Fünf Euro bei verpasstem Arzttermin
Paris will Patienten zur Kasse bitten
Im französischen Volksmund heißt sie bereits „Hasen-Steuer“. Und sie soll fünf Euro betragen, das hat Premierminister Gabriel Attal nun angekündigt. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine finanzielle Abgabe für alle Kaninchen-Halter im Land, sondern der Begriff bezieht sich auf den französischen Ausdruck „poser un lapin“für „jemanden versetzen“, wörtlich ihm „einen Hasen stellen“.
Laut der französischen Ärztekammer fallen durch das Nichterscheinen von Patienten ohne vorherige Absage pro Jahr schätzungsweise 27 Millionen Termine aus, ohne neu zugeteilt zu werden – bei gleichzeitigem Mangel an medizinischen Fachkräften und kurzfristigen Terminen. Die Notaufnahmen sind ebenfalls überfüllt, weil es an Allgemeinärzten fehlt. Deshalb schlug Attal einen Mechanismus vor, um bei den Menschen mehr Verantwortungsbewusstsein zu wecken, wie er in einem Interview sagte. „Das Prinzip ist einfach: Wer einen Arzttermin hat und unentschuldigt nicht kommt, bezahlt.“Das Parlament soll noch in diesem Jahr über einen entsprechenden Gesetzesentwurf abstimmen, damit die Regel im Januar 2025 in Kraft tritt.
Doch wie lässt sich die Maßnahme umsetzen? Der Arzt kann nach Wunsch die fünf Euro mit auf die nächste Rechnung setzen – vorausgesetzt, der Patient erscheint jemals bei ihm. Ein Vorteil könnte sein, dass Termine in Frankreich oft mithilfe von Plattformen organisiert werden, vor allem den Marktführer Doctolib. Das 2013 gegründete Unternehmen ist das erfolgreichste französische Einhorn, allein in Frankreich nutzen es 40 Millionen Patientinnen und Patienten. So könnten die Plattformen bei der Terminvergabe die Angabe der Kreditkartennummer verlangen, die im Falle des Nichterscheinens belastet würde. Was aber passiert, wenn die Vereinbarung telefonisch getroffen wurde? „In zwei von drei Fällen läuft das über mein Sekretariat und das wird nicht die Kreditkartennummer meiner Patienten verlangen“, sagt der Gastroenterologe Franck Devulder, Präsident der Vereinigung der medizinischen Gewerkschaften.
Wirtschaftswissenschaftler Nicolas Jacquement fürchtet, dass die „Hasen-Abgabe“allein nicht dazu führe, dass sich die Patienten des Problems bewusst werden, sondern dass sie die fünf Euro „einfach als den Preis für eine Dienstleistung ansehen“. Was die hohe Zahl an Absagen kaum verringern würde. In Frankreich müssen die Menschen beim Arzt in Vorleistung gehen und bekommen im Anschluss einen Teil der Ausgaben von der Sozialkasse und falls vorhanden, ihrer Zusatzversicherung zurück. Ganz kostenlos ist der Besuch einer Praxis oder eines Krankenhauses nicht.