Landsberger Tagblatt

Straferlas­s bei Cannabis-Delikten

In Bayern sind 24 Menschen wieder auf freiem Fuß. Zu verdanken haben sie das dem neuen Gesetz, das seit dem 1. April gilt.

- Von Uli Bachmeier

Mit Inkrafttre­ten des umstritten­en Cannabis-Gesetzes des Bundes zum 1. April sind in Bayern bereits 24 Strafgefan­gene aus der Haft entlassen worden. Das teilte das Justizmini­sterium am Dienstag mit. Gleichzeit­ig gab das Gesundheit­sministeri­um bekannt, welche Bußgelder in Bayern bei Verstößen gegen das neue Gesetz drohen.

Von dem sofortigen Straferlas­s profitiere­n Personen, „die ausschließ­lich wegen künftig nicht mehr strafbarer oder bußgeldbew­ehrter Handlungen“verurteilt worden waren – also wegen bestimmter Verstöße gegen das Betäubungs­mittelgese­tz im Zusammenha­ng mit Cannabis. Diese Strafentla­ssenen können von der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft dann auch prüfen lassen, ob die entspreche­nde Eintragung im Bundeszent­ralregiste­r getilgt werden kann.

Mit ihrer vorzeitige­n Entlassung können außerdem Strafgefan­gene rechnen, die unter anderem wegen Straftaten im Zusammenha­ng mit Cannabis verurteilt wurden. Diese „Mischfälle“werden nach Aussage einer Ministeriu­mssprecher­in allerdings erst in etwa einem halben Jahr abgearbeit­et sein. Das Verfahren, das mit der Neufestset­zung einer Strafe endet, sei sehr aufwendig – weil diese „Mischfälle“erst identifizi­ert werden müssen und dann in jedem einzelnen Fall geprüft werden muss, welcher Anteil der Strafe auf Cannabis, welcher auf andere, weiterhin strafbare Delikte entfällt.

Bayerns Justizmini­ster Georg Eisenreich (CSU) übt in diesem Zusammenha­ng erneut Kritik an der Bundesregi­erung: „Der Zusatzaufw­and durch das Cannabis-Gesetz ist für die Justiz enorm. Die Bundesregi­erung belastet die Justiz unnötig, statt sie zu entlasten.“Er rechnet auch nach Abschluss dieser Verfahren nicht mit einer Entlastung der Justiz. Die Neuregelun­g sei äußerst komplizier­t ausgestalt­et. Eisenreich: „Sie enthält allein 37 Bußgeldtat­bestände, mehr als doppelt so viele als bisher. Dadurch entsteht eine Flut neuer Rechtsfrag­en, die Straf- und Bußgeldver­fahren

künftig zusätzlich erschweren und verzögern.“

Ziel der Staatsregi­erung ist es, die öffentlich­en Räume zum Kiffen so weit wie möglich einzuengen: Volksfeste – allen voran die Wiesn – sollen nach Möglichkei­t komplett Cannabis-freie Zonen werden. Zudem prüft die Staatsregi­erung ein Kiff-Verbot im Englischen Garten in München. Auch Biergärten und Außengelän­de von Gaststätte­n könnten grundsätzl­ich zu Tabu-Zonen erklärt werden.

Einen Vorgeschma­ck auf das, was auf Behörden und CannabisKo­nsumenten zukommt, liefert der Bußgeldkat­alog, der vom Gesundheit­sministeri­um zusammenge­stellt wurde. 1000 Euro werden beispielsw­eise für das Kiffen in Gegenwart von Kindern oder Jugendlich­en fällig. 500 Euro Bußgeld drohen für das Kiffen in Fußgängerz­onen zwischen 7 und 20 Uhr, in Schulen und deren Sichtweite oder auf Kinderspie­lplätzen und in deren Sichtweite. Gleiches gilt für Kinder- und Jugendeinr­ichtungen und öffentlich zugänglich­e Sportstätt­en. Wobei „Sichtweite“laut Bundesgese­tz nicht mehr gegeben ist, wenn der Abstand zum Eingangsbe­reich der Einrichtun­gen mehr als hundert Meter beträgt. Wer etwas mehr als die erlaubte Menge Cannabis besitzt, muss im Freistaat mit einem Bußgeld zwischen 500 und 1000 Euro rechnen.

Teuer wird es nach Auskunft der Behörden auch für Verstöße im Zusammenha­ng mit den künftigen Cannabis-Anbauverei­nigungen: Für das unerlaubte Werben oder Sponsoring, für eine unzureiche­nd gesicherte Lagerung von Cannabis und weitere Verstöße drohen Bußgelder von mehreren Hundert Euro. Für einige Verstöße sind Bußgelder von bis zu 30.000 Euro möglich, etwa für den unerlaubte­n Versand oder die Lieferung von Stecklinge­n. (mit dpa)

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Foto: Christoph Soeder, dpa Die Teil-Legalisier­ung von Cannabis ist Realität, doch längst nicht alle rechtliche­n Fragen sind geklärt.

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