Reform stockt: So ist die Lage im Klinikum
Viele Krankenhäuser sind in finanzieller Not. Auch Landsberg schreibt rote Zahlen. Der Klinikchef kritisiert die Regierung.
Viele Krankenhäuser stehen vor dem finanziellen Kollaps. Doch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bleibt hart. Erst 2025 soll der sogenannte Basiswert erhöht werden und können die finanziell klammen Krankenhäuser auf wachsende Einnahmen hoffen. Lauterbach glaubt, dass die Kliniken bis dahin irgendwie überleben werden. Doch wie ist die aktuelle Lage, etwa im Klinikum Landsberg? Dort hatte Klinikchef Marco Woedl bereits im Oktober aufgrund der Finanzkrise der Krankenhäuser einen Brandbrief an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses des Bundestags geschrieben.
Eine Reaktion auf sein Schreiben hat Marco Woedl bislang nicht erhalten, teilt er auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Die aktuelle Krankenhaus-Politik der AmpelRegierung kritisiert der Landsberger Klinikchef scharf. Die AmpelRegierung sei eine massive Gefahr für die stationäre Versorgungssicherheit.
Es fände kaum ein Dialog mit den Krankenhäusern oder deren Verbänden statt und die Krankenhaus-Insolvenzen würden befeuert, statt einen gezielten Strukturwandel anzugehen.
Marco Woedl kritisiert, dass seit dem Jahr 2022 ein regulärer Inflationsausgleich fehlt. Gesundheitsminister Lauterbach schlage „zur Rettung der Krankenhäuser“eine Vorhaltefinanzierung vor. „Wie aber Analysen gezeigt haben, würde bei seinem Vorschlag ein Krankenhaus – egal ob groß oder klein – durch die Vorhaltebudgets keinen einzigen Cent mehr erhalten“, sagt Woedl. Bei sinkenden Leistungszahlen würden die Erlöse lediglich zeitweise abgefedert werden, bei steigenden Leistungszahlen dagegen die Erlöse zeitweise sogar gekappt werden. Die Krankenhausversorgung werde aktuell einem Kahlschlag ausgesetzt.
Der von Klinikchef Woedl im Oktober geforderte Defizitausgleich ist nicht in Sicht. Die hohen Tarifabschlüsse des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst und der Ärztegewerkschaft Marburger
Bund sowie die Sachkosteninflation seien nicht ansatzweise durch Anhebungen der Krankenhausvergütungen ausgeglichen worden. Dieses Kernproblem treibe Krankenhäuser heuer reihenweise in Insolvenzverfahren. „An allen Ecken fehlt das Geld. Wir leben im Krankenhaussektor in einer absoluten Mangelverwaltung“, sagt Woedl. Andererseits würden die Ansprüche der Patienten steigen.
Nach Informationen unserer Redaktion soll aufgrund der unklaren künftigen Finanzierung im Klinikum ein Einstellungs-Stopp verhängt worden sein. Dem widerspricht der Klinikchef. „Nein, das ist nicht richtig. Alle Stellen wurden und werden nachbesetzt“, sagt Marco Woedl. Aktuell seien rund 580 Vollkräfte in Landsberg beschäftigt, so viele wie noch nie zuvor. Hintergrund seien auch die stark angestiegenen Patientenzahlen, die bewältigt werden müssten. Zum Vergleich: Im April 2023 seien 530 Vollkräfte beschäftigt gewesen. Die gestiegenen Patientenzahlen hängen auch mit der Schließung des Schongauer Krankenhauses
zusammen. „Wir bekommen in allen Segmenten mehr Patienten aus Schongau, auch in der Notaufnahme.“
Wie stellt sich aktuell die finanzielle Lage des Klinikums dar? Wie Marco Woedl auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt, wird das Klinikum 2023 einen Verlust von voraussichtlich 3,6 Millionen Euro erzielen. „2024 erwarten wir eine leichte Besserung, da einige Abteilungen sehr stark wachsende Leistungen zu verzeichnen haben.“So werden etwa im Endoprothesenzentrum (Hüften, Knie, Schultern) über 700 Eingriffe erwartet. „Damit hat sich die Abteilung mit Chefarzt Dr. Simon Martin Heinz in kurzer Zeit mehr als verdreifacht“, so Woedl. Die neue Akutgeriatrie entwickelte sich und auch die Gynäkologie/Geburtshilfe habe weiterhin einen starken Leistungsanstieg zu verzeichnen. „Die Qualität der Patientenversorgung ist in Landsberg in allen Abteilungen erstklassig“, sagt der Klinikchef, der auch das Engagement und die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen schwierigen Zeiten lobt. Trotz der aktuell angespannten finanziellen Lage hält der Landkreis am Ausbau des Klinikums fest. Am Freitag, 26. April, ist Spatenstich für den neuen Ausbildungscampus gegenüber dem Klinikum. Die Investitionssumme beläuft sich auf gut acht Millionen Euro, 3,1 Millionen wird der Landkreis übernehmen, gut 2,4 Millionen der Freistaat Bayern. Die Zahl der Ausbildungsplätze in der Berufsfachschule für Pflege wird nach dem Neubau auf 96 steigen. Aktuell hat das Klinikum gut 60 Plätze. Die Fertigstellung ist für Dezember 2025 geplant.
Der Ausbildungscampus ist die erste von insgesamt sechs großen Baumaßnahmen des Klinikums. Bis 2030 soll ein Gesundheitscampus rund um das Klinikum entstehen. Weitere Baufelder sind: die Klinikerweiterung durch den Funktionsneubau, das Facharztzentrum mit 16 Arztpraxen sowie Apotheke und Sanitätshaus, ein Pflegeheim mit 140 Betten, 120 Mitarbeiter-Wohnungen und ein großes Parkhaus.