Verstöße gegen das Genderverbot werden nicht erfasst
Seit Anfang April dürfen an Bayerns Schulen, Hochschulen und Behörden weder Sternchen noch andere Zeichen zur Markierung der Geschlechtervielfalt verwendet werden. In der Umsetzung scheint die Regelung ein Papiertiger zu sein.
Mit seinem Genderverbot an Schulen, Hochschulen und Behörden hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) deutschlandweit für Aufsehen gesorgt. Schon im Dezember hatte er es angekündigt und die Verwendung von Sonderzeichen im Sinne einer geschlechtergerechten Sprache in der dienstlichen Kommunikation für unerwünscht erklärt. Seit 1. April gilt nun das Genderverbot offiziell im Freistaat – doch etwaige Verstöße werden nicht erfasst, wie eine Umfrage unserer Redaktion zeigt.
Was also passiert, wenn jemand gendert? Darüber herrscht in einigen Behörden offenbar immer noch große Unklarheit. „Wir haben keine Handlungsgrundlage bekommen“, sagt etwa der Schulamtsdirektor des Landkreises Würzburg, Kai Thoma. Schon vergangene Woche hatten auch andere Schulämter erklärt, dass sie im konkreten Ernstfall nicht wüssten, wie sie sich zu verhalten hätten. Zumindest Thoma scheint das nicht sonderlich zu stören. „Das Genderverbot hat keine Priorität. In unserer Wahrnehmung war das kein Thema und es wird auch kein Thema sein. Für uns sind andere Dinge wichtiger“, sagt er. Verstöße gegen das Genderverbot seien ihm nicht bekannt.
Das verwundert nicht. Denn Verstöße gegen das Genderverbot werden auch überhaupt nicht registriert. „Etwaige Meldungen werden im Kultusministerium statistisch nicht erfasst oder ausgewertet“, heißt es auf Anfrage. Auch die Regierungen von Schwaben und Unterfranken erklären, dass sie keine Datensätze über Verstöße gegen das Genderverbot anlegen. Die Regierung von Schwaben teilt mit: „Uns liegen keine Informationen vor, ob es an unseren Schulen zu Verstößen gegen die Regelungen zur geschlechtergerechten Schreibung gekommen ist.“
Grundsätzlich verbietet der neue Zusatz zur Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO), im behördlichen Schriftverkehr sämtliche Sonderzeichen zu verwenden, die neben der männlichen Form weitere einbeziehen sollen. Dazu gehört das Gendersternchen (Schüler*innen) genauso wie das Binnen-I (LehrerInnen) oder der Doppelpunkt (Politiker:innen). Die Staatsregierung verweist dabei auf den Rat für deutsche Rechtschreibung, der jüngst die Verwendung solcher Sonderzeichen nicht empfohlen hatte.
Auf die Frage unserer Redaktion nach Konsequenzen für gendernde Beamte bleibt das Kultusministerium vage: „Bei mehrfach wiederholten Verstößen können dienstrechtliche Maßnahmen ergriffen werden“, erklärt es. Welche Maßnahmen das genau sind, lässt es offen. Die Regierung von Schwaben beantwortet die Frage mit dem Satz: „Es sind keine allgemeingültigen Aussagen möglich, wie eine Schulleitung beziehungsweise die Schulaufsicht auf etwaige Verstöße zu reagieren hat.“
Ausgenommen vom Genderverbot
sind Universitätsprofessorinnen und -professoren, wie eine Sprecherin der Universität Augsburg betont. „Es gilt weiterhin die Freiheit der Lehre und Forschung“, sagt sie, „und das schließt die Sprache ein.“Gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes ist die Forschungsfreiheit ein bürgerliches Grundrecht. Wie die Universitäten mit dem Genderverbot umgehen werden, wird sich zeigen – noch laufen die Semesterferien.
Im vergangenen Dezember hatte Ministerpräsident Markus Söder gesagt: „Mit uns wird es kein verpflichtendes Gendern geben. Im Gegenteil: Wir in Bayern werden das Gendern in Schule und Verwaltung untersagen.“Forderungen nach einer allgemeinen Genderpflicht hatte es allerdings von keiner großen Bundes- oder Landespartei gegeben.