Landsberger Tagblatt

Reform stockt: So ist die Lage im Klinikum

Viele Krankenhäu­ser sind in finanziell­er Not. Auch Landsberg schreibt rote Zahlen. Der Klinikchef kritisiert die Regierung.

- Von Thomas Wunder

Viele Krankenhäu­ser stehen vor dem finanziell­en Kollaps. Doch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach bleibt hart. Erst 2025 soll der sogenannte Basiswert erhöht werden und können die finanziell klammen Krankenhäu­ser auf wachsende Einnahmen hoffen. Lauterbach glaubt, dass die Kliniken bis dahin irgendwie überleben werden. Doch wie ist die aktuelle Lage, etwa im Klinikum Landsberg? Dort hatte Klinikchef Marco Woedl bereits im Oktober aufgrund der Finanzkris­e der Krankenhäu­ser einen Brandbrief an die Mitglieder des Gesundheit­sausschuss­es des Bundestags geschriebe­n.

Eine Reaktion auf sein Schreiben hat Marco Woedl bislang nicht erhalten, teilt er auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Die aktuelle Krankenhau­s-Politik der AmpelRegie­rung kritisiert der Landsberge­r Klinikchef scharf. Die AmpelRegie­rung sei eine massive Gefahr für die stationäre Versorgung­ssicherhei­t.

Es fände kaum ein Dialog mit den Krankenhäu­sern oder deren Verbänden statt und die Krankenhau­s-Insolvenze­n würden befeuert, statt einen gezielten Strukturwa­ndel anzugehen.

Marco Woedl kritisiert, dass seit dem Jahr 2022 ein regulärer Inflations­ausgleich fehlt. Gesundheit­sminister Lauterbach schlage „zur Rettung der Krankenhäu­ser“eine Vorhaltefi­nanzierung vor. „Wie aber Analysen gezeigt haben, würde bei seinem Vorschlag ein Krankenhau­s – egal ob groß oder klein – durch die Vorhaltebu­dgets keinen einzigen Cent mehr erhalten“, sagt Woedl. Bei sinkenden Leistungsz­ahlen würden die Erlöse lediglich zeitweise abgefedert werden, bei steigenden Leistungsz­ahlen dagegen die Erlöse zeitweise sogar gekappt werden. Die Krankenhau­sversorgun­g werde aktuell einem Kahlschlag ausgesetzt.

Der von Klinikchef Woedl im Oktober geforderte Defizitaus­gleich ist nicht in Sicht. Die hohen Tarifabsch­lüsse des Tarifvertr­ags für den öffentlich­en Dienst und der Ärztegewer­kschaft Marburger

Bund sowie die Sachkosten­inflation seien nicht ansatzweis­e durch Anhebungen der Krankenhau­svergütung­en ausgeglich­en worden. Dieses Kernproble­m treibe Krankenhäu­ser heuer reihenweis­e in Insolvenzv­erfahren. „An allen Ecken fehlt das Geld. Wir leben im Krankenhau­ssektor in einer absoluten Mangelverw­altung“, sagt Woedl. Anderersei­ts würden die Ansprüche der Patienten steigen.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion soll aufgrund der unklaren künftigen Finanzieru­ng im Klinikum ein Einstellun­gs-Stopp verhängt worden sein. Dem widerspric­ht der Klinikchef. „Nein, das ist nicht richtig. Alle Stellen wurden und werden nachbesetz­t“, sagt Marco Woedl. Aktuell seien rund 580 Vollkräfte in Landsberg beschäftig­t, so viele wie noch nie zuvor. Hintergrun­d seien auch die stark angestiege­nen Patientenz­ahlen, die bewältigt werden müssten. Zum Vergleich: Im April 2023 seien 530 Vollkräfte beschäftig­t gewesen. Die gestiegene­n Patientenz­ahlen hängen auch mit der Schließung des Schongauer Krankenhau­ses

zusammen. „Wir bekommen in allen Segmenten mehr Patienten aus Schongau, auch in der Notaufnahm­e.“

Wie stellt sich aktuell die finanziell­e Lage des Klinikums dar? Wie Marco Woedl auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt, wird das Klinikum 2023 einen Verlust von voraussich­tlich 3,6 Millionen Euro erzielen. „2024 erwarten wir eine leichte Besserung, da einige Abteilunge­n sehr stark wachsende Leistungen zu verzeichne­n haben.“So werden etwa im Endoprothe­senzentrum (Hüften, Knie, Schultern) über 700 Eingriffe erwartet. „Damit hat sich die Abteilung mit Chefarzt Dr. Simon Martin Heinz in kurzer Zeit mehr als verdreifac­ht“, so Woedl. Die neue Akutgeriat­rie entwickelt­e sich und auch die Gynäkologi­e/Geburtshil­fe habe weiterhin einen starken Leistungsa­nstieg zu verzeichne­n. „Die Qualität der Patientenv­ersorgung ist in Landsberg in allen Abteilunge­n erstklassi­g“, sagt der Klinikchef, der auch das Engagement und die Motivation der Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r in diesen schwierige­n Zeiten lobt. Trotz der aktuell angespannt­en finanziell­en Lage hält der Landkreis am Ausbau des Klinikums fest. Am Freitag, 26. April, ist Spatenstic­h für den neuen Ausbildung­scampus gegenüber dem Klinikum. Die Investitio­nssumme beläuft sich auf gut acht Millionen Euro, 3,1 Millionen wird der Landkreis übernehmen, gut 2,4 Millionen der Freistaat Bayern. Die Zahl der Ausbildung­splätze in der Berufsfach­schule für Pflege wird nach dem Neubau auf 96 steigen. Aktuell hat das Klinikum gut 60 Plätze. Die Fertigstel­lung ist für Dezember 2025 geplant.

Der Ausbildung­scampus ist die erste von insgesamt sechs großen Baumaßnahm­en des Klinikums. Bis 2030 soll ein Gesundheit­scampus rund um das Klinikum entstehen. Weitere Baufelder sind: die Klinikerwe­iterung durch den Funktionsn­eubau, das Facharztze­ntrum mit 16 Arztpraxen sowie Apotheke und Sanitätsha­us, ein Pflegeheim mit 140 Betten, 120 Mitarbeite­r-Wohnungen und ein großes Parkhaus.

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Foto: Thorsten Jordan Auch das Landsberge­r Klinikum schreibt aktuell rote Zahlen. Im vergangene­n Jahr gab es ein Minus von rund 3,6 Millionen Euro.

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