Sanierung stößt auf Misstrauen und Kritik
Mit einem städtebaulichen Sanierungsgebiet will Schondorf Fördergelder in die Gemeinde holen. Doch die betroffenen Grundstückseigentümer sehen vor allem mögliche Belastungen für sich.
Dem vom Gemeinderat beabsichtigten Sanierungsgebiet im Zentrum von Ober- und Unterschondorf ist bei einem kürzlich stattgefundenen Bürgerworkshop viel Kritik und Misstrauen entgegengeschlagen. Rund 140 Hausund Grundeigentümer aus dem geplanten Sanierungsgebiet waren dazu in die Grundschulaula gekommen. Auf der Seite der Kritiker reihte sich auch der frühere Bürgermeister Peter Wittmaack (SPD) ein.
Zwar versuchten die Stadtplanerinnen Kathrin Hess und Astrid Weisel nach der bereits im Vorfeld verlauteten Kritik, den Skeptikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Wie Bürgermeister Alexander Herrmann in einem früheren Gespräch mit unserer Redaktion machten sie darauf aufmerksam, dass die Gemeinde bei Weitem nicht beabsichtige, alle (Zwangs-)Instrumente gegenüber den Haus- und Grundeigentümern im Sanierungsgebiet anzuwenden, um die Sanierungsziele zu erreichen. So werde nur ein vereinfachtes, aber keinesfalls ein umfassendes Sanierungsverfahren angewandt. Damit falle schon einmal die Möglichkeit weg, Wertsteigerungen bei Privatgrundstücken, die durch eine Ortskernsanierung entstehen können, in Form von „Ausgleichsbeiträgen“abzuschöpfen.
Allerdings kann sich auch bei einem vereinfachten Verfahren eine Gemeinde zahlreiche über Baugenehmigungen hinaus gehende Genehmigungstatbestände vorbehalten: bei Vermietungen, der Eintragung von Belastungen (zum Beispiel Hypotheken) oder Teilungen. Außerdem kann ein Vorkaufsrecht geltend gemacht werden. Doch, versicherte die Planerin Kathrin Hess, der Gemeinderat könne auch viele Genehmigungen pauschal als erteilt gelten lassen, insbesondere private Wohnungsvermietungen, und den Genehmigungsvorbehalt auf für das Dorf bedeutungsvolle Objekte beschränken. So könne man beispielsweise sicherstellen, dass ein bisheriger Supermarkt auch weiterhin als solcher genutzt werde. Ein Vorkaufsrecht könne zudem nur beansprucht werden, wenn damit ein Zweck zum Wohl der Allgemeinheit erfüllt wird. „Bei einem Einfamilienhaus wird die Gemeinde kein Interesse haben, ein Vorkaufsrecht auszuüben“,
beteuerte Hess. Das beruhigte nicht alle: „Ein Vorkaufsrecht ist eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Werts eines Grundstücks“, sagte ein Workshop-Besucher, „für einen Verzicht auf ein Vorkaufsrecht wurden schon Hunderttausende Euro bezahlt.“Überdies beinhalte der Umgriff des geplanten Sanierungsgebiets „viele Willkürlichkeiten“.
Das Sanierungsprojekt an sich stellte der frühere Bürgermeister Peter Wittmaack infrage, der auch allgemein deutliche Kritik an der Arbeit des Gemeinderats übte: „Der Gemeinderat hat in den letzten zehn Jahren so viel geplant“, stellte er fest und verwies exemplarisch auf den Seeanlagen-Wettbewerb, „das hat viel gekostet, und was ist dabei herausgekommen? Nichts.“Von der notwendigen Sanierung der Straßen wolle er gar nicht sprechen. „Bürgermeister und Gemeinderat haben genug zu tun, nur brauchen wir dazu kein Sanierungsgebiet“, sagte er weiter und erntete viel Applaus. Ein weiterer Bürger äußerte sich ähnlich: „Wie will die Gemeinde noch andere Dinge anfangen?“, fragte er angesichts der Millionenkosten für die Straßen und die Seeufermauer.
Der Gemeinde warf er vor, eine „Utopie“vorzugaukeln und eine „linke sozialistische Politik“zu betreiben.
Aber für die Instandsetzung von Straßen benötige die Gemeinde auch Fördermittel, warf Bauamtsleiterin Sophie Lübbeke ein, ein Sanierungsgebiet sei dafür Voraussetzung. „Die Gemeinde bekommt alle Vorteile, und die Bürger tragen alle Lasten“, kommentierte diesen Hinweis ein weiterer Diskussionsredner.
Daraufhin sah sich Zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU), der den verhinderten Rathauschef Herrmann vertrat, zu einer Stellungnahme veranlasst: Erstens werde der Gemeinderat nur ein vereinfachtes Sanierungsverfahren beschließen und auch dieses „werden wir einschrumpfen“, um die Immobilieneigentümer möglichst wenig zu belasten. Er betonte auch, ein solches Sanierungsverfahren sei kein „Selbstzweck“. „Wir machen es für die Bürgerinnen und Bürger, um Räume zu schaffen, um das öffentliche Leben aufrechtzuerhalten und zu erweitern und um dafür Fördergelder zu erhalten.“
Einige diesbezügliche Schlaglichter hatte Planerin Astrid Weisel
zu Beginn der Veranstaltung genannt. Ober- und Unterschondorf und die funktionale Mitte rund um Rathaus und Bahnhof hätten viele Stärken, etwa die zentral gelegene Nahversorgung und die teilweise noch erhaltene historische Baustruktur. Aber diese Qualitäten sollten nicht nur erhalten, sondern auch noch verbessert werden. Dazu zählte sie etwa die Anbindung der alten Ortskerne an die funktionale Mitte für Personen, die zu Fuß gehen oder mit dem (Lasten-)Rad fahren, denn das Rathausumfeld sei derzeit „stark durch Strukturen des motorisierten Verkehrs geprägt“. So sei beispielsweise an eine Umgestaltung der Mühlaustraße auch im Sinne einer größeren Schulwegsicherheit zu denken. Für das Rathausumfeld werde eine Konzeptstudie erarbeitet, auch im Hinblick auf Nutzungsmöglichkeiten für die ehemalige Bahn-Güterhalle. Die Mischnutzung in der Bahnhofstraße müsse gesichert werden, um unzugängliche Erdgeschosse und Tiefgaragenabfahrten zu vermeiden.
Gelegenheit für die Bürgerschaft, sich mit dem Sanierungsvorhaben auseinanderzusetzen,
wird es in den nächsten Monaten noch ein weiteres Mal geben: Wenn voraussichtlich im Verlauf des Mai der Gemeinderat den Bericht der Voruntersuchung gebilligt hat, wird wie bei einem Bebauungsplanverfahren auch die Öffentlichkeit beteiligt.
Bis zu den Sommerferien könnte unter Berücksichtigung der Stellungnahmen von Behörden und Bürgern eine Sanierungssatzung festgelegt werden, auf deren Basis dann einzelne Maßnahmen realisiert werden.