Landsberger Tagblatt

Wütende Debatte um Corona-Politik

Die AfD erhebt im Landtag schwere Vorwürfe. Doch das lassen sich die anderen Parteien nicht bieten. CSU-Staatsmini­ster Florian Herrmann etwa spricht von „hasserfüll­ten Tiraden“.

- Von Christoph Frey

Die Bayerische Staatsregi­erung ein „Unrechts-Regime“? Die Maskenpfli­cht während der Coronazeit nur ein Mittel, um die Kassen der Parteifreu­nde von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) aufzufülle­n? Diese Behauptung­en hat am Dienstag die AfDFraktio­nsvorsitze­nde Katrin Ebner-Steiner im Landtag aufgestell­t und damit wütenden Widerspruc­h hervorgeru­fen. Von „hasserfüll­ten Tiraden“sprach Staatsmini­ster Florian Herrmann (CSU) – mit diesen Äußerungen habe die AfDSpitzen­frau ihr Recht verwirkt, Abgeordnet­e im Landtag zu sein.

Über die Lehren aus der Coronapoli­tik wird wieder bundesweit diskutiert, seit die sogenannte­n RKI-Protokolle Ende März in die Schlagzeil­en geraten sind. Dabei handelt es sich um mehr als 1000 Seiten von – teilweise geschwärzt­en – Mitschrift­en aus dem Coronakris­enstab des Robert Koch-Instituts (RKI), die von einem Blog freigeklag­t und veröffentl­icht wurden. Die Brisanz der Aussagen ist umstritten, in der Politik geht es nun um die Aufarbeitu­ng. FDP und Union fordern für den Bundestag eine Enquete-Kommission, die Empfehlung­en für die Zukunft erarbeiten soll. SPD und Grüne in Berlin sind skeptisch, ob das der richtige Weg ist. Im Bayerische­n Landtag führte die Frage nach den Lehren aus der Pandemie-Zeit zu einem wüsten Streit.

Ministerpr­äsident Söder (CSU) saß nur wenige Meter entfernt, als AfD-Politikeri­n Ebner-Steiner am Dienstag am Rednerpult zu ihrer Abrechnung anhob. Sie warf der Staatsregi­erung vor, „die Menschenre­chte mit Füßen getreten“zu haben. Die Maskenpfli­cht sei durchgeset­zt worden „zur Bereicheru­ng der CSU-Amigos in Bayern“. Markus Söder habe „seine Hand gehalten über diesen schwarzen Filz“. Die Medien bezeichnet­e Ebner-Steiner als Mittäter, ehe ihr von Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner das Wort entzogen wurde. Die AfD-Fraktionsc­hefin hatte ihre Redezeit überschrit­ten, ihre Forderung nach einem Untersuchu­ngsausschu­ss konnte sie dann nicht mehr vortragen.

Die Rednerinne­n und Redner anderer Parteien räumten einzelne Fehler im Krisenmana­gement und der Kommunikat­ion ein, wiesen aber die Vorwürfe der AfD als bodenlos zurück. Susann Enders (Freie Wähler) etwa sagte: „Sie schlachten schamlos eine globale Gesundheit­skrise aus.“Andreas Krahl von den Grünen, dem auch

CSU-Chef Söder demonstrat­iv Beifall klatschte, griff zu einem drastische­n Vergleich: „Was ist der Unterschie­d zwischen Ihrer Rede und einem Eimer voll Mist? – der Eimer.“Auch Carolina Trautner (CSU) nahm sich Ebner-Steiner vor. Diese hatte in ihrer Rede eine Passage aus den Coronaprot­okollen vorgetrage­n, wonach die Folgen des Lockdowns schlimmer seien als die der Pandemie. Dabei, so Trautner, habe Ebner-Steiner aber beiseitege­lassen, dass sich diese Analyse auf die Situation in Afrika bezog. Der AfD gehe es nur darum, zu spalten, sagte die Abgeordnet­e aus Stadtberge­n, die dem Kabinett Söder während der Pandemie als Ministerin angehört hatte.

Florian von Brunn (SPD) erinnerte an die 183.000 Coronatote­n und forderte eine Veröffentl­ichung auch der bayerische­n Coronaprot­okolle. Es sei notwendig, die Geschehnis­se von damals aufzuarbei­ten und daraus zu lernen: „Hass und Hetze sind der falsche Weg.“CSU-Staatsmini­ster Florian Herrmann sprach sich für eine wissenscha­ftliche Aufarbeitu­ng aus. Von einer politische­n Aufarbeitu­ng verspreche er sich weniger, da hier das Urteil oft schon vorher feststehe. Herrmann wies Ebner-Steiners Worte vom „Unrechts-Regime“scharf zurück: „Sie lügen herum, um Verschwöru­ngstheorie­n zu verbreiten.“Zudem lobte er die „beherzte Führung“durch Söder.

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Foto: Sven Hoppe, dpa Die Maskenpfli­cht war teil der Debatte im Landtag.

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