Landsberger Tagblatt

La deutsche vita

Der Brenner trennt den Alltag vom Sommer. Eine Liebeserkl­ärung zum Jubiläum.

- Von Michael Stifter

Es gibt diese Momente, da ist man einfach nur froh, wenn es vorbei ist. Wurzelbeha­ndlung beim Zahnarzt, eine Grätsche von Klaus Augenthale­r, Mathe-Klausur, Stau am ersten Ferienwoch­enende. Einfach nur irgendwie durchkomme­n. Wie kaum ein anderer Ort steht der Brenner für die Vorfreude auf das Danach. Er trennt den Alltag vom Sommer. Nach der Blockabfer­tigung ist vor dem Urlaub. In einer Zeit, in der die deutsche Nationalel­f vor Weltmeiste­rschaften noch Schlager aufnahm, sang Udo Jürgens,

ähnlich hölzern wie der deutsche Fußball damals eben war, mit Franz Beckenbaue­rs Truppe: „Wir sind schon auf dem Brenner. Wir brennen schon darauf. Wir sind schon auf dem Brenner. Ja da kommt Freude auf.“Der eisenharte Klaus Augenthale­r sang auch mit und man ertappte sich als Zuhörer beim Gedanken, dass man stattdesse­n lieber humorlos von ihm umgegrätsc­ht worden wäre.

Abgesehen von der verstörend­en musikalisc­hen Einlage und dem intellektu­ell überschaub­aren Text („Nichts wie hin, hinter uns liegt der Inn. Und vor uns liegt der Po. Die Welt spielt sich frei und auch wir sind dabei. Hollahi, hollaho“) ist der Brennerpas­s zwischen Österreich und Südtirol für viele das Symbol für Ferien, Sonne, Freiheit. Wer hier einst mit seinem klapprigen Käfer oder dem 1er Golf durch war, war über den Berg.

Vor 50 Jahren haben die Italiener das letzte Stück der Autobahn ins Glück fertig gebaut und uns damit den Weg in den Süden geebnet. Gerhard Polt machte „La deutsche vita“in Italien einst eine legendäre filmische Liebeserkl­ärung („Nächstes Jahr fahr mer wieder daher, gell, Heinz-Rüdiger?“) und die singenden Fußballer wurden damals übrigens Weltmeiste­r.

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Foto: Imago Udo Jürgens singt sich mit der Nationalel­f 1990 in WM-Laune.

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