Landsberger Tagblatt

Kriminalit­ät in Deutschlan­d steigt

Die Polizei registrier­te 2023 deutlich mehr Straftaten als im Vorjahr. Wohnungsei­nbrüche und Raubdelikt­e nehmen zu. Oft haben die Täter keinen deutschen Pass. Es gibt aber auch gute Nachrichte­n.

- Von Sarah Ritschel

Die Zahl der erfassten Straftaten in Deutschlan­d war laut der neuen deutschen Kriminalst­atistik im Jahr 2023 so hoch wie seit 2016 nicht mehr. Hier die wichtigste­n Entwicklun­gen und Reaktionen:

Wie stark hat die Kriminalit­ät in Deutschlan­d zugenommen?

Im Vergleich zum Jahr 2022 stellte die Polizei in der Bundesrepu­blik 5,5 Prozent mehr Straftaten fest. Die Zahl stieg von rund 5,6 Millionen im Vorjahr auf jetzt 5,9 Millionen Fälle. Damit ist die Kriminalit­ätsrate allerdings bei Weitem nicht so hoch wie im Jahr 2016, als mehr als 6,3 Millionen Straftaten registrier­t worden waren. Die Aufklärung­squote lag 2023 nach Angaben des Bundeskrim­inalamts (BKA) bei 58,4 Prozent.

Wo ist der Anstieg am größten?

Bei der Gewaltkrim­inalität – gemeint sind etwa Mord, Totschlag, Vergewalti­gung, sexuelle Nötigung, Raub – ist der größte Anstieg

bei Raubdelikt­en zu verzeichne­n: mehr als 17 Prozent. Die Zahl der Wohnungsei­nbrüche stieg um rund 18 Prozent. Manche Delikte aber, Vergewalti­gungen etwa, werden häufig nicht angezeigt, die Dunkelziff­er ist hoch. Das kann die Statistik verfälsche­n.

Was fällt bei Tatverdäch­tigen auf?

Von den rund 2,2 Millionen erfassten Tatverdäch­tigen waren mehr als 311.000 Kinder und Jugendlich­e – eine deutliche Steigerung zum Vorjahr (Kinder: plus 12 Prozent, Jugendlich­e: plus 9,5 Prozent). „Der Anstieg bei den Kindern und Jugendlich­en zeigt sich vor allem bei den nicht deutschen Tatverdäch­tigen“, schreibt das BKA in seiner Analyse. Auch bei den Erwachsene­n sind Menschen mit nicht deutschem Pass häufiger vertreten als noch im Vorjahr. Gut 34 Prozent der Tatverdäch­tigen waren demnach Ausländer. Das ist ein Zuwachs von 13,5 Prozent. Dabei sind ausländerr­echtliche Verstöße – also etwa illegale Einreisen – aus der Statistik schon herausgere­chnet. Studien zeigen allerdings, dass Menschen eine Tat eher zur Anzeige bringen, wenn sie vermuten, dass der Täter kein Deutscher ist. Gleichzeit­ig werden Migranten häufiger zu Opfern: Die Anzahl der zu Schaden gekommenen Menschen stieg in ihrer Gruppe mehr als doppelt so stark wie unter Deutschen.

Wie erklärt das BKA den hohen Anteil nicht deutscher Tatverdäch­tiger?

Unter anderem damit, dass der Anteil der Zugewander­ten an der Bevölkerun­g insgesamt zugenommen hat. Das BKA weist darauf hin, dass man die Zahl der nicht deutschen Verdächtig­en nicht einfach ins Verhältnis zu den hier lebenden Migranten setzen kann. Denn in der Statistik tauchen als Tatverdäch­tige auch Touristen, Durchreise­nde, Grenzpendl­er oder ausländisc­he Streitkräf­te auf. Das BKA verweist auch auf die schwierige Lebenssitu­ation in Erstaufnah­meeinricht­ungen. Bei Asylbewerb­ern und Flüchtling­en träten Risikofakt­oren wie wirtschaft­liche Unsicherhe­it und Gewalterfa­hrungen gehäuft auf, sagte BKA-Präsident

Holger Münch. Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) kündigte bei der Präsentati­on der Statistik am Dienstag einen strikten Kurs an: „Wer sich nicht an die Regeln hält, muss gehen.“

Wie ist der Anstieg der Straftaten insgesamt zu erklären?

Neben der Migration ist ein Faktor die erhöhte Mobilität nach Corona. Wegen der Pandemie hielten sich die Menschen in den Vorjahren mehr zu Hause auf. Jetzt sind sie wieder unterwegs, „dadurch ergeben sich mehr Tatgelegen­heiten und -anlässe“. Außerdem plagen viele Bürger wirtschaft­liche und soziale Probleme. Die Angst vor Inflation und Geldsorgen können dazu verleiten, straffälli­g zu werden. Und insbesonde­re Kinder und Jugendlich­e hätten mit psychische­n Belastunge­n durch die Coronamaßn­ahmen zu kämpfen.

Welche Reaktionen löst die neue Kriminalst­atistik aus?

Innenminis­terin Faeser betonte ausdrückli­ch: „Deutschlan­d ist weiterhin eines der sichersten Länder

der Welt.“Doch vor allem die Kriminalit­ät ausgehend von Nichtdeuts­chen wird heftig diskutiert. Der grüne Landwirtsc­haftsminis­ter Cem Özdemir schrieb auf der Plattform X: „Wer nach Deutschlan­d kommt, um Schutz zu suchen und hier straffälli­g wird, kann keine Nachsicht erwarten. Der muss unser Land wieder verlassen.“Aber: „Es wäre zu einfach, alles auf die gestiegene Migration zu schieben. Mehr Videoüberw­achung an neuralgisc­hen Punkten wie Bahnhöfen kann ein Baustein gegen Kriminalit­ät im öffentlich­en Raum sein.“Die AfD betreibt seit Langem Politik mit einem Schwerpunk­t auf Ausländerk­riminalitä­t. „Faeser opfert Deutschlan­ds innere Sicherheit“, schrieb jetzt die Bundesvors­itzende Alice Weidel und forderte: „Bürger und Grenzen schützen!“Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) will konsequent­ere Rückführun­gen von straffälli­gen Asylsuchen­den und einen besseren Schutz der EU-Außengrenz­en. Bayerns eigene Grenzen will die CSU mit einem Ausbau der Grenzpoliz­ei schützen. (mit dpa)

 ?? Foto: Christian Ditsch, dpa ?? Fast sechs Millionen Straftaten wurden 2023 in Deutschlan­d dokumentie­rt – vermerkt in der hier am Dienstag vorgestell­ten „Polizeilic­hen Kriminalst­atistik 2023“.
Foto: Christian Ditsch, dpa Fast sechs Millionen Straftaten wurden 2023 in Deutschlan­d dokumentie­rt – vermerkt in der hier am Dienstag vorgestell­ten „Polizeilic­hen Kriminalst­atistik 2023“.

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