La deutsche vita
Der Brenner trennt den Alltag vom Sommer. Eine Liebeserklärung zum Jubiläum.
Es gibt diese Momente, da ist man einfach nur froh, wenn es vorbei ist. Wurzelbehandlung beim Zahnarzt, eine Grätsche von Klaus Augenthaler, Mathe-Klausur, Stau am ersten Ferienwochenende. Einfach nur irgendwie durchkommen. Wie kaum ein anderer Ort steht der Brenner für die Vorfreude auf das Danach. Er trennt den Alltag vom Sommer. Nach der Blockabfertigung ist vor dem Urlaub. In einer Zeit, in der die deutsche Nationalelf vor Weltmeisterschaften noch Schlager aufnahm, sang Udo Jürgens,
ähnlich hölzern wie der deutsche Fußball damals eben war, mit Franz Beckenbauers Truppe: „Wir sind schon auf dem Brenner. Wir brennen schon darauf. Wir sind schon auf dem Brenner. Ja da kommt Freude auf.“Der eisenharte Klaus Augenthaler sang auch mit und man ertappte sich als Zuhörer beim Gedanken, dass man stattdessen lieber humorlos von ihm umgegrätscht worden wäre.
Abgesehen von der verstörenden musikalischen Einlage und dem intellektuell überschaubaren Text („Nichts wie hin, hinter uns liegt der Inn. Und vor uns liegt der Po. Die Welt spielt sich frei und auch wir sind dabei. Hollahi, hollaho“) ist der Brennerpass zwischen Österreich und Südtirol für viele das Symbol für Ferien, Sonne, Freiheit. Wer hier einst mit seinem klapprigen Käfer oder dem 1er Golf durch war, war über den Berg.
Vor 50 Jahren haben die Italiener das letzte Stück der Autobahn ins Glück fertig gebaut und uns damit den Weg in den Süden geebnet. Gerhard Polt machte „La deutsche vita“in Italien einst eine legendäre filmische Liebeserklärung („Nächstes Jahr fahr mer wieder daher, gell, Heinz-Rüdiger?“) und die singenden Fußballer wurden damals übrigens Weltmeister.