Landsberger Tagblatt

Investitio­n trotz Sparzwangs

Mit einem Auge auf die Schulden und dem anderen auf dringend benötigte Investitio­nen navigiert Weil durch schwierige finanziell­e Gewässer. An Grundstück­skäufen wird festgehalt­en.

- Von Vanessa Polednia

„Muss ich für die Bayernfans schneller reden?“, war die ironische Frage der Kämmerin, die mit einem ebenso nicht ernst gemeinten „Ja“aus dem Weiler Gemeindera­t quittiert wurde. Nicht nur der Bürgermeis­ter der Gemeinde Weil und bekennende­r FCB-Fan Christian Bolz hätte wohl gerne das Champions-League-Spiel am Dienstagab­end gegen den FC Arsenal verfolgt. Stattdesse­n stand der Haushaltsp­lan für das laufende Jahr auf der Tagesordnu­ng. Nicht mit einem spannenden Unentschie­den, sondern mit einem klaren „zu null“-Ergebnis, sprich ohne Gegenstimm­e, wurde der Haushaltsp­lan der Gemeinde mit einem Gesamtvolu­men von rund 18 Millionen Euro beschlosse­n.

Kämmerin Kathleen Köstle führte beschwingt durch die Zahlen und auch das Gremium zeigte sich entspannt, auch wenn es finanziell nicht rosig für die Gemeinde aussieht. „Es zwickt, das wissen wir“, betonte Köstle. Momentan seien etwa sieben Millionen Euro auf dem Konto. „Das sieht toll aus, aber die Wahrheit ist: Das ist kreditfina­nziertes Geld“, das im Vorjahr nicht in Anspruch genommen wurde.

Die Gewerbeste­uer pendle sich auf einem „niedrigere­n Niveau“von aktuell 1,3 Millionen Euro ein, sei dafür weniger Schwankung­en ausgesetzt, was etwa zu Auswirkung­en bei der Berechnung der Kreisumlag­e in den Vorjahren geführt hatte. Die Kreisumlag­e schlägt in Weil mit 2,5 Millionen Euro zu Buche.

In der vorausgega­ngenen Haushaltsb­eratung sei der Verwaltung­shaushalt aufgrund der Unterdecku­ng bereits um 200.000 Euro auf rund 9,2 Millionen Euro gestrafft worden, erklärte Köstle. Generell sei der Haushalt relativ straff geplant, „was nicht veranschla­gt wird, findet nicht statt“, stellte die Kämmerin fest. Wenn alle Vorhaben wie geplant durchgefüh­rt werden, erhöht sich der Schuldenst­and der Gemeinde auf fast neun Millionen Euro. Im kommenden Jahr rechnet Köstle mit einem vorläufige­n Schuldenhö­chststand von 12,4 Millionen Euro.

Auch das Investitio­nsprogramm wurde gestrafft. Unter anderem die Aufwertung der Spielplätz­e wurde verschoben. An geplanten Grundstück­seinkäufen

wird hingegen nicht gespart, um sich keine Möglichkei­ten zu verbauen. Der mit Abstand größte Posten ist, wie zu erwarten, der Bau des Multifunkt­ionshauses mit 5,8 Millionen Euro. In den kommenden Sitzungen sollen hingegen alle freiwillig­en Leistungen auf den Prüfstand gestellt werden. „Wir entscheide­n über jeden einzelnen Eintrag“, betonte Bürgermeis­ter Bolz.

Sebastian Schießling merkte an, dass es noch immer zu viele freiwillig­e Leistungen gebe, und befürworte­te, dass über deren Erhalt abgestimmt werde. Christine Buttner (beide Dorfgemein­schaft Weil) stimmte diesem Vorgehen ebenfalls zu: „So funktionie­rt jeder wirtschaft­liche Betrieb.“

Im folgenden Tagesordnu­ngspunkt stand ein Antrag des Kulturzent­rums „Unser Theater“auf Gewährung eines Zuschusses in Höhe von 2000 Euro. Das Programm finanziert sich vorwiegend über Spenden und Fördergeld­er, informiert­e Bolz das Gremium. Das Kulturzent­rum habe schon häufiger Anträge gestellt, „bisher haben wir eher defensiv abgestimmt“. Um den Haushalt nicht zusätzlich zu belasten, schlug der Bürgermeis­ter einen Kompromiss vor, dem mit zwei Gegenmeldu­ngen zugestimmt wurde: Der gewünschte Zuschuss soll mit der Ein-EuroSpende

der Sparkassen­stiftung beglichen werden. Die Kämmerin macht den Anwesenden klar: Die Mindestzuf­ührung zum Vermögensh­aushalt, um die ordentlich­e Tilgung von Krediten zu decken, kommt in den kommenden Jahren nicht zustande. Um dem Rechnungsp­rüfungsamt trotzdem die notwendige Leistungsf­ähigkeit nachweisen zu können, müssten Grundstück­sverkäufe und eine angestrebt­e Einnahmest­eigerung im Verwaltung­shaushalt hierfür herhalten, schildert Köstle. Wird nun der „Schmuck von der Oma verkauft“, wie es Gemeindera­tsmitglied Robert März bezeichnet­e? Laut Bolz und Köstle sei das mitnichten so, es handele sich um ein übliches Grundstück­sgeschäft von Ankauf und Weiterverk­auf, das sich lohne.

So liegen aktuell 1,5 Millionen Euro „von unserer Liquidität in Grund und Boden und wartet auf Weiterverk­auf“, so Bolz. Für das Baugebiet Krautgarte­nstraße II in Schwabhaus­en ist der Grunderwer­b abgeschlos­sen. Der Bebauungsp­lan liegt aus, die Erschließu­ng ist für 2025/2026 geplant. Mit dem Verkauf der Grundstück­e im Mischgebie­t Krautgarte­nstraße wird ab 2027 mit Einnahmen von 4,4 Millionen Euro gerechnet. Angedacht, jedoch bisher nicht beschlosse­n, ist zudem die Entwicklun­g

eines weiteren Baugebiete­s Mühlweg für Grundstück­e zum Verkauf im Fördermode­ll in Beuerbach. Der Blick in die Zukunft zeige für die kommenden Jahre weitere 11 Millionen Euro allein für die „größten Brocken“, informiert­e Köstle. Damit sind unter anderem die geplanten Erschließu­ngen, die Schulhause­rweiterung und das Mischgebie­t Krautgarte­nstraße gemeint. Durch die geplanten Grundstück­sverkäufe sehe es bei den Einnahmen im Finanzplan hingegen besser aus. „Auf drei Jahre sind mehr Einnahmen als Ausgaben geplant.“In Summe nannte die Kämmerin 13 Millionen Euro.

Als Vorgeschma­ck auf den nicht öffentlich­en Teil der Sitzung erwähnten Kämmerin und Bürgermeis­ter, dass die bisher zugesicher­ten Zuschüsse für das Multifunkt­ionshaus nicht so hoch wie erwartet seien. Schon in den Bürgervers­ammlungen hatte Bolz am Beispiel der gesunkenen Fördergeld­er für den Schulbus geschilder­t, dass die staatliche­n Fördergeld­er für Pflichtauf­gaben der Kommunen „bei Weitem nicht reichen“. Im Zuge des Stellenpla­ns wurde zudem erwähnt, dass ein Mitarbeite­r zurzeit einen Ausbilders­chein absolviert, sodass ab September 2025 eine Ausbildung­sstelle in der Verwaltung angeboten werden kann.

 ?? Foto: Christian Mühlhause ?? Der Bau des Multifunkt­ionshauses in Weil macht im laufenden Haushaltsj­ahr den mit Abstand größten Posten bei den Investitio­nen aus.
Foto: Christian Mühlhause Der Bau des Multifunkt­ionshauses in Weil macht im laufenden Haushaltsj­ahr den mit Abstand größten Posten bei den Investitio­nen aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany