Landsberger Tagblatt

„Eine tolle Idee allein reicht nicht“

Es gibt Kunstwerke, die kennt jeder. Aber warum sind ausgerechn­et diese so berühmt geworden? Die Kunstexper­tin Harriet Häußler weiß darauf eine Antwort.

- Interview: Karlotta Ehrenberg, dpa

Berühmte Kunstwerke kann man nicht nur im Museum sehen. Sie finden sich auch auf Tassen, Seidenscha­ls, Bleistifte­n, Schirmen oder Taschen. Die Kunstexper­tin Harriet Häußler weiß, welche Werke besonders berühmt sind und warum.

Wie wird ein Kunstwerk berühmt? Harriet Häußler: Das ist unterschie­dlich. Manchmal ist ein besonderes Ereignis der Auslöser. Das weltberühm­te Gemälde „Mona Lisa“war zum Beispiel lange Zeit gar nicht bekannt. Aber dann wurde es gestohlen und über Nacht berühmt.

Mit dem Kunstwerk selbst hat dieser Ruhm also nicht immer etwas zu tun?

Häußler: In diesem Fall war entscheide­nd, dass das Werk aus einem berühmten Museum, dem Louvre in Paris, gestohlen wurde, und von dem berühmten Künstler Leonardo da Vinci stammte.

Sind schon Künstler durch ein Kunstwerk berühmt geworden?

Häußler: Vor etwas mehr als 30 Jahren wurde ein englischer Künstler, Damien Hirst, plötzlich sehr bekannt. Er hatte einen toten Tigerhai in eine Flüssigkei­t gelegt, die den Tierkadave­r haltbar macht. Das tote Tier präsentier­te er dann in einer Vitrine als Kunstwerk. Auf diese Idee war vorher noch niemand gekommen.

Das klingt ja so, als könnte jeder,

der eine verrückte Idee für ein Kunstwerk hat, berühmt werden?

Häußler: Nein, eine tolle Idee allein reicht meistens nicht. Im Fall von Damien Hirst gab es auch noch einen sehr wichtigen Sammler, Charles Saatchi. Er hatte das Werk in Auftrag und dem Künstler das nötige Geld für die Herstellun­g gegeben. Auch sorgte er dafür, dass das Kunstwerk an wichtigen Orten gezeigt wurde, unter anderem in einem berühmten Museum in New York.

Also war das alles geplant?

Häußler: Ja. An dieser Geschichte zeigt sich etwas ganz Entscheide­ndes: Damit ein Kunstwerk berühmt werden kann, muss ein einflussre­icher Mensch sagen: Das ist gut. Das war schon immer so. Wenn früher ein wichtiger Kaiser oder ein König einen Künstler gut fand und immer wieder zu anderen reichen und mächtigen Personen gesagt hat: „Du, der Soundso, der ist richtig gut“, dann wurde dieser Künstler häufig berühmt.

Viele Kunstwerke schmücken Dinge, die wir im Alltag gebrauchen. Warum macht man das?

Häußler: Ich denke, das hat damit zu tun, dass die Leute das Bedürfnis haben, die Kunst aus dem Museum mit nach Hause zu nehmen. Ich selbst habe mir auch schon Gegenständ­e gekauft, auf denen berühmte Kunstwerke abgebildet sind. Das ist eine ganz andere Erfahrung als im Museum.

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Foto: Karlotta Ehrenberg, dpa Kunst für zu Hause. Manche Werke sind so berühmt, dass es von ihnen Tassen, Beutel, Socken und Stifte gibt.

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