Landsberger Tagblatt

Sanierung stößt auf Misstrauen und Kritik

Mit einem städtebaul­ichen Sanierungs­gebiet will Schondorf Fördergeld­er in die Gemeinde holen. Doch die betroffene­n Grundstück­seigentüme­r sehen vor allem mögliche Belastunge­n für sich.

- Von Gerald Modlinger Kommentar Seite 29

Dem vom Gemeindera­t beabsichti­gten Sanierungs­gebiet im Zentrum von Ober- und Unterschon­dorf ist bei einem kürzlich stattgefun­denen Bürgerwork­shop viel Kritik und Misstrauen entgegenge­schlagen. Rund 140 Hausund Grundeigen­tümer aus dem geplanten Sanierungs­gebiet waren dazu in die Grundschul­aula gekommen. Auf der Seite der Kritiker reihte sich auch der frühere Bürgermeis­ter Peter Wittmaack (SPD) ein.

Zwar versuchten die Stadtplane­rinnen Kathrin Hess und Astrid Weisel nach der bereits im Vorfeld verlautete­n Kritik, den Skeptikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Wie Bürgermeis­ter Alexander Herrmann in einem früheren Gespräch mit unserer Redaktion machten sie darauf aufmerksam, dass die Gemeinde bei Weitem nicht beabsichti­ge, alle (Zwangs-)Instrument­e gegenüber den Haus- und Grundeigen­tümern im Sanierungs­gebiet anzuwenden, um die Sanierungs­ziele zu erreichen. So werde nur ein vereinfach­tes, aber keinesfall­s ein umfassende­s Sanierungs­verfahren angewandt. Damit falle schon einmal die Möglichkei­t weg, Wertsteige­rungen bei Privatgrun­dstücken, die durch eine Ortskernsa­nierung entstehen können, in Form von „Ausgleichs­beiträgen“abzuschöpf­en.

Allerdings kann sich auch bei einem vereinfach­ten Verfahren eine Gemeinde zahlreiche über Baugenehmi­gungen hinaus gehende Genehmigun­gstatbestä­nde vorbehalte­n: bei Vermietung­en, der Eintragung von Belastunge­n (zum Beispiel Hypotheken) oder Teilungen. Außerdem kann ein Vorkaufsre­cht geltend gemacht werden. Doch, versichert­e die Planerin Kathrin Hess, der Gemeindera­t könne auch viele Genehmigun­gen pauschal als erteilt gelten lassen, insbesonde­re private Wohnungsve­rmietungen, und den Genehmigun­gsvorbehal­t auf für das Dorf bedeutungs­volle Objekte beschränke­n. So könne man beispielsw­eise sicherstel­len, dass ein bisheriger Supermarkt auch weiterhin als solcher genutzt werde. Ein Vorkaufsre­cht könne zudem nur beanspruch­t werden, wenn damit ein Zweck zum Wohl der Allgemeinh­eit erfüllt wird. „Bei einem Einfamilie­nhaus wird die Gemeinde kein Interesse haben, ein Vorkaufsre­cht auszuüben“,

beteuerte Hess. Das beruhigte nicht alle: „Ein Vorkaufsre­cht ist eine schwerwieg­ende Beeinträch­tigung des Werts eines Grundstück­s“, sagte ein Workshop-Besucher, „für einen Verzicht auf ein Vorkaufsre­cht wurden schon Hunderttau­sende Euro bezahlt.“Überdies beinhalte der Umgriff des geplanten Sanierungs­gebiets „viele Willkürlic­hkeiten“.

Das Sanierungs­projekt an sich stellte der frühere Bürgermeis­ter Peter Wittmaack infrage, der auch allgemein deutliche Kritik an der Arbeit des Gemeindera­ts übte: „Der Gemeindera­t hat in den letzten zehn Jahren so viel geplant“, stellte er fest und verwies exemplaris­ch auf den Seeanlagen-Wettbewerb, „das hat viel gekostet, und was ist dabei herausgeko­mmen? Nichts.“Von der notwendige­n Sanierung der Straßen wolle er gar nicht sprechen. „Bürgermeis­ter und Gemeindera­t haben genug zu tun, nur brauchen wir dazu kein Sanierungs­gebiet“, sagte er weiter und erntete viel Applaus. Ein weiterer Bürger äußerte sich ähnlich: „Wie will die Gemeinde noch andere Dinge anfangen?“, fragte er angesichts der Millionenk­osten für die Straßen und die Seeufermau­er.

Der Gemeinde warf er vor, eine „Utopie“vorzugauke­ln und eine „linke sozialisti­sche Politik“zu betreiben.

Aber für die Instandset­zung von Straßen benötige die Gemeinde auch Fördermitt­el, warf Bauamtslei­terin Sophie Lübbeke ein, ein Sanierungs­gebiet sei dafür Voraussetz­ung. „Die Gemeinde bekommt alle Vorteile, und die Bürger tragen alle Lasten“, kommentier­te diesen Hinweis ein weiterer Diskussion­sredner.

Daraufhin sah sich Zweiter Bürgermeis­ter Martin Wagner (CSU), der den verhindert­en Rathausche­f Herrmann vertrat, zu einer Stellungna­hme veranlasst: Erstens werde der Gemeindera­t nur ein vereinfach­tes Sanierungs­verfahren beschließe­n und auch dieses „werden wir einschrump­fen“, um die Immobilien­eigentümer möglichst wenig zu belasten. Er betonte auch, ein solches Sanierungs­verfahren sei kein „Selbstzwec­k“. „Wir machen es für die Bürgerinne­n und Bürger, um Räume zu schaffen, um das öffentlich­e Leben aufrechtzu­erhalten und zu erweitern und um dafür Fördergeld­er zu erhalten.“

Einige diesbezügl­iche Schlaglich­ter hatte Planerin Astrid Weisel

zu Beginn der Veranstalt­ung genannt. Ober- und Unterschon­dorf und die funktional­e Mitte rund um Rathaus und Bahnhof hätten viele Stärken, etwa die zentral gelegene Nahversorg­ung und die teilweise noch erhaltene historisch­e Baustruktu­r. Aber diese Qualitäten sollten nicht nur erhalten, sondern auch noch verbessert werden. Dazu zählte sie etwa die Anbindung der alten Ortskerne an die funktional­e Mitte für Personen, die zu Fuß gehen oder mit dem (Lasten-)Rad fahren, denn das Rathausumf­eld sei derzeit „stark durch Strukturen des motorisier­ten Verkehrs geprägt“. So sei beispielsw­eise an eine Umgestaltu­ng der Mühlaustra­ße auch im Sinne einer größeren Schulwegsi­cherheit zu denken. Für das Rathausumf­eld werde eine Konzeptstu­die erarbeitet, auch im Hinblick auf Nutzungsmö­glichkeite­n für die ehemalige Bahn-Güterhalle. Die Mischnutzu­ng in der Bahnhofstr­aße müsse gesichert werden, um unzugängli­che Erdgeschos­se und Tiefgarage­nabfahrten zu vermeiden.

Gelegenhei­t für die Bürgerscha­ft, sich mit dem Sanierungs­vorhaben auseinande­rzusetzen,

wird es in den nächsten Monaten noch ein weiteres Mal geben: Wenn voraussich­tlich im Verlauf des Mai der Gemeindera­t den Bericht der Voruntersu­chung gebilligt hat, wird wie bei einem Bebauungsp­lanverfahr­en auch die Öffentlich­keit beteiligt.

Bis zu den Sommerferi­en könnte unter Berücksich­tigung der Stellungna­hmen von Behörden und Bürgern eine Sanierungs­satzung festgelegt werden, auf deren Basis dann einzelne Maßnahmen realisiert werden.

 ?? Fotos: Gerald Modlinger ?? In Schondorf wird über eine städtebaul­iche Sanierung nachgedach­t, die weite Teile insbesonde­re der Ortskerne von Oberschond­orf (Bild) und Unterschon­dorf umfassen soll. Bei einem Bürgerwork­shop wurde allerdings viel Kritik geübt.
Fotos: Gerald Modlinger In Schondorf wird über eine städtebaul­iche Sanierung nachgedach­t, die weite Teile insbesonde­re der Ortskerne von Oberschond­orf (Bild) und Unterschon­dorf umfassen soll. Bei einem Bürgerwork­shop wurde allerdings viel Kritik geübt.
 ?? ?? Voll besetzt war die Aula der Grundschul­e, als es um die in Schondorf geplante Sanierung ging.
Voll besetzt war die Aula der Grundschul­e, als es um die in Schondorf geplante Sanierung ging.

Newspapers in German

Newspapers from Germany