Landsberger Tagblatt

Arabische Poesie begleitet von spirituell­en Klängen

„Ein Zyklus sakraler Musik und Literatur“startet mit der Konzertles­ung aus „Der Prophet“von Khalil Gibran. Die Zuhörenden belohnen die Konzertles­ung in Dornstette­n mit lang anhaltende­m Applaus.

- Von Hertha Grabmaier

Im schlichten Gotteshaus Sankt Gangolf im Unterdieße­ner Ortsteil Dornstette­n mit seiner prächtigen Akustik begrüßte Kirchenpfl­eger Wolfgang Grimme circa 50 Besucherin­nen und Besucher zum Auftakt einer Konzertrei­he, die dem Spross einer alteingese­ssenen Restaurato­ren-Familie seit mehr als 20 Jahren am Herzen liegt. „Die 1478 erbaute Wallfahrts­kirche, in dem die Menschen in Zeiten von Seuchen und Kriegen um Labsal für ihre Seelen flehten, ist ein Kraftort“, so Grimme vom gleichnami­gen Kunsthaus.

Viele der dem Schauspiel­er Alessandro Nania Pacino andächtig Lauschende­n entwickelt­en ein Gespür für die tiefgründi­gen Weisheiten

und konnten sich auf das 1923 in New York erschienen­e und zum Kultbuch avancierte­n Werk des libanesisc­h-amerikanis­chen Schriftste­llers Kahlil Gibran „Der Prophet“einlassen. Einige, denen das offensicht­lich nicht gelang, verließen die Veranstalt­ung noch vor deren Ende. Mag sein, dass sie einfach froren, nach dem warmen Tag in der kalten Kirche.

Begleitet wurden die einfühlsam gelesenen Zeilen, des aus einigen Fernsehsen­dungen bekannten Schauspiel­ers Nania Pacino, der auch Mitglied des Ensembles der Kammerspie­le Wiesbaden ist, von der Musikerin Francesca Rappay. Mit Violine, Monochord und Klangschal­en setzte sie, inspiriert von den tiefgründi­gen Texten, klassische sowie intuitiv improvisie­rte, meditative Klangakzen­te, die

Schmerz oder Freude auch mit einigen gewollten Disharmoni­en spürbar werden ließen.

In der Abenddämme­rung bot die mit einfachen Kerzen beleuchtet­e Kirche das ideale Ambiente für Gibrans Sinnfragen über die Zeit zwischen

Geburt und Tod eines Menschen, die bereits am Nachmittag im Schacky-Park in Dießen zu erleben war. In der Erzählung wartete der Prophet Al-Mustapha in der Stadt Orphalese auf sein Schiff, das ihn aus der Fremde in die Heimat zurückbrin­gen soll. Doch die Einwohner eilten an die Stadttore und wollten ihn nicht gehen lassen, ehe sie seine Einschätzu­ngen zu den Geheimniss­en des Lebens gehört hatten. Eine Seherin bat ihn, den sie als Propheten Gottes sah, seine Wahrheiten zu offenbaren.

Andächtige Stille breitete sich aus, als Alessandro Nania Pacino in adäquaten Rhythmus mehrere der 26 Reden aus dem Hauptwerk, an dem Kahlil Gibran 25 Jahre gearbeitet hatte, beginnend mit der Liebe bis zum Abschied, vorlas. In „Von der Liebe“rät er, „wenn ihre Flügel dich umhüllen, gib dich ihr hin“. Die ausgewählt­en poetischen Visionen in „Von den Kindern, vom Geben, vom Schmerz, von der Freundscha­ft, von der Religion und von der Selbsterke­nntnis“, die in den 1960er-Jahren als Bibel der NewAge-Bewegung

galten, werden bei unterschie­dlichsten Gelegenhei­ten zitiert. Bei „Von den Kindern“heißt es „Kinder sind nicht der Besitz der Eltern, sondern eigenständ­ige Wesen“. „Vom Geben“beschreibt, „Hab und Gut sind nur materielle Güter – erst wer von sich selbst gibt, gibt wirklich viel“. Die Maximen des millionenf­ach verkauften und in 40 Sprachen übersetzte­n Buches, dienen den einen als Quelle der Inspiratio­n, andere halten es für eine Ansammlung abgegriffe­ner Allgemeinp­lätze. Nach dem Ende der Geschichte, als die Seeleute den Anker gelichtet hatten, das Schiff wie von Fanfaren über das Meer getragen wurde und die Seherin sprach „Gesegnet sei dieser Tag“, belohnten die Zuhörenden das einzigarti­ge Zusammensp­iel mit lang anhaltende­m Applaus.

 ?? Foto: Christian Rudnik ?? Für das Zusammensp­iel von Sprache und Musik mit Schauspiel­er Alessandro Nania Pacino und Musikerin Francesca Rappay gab es in der Kirche St. Gangolf in Dornstette­n viel Applaus.
Foto: Christian Rudnik Für das Zusammensp­iel von Sprache und Musik mit Schauspiel­er Alessandro Nania Pacino und Musikerin Francesca Rappay gab es in der Kirche St. Gangolf in Dornstette­n viel Applaus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany