution in Landsberg. Der 45-Jährige spricht über seinen „Indianer-Spleen“und 100 Jahre altes Werkzeug aus Knochen.
„Einfach machen!“Nach diesem Motto hat Kai-Uwe Möschler vor 20 Jahren seine erste Lederwerkstatt in Landsberg eröffnet. Neben dem Laden bediente er nachts im Foyer des Stadttheaters. Tagsüber half er noch ein paar Stunden in einem Autoladen aus. Alles mit dem Ziel, sein Hobby zum Beruf zu machen. Und wie man anlässlich des 20. Jubiläums seiner Lederwerkstatt sehen kann, mit Erfolg: Denn der Laden in der Schlossergasse zählt zu den festen Institutionen der Landsberger Innenstadt.
Schon als Zwölfjähriger bastelte Möschler gerne mit Leder. Mit einem kindlichen „Indianer-Spleen“habe es angefangen. Den hätten ja die meisten Jungen in diesem Alter. Nur bei ihm habe diese Phase nie aufgehört, erinnert er sich. Er wusste also schon früh, wohin die Reise gehen soll. Doch eine spezielle Ausbildung in der Lederverarbeitung habe er nie gemacht. Weil er einen eigenen Laden eröffnen wollte, lernte er Einzelhandelskaufmann. „Alles andere habe ich mir autodidaktisch selber beigebracht“, erzählt der 45-Jährige.
Und wo ginge das besser als im Wilden Westen? Mit 15 Jahren flog er das erste Mal in die USA, später reiste er durch mehrere westliche Bundesstaaten. „Ich habe drüben auch für eine Weile gelebt“, erzählt der Lederhandwerker. Dort habe er bei alten Meistern mitgearbeitet, in Gerbereien ausgeholfen, Leder an „Trapper und Indianer“verkauft und einen Lederladen geleitet. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland sagte er sich: „Jetzt mach’ ich’s einfach“, und erfüllte sich 2004 mit nur 25 Jahren den
Traum vom eigenen Geschäft. Erst über die Jahre hätte sich eine Art Konzept gefestigt. „Ich habe mich daran orientiert, was es bedarf. Was wollen die Leute haben? Was braucht’s? Ich habe viel dazugelernt und alles, was ich habe, in die Werkstatt gesteckt“, fasst es Möschler zusammen. Er begann vorwiegend mit Reparaturen, über die Zeit habe er immer mehr Aufträge
für Neuanfertigungen erhalten. Auch Tiefenfettungen mit einer selbst gemachten Pflege bietet er an. Diese erhöhen die Lebensdauer älterer Lederware um bis zu 15 Jahre.
Hauptsächlich arbeite der Lederhandwerker mit Rindsleder. „Ich kaufe Leder nur, wenn ich es anfassen kann“, erklärt er. In der Regel stammen die Häute aus europäischen
Gerbereien. Bei einem Großhändler in München prüfe er dann jedes Stück per Hand auf Fehler. Auf seinen Reisen sei er aber auch schon auf (für Deutsche) außergewöhnlichere Lederarten gestoßen. Büffel sei dabei gewesen. Python- und Echsenhaut. Er habe auch schon mit Lachs- und Stachelrochenleder gearbeitet. Und aus Bärenleder habe er einen Mantel
und Mokassins gefertigt. Nur eine „Art“lehnt er entschieden ab: Veganes Leder aus Kakteen sei „Schrott“. „Nach zwei Jahren kannst du es wegschmeißen und dann hast du Müll, der nicht in den Kompost gehen kann.“Denn dieses enthalte Plastik und sei deshalb, im Gegensatz zu Tierhaut, nicht biologisch abbaubar.
Außerdem habe Leder den Vorteil, dass es nicht nur eine lange Lebensdauer besitzt, sondern mit dem Alter schöner wird, so Möschler. Das sehe man bei den unterschiedlichsten Lederstücken auch in seiner Werkstatt. Gürtel, Sattel, Koffer, Taschen, Tracht, Hosen, Jacken und mehr. Entscheidend sei die richtige Arbeitsweise. „Es gibt viele traditionelle Methoden, die nach wie vor unschlagbar sind. Haltbarkeitstechnisch und optisch“, erklärt er. Die einzigen „Innovationen“, die es im Lederhandwerk gebe, sei, dass alles schnell und günstiger hergestellt werden soll. Und das auf Kosten der Qualität, kritisiert der 45-Jährige. Daran wolle er sich nicht beteiligen.
Auch bei seinem Werkzeug setzt er auf alte Klassiker. Die Werkzeuge, die fein säuberlich sortiert an der Wand hängen, seien zwischen 100 und 150 Jahre alt. Manche aus Eisen und Holz, andere sogar aus Horn oder Knochen. Für jedes Projekt besitzt der Lederhandwerker das richtige Equipment. „Ich bin die Werkstatt und die Werkstatt bin ich“, sagt er. Deshalb stecke so viel Sorgfalt in den Utensilien und der Einrichtung. Und deshalb solle es nach der Jubiläumsfeier im kleinen Kreis auch so weitergehen wie bisher. „Ich bin gerne hier und habe mir das hier aufgebaut. Deshalb habe ich nicht vor, in nächster Zukunft etwas zu verändern“, sagt Möschler.