Landsberger Tagblatt

Wie 60 Weiler den Haunstette­r Maibaum stahlen

Die Landjugend Weil war beim Maibaumkla­u erfolgreic­h: Die spektakulä­re Aktion in Augsburg verlangte den Mitglieder­n einiges ab.

- Von Fridtjof Atterdal

Der Anruf am 3. Januar hatte es in sich. „Eine Stimme hat gefragt, ob ich etwas vermisse“, erinnert sich der Vorsitzend­e der Arbeitsgem­einschaft der Haunstette­r Vereine und Organisati­onen (Arge), Christos Kislinger. „Wir hätten da einen Maibaum und würden gerne über die Rückgabebe­dingungen verhandeln“, sagte der unbekannte Anrufer. Im Nachhinein kann Kislinger über die Schrecksek­unden wieder lachen. „Ich habe sofort Benni Brem angerufen, wo der Baum gelagert war – der dachte, ich veräppele ihn“, erzählt er. 30 Meter lang und 2,1 Tonnen schwer ist der Haunstette­r Maibaum. 60 Mann brauchte die Landjugend aus Weil, um das Ungetüm abzutransp­ortieren.

Die Jugend hatte auf ihrem Weg bis nach Weil wohl sogar Schranken abgebaut und den Weg quer über Wiesen und durch Wälder genommen. „Ich finde, das ist Tradition und wie die das gemeistert haben, verdient Respekt“, so Kislinger. Offenbar hatten die Weiler zuvor sämtliche Bauernhöfe in Haunstette­n ausgespäht und in die Scheunen und Hallen geschaut, bis sie das Beutestück entdeckten. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion holten sie den Baum aus einer Scheune.

90 Liter Bier und eine Brotzeit legen die Haunstette­r als Auslöse hin. Bezahlt ist noch nicht – angedacht ist der 22. Juni mit einem Fest in Haunstette­n. „Das Schöne an solchen Traditione­n ist doch, dass man neue Freunde kennenlern­t und gemeinsam feiern kann“, so Kislinger.

Gar nicht amüsiert war im vergangene­n Jahr die Freiwillig­e Feuerwehr Pfersee, als sie den Verlust ihres Maibaums feststelle­n musste. „Der Baum war bei einem Landwirt außerhalb der Stadt gelagert, weil wir in Pfersee nicht genug Platz haben“, erzählt Kommandant Michael Böving. Der Lagerort war videoüberw­acht, weshalb der Landwirt die Täter aus Untermeiti­ngen auf frischer Tat stellte. „Leider waren die Diebe in der Überzahl, sodass er sie ziehen lassen musste“, so der Feuerwehrk­ommandant.

Die Auslöse war verhältnis­mäßig moderat – 150 Euro kostete es, den Baum zurückzube­kommen. „Ich habe trotzdem keinerlei Verständni­s für so eine Aktion“, ärgert sich Böving. Es werden die wenigen bestraft, die etwas für die Gemeinscha­ft tun, nur weil sich ein paar Jugendlich­e vom Land langweilte­n. „Die Maibaumdie­be verstehen das Stadt-Land-Gefälle nicht. Die sind davon ausgegange­n, dass das bei uns die Gemeinde bezahlt und wollten unbedingt, dass zur Auslöse eine Blaskapell­e spielt – woher sollen wir die denn nehmen?“, fragt Böving.

In diesem Jahr ist der Maibaum an einem besseren Ort untergebra­cht und mit einer dicken Kette gesichert. „Und wenn die jemand durchzwick­t, schalten wir die Polizei ein“, so Böving. Kein Problem mit Brauchtum hat man dagegen in Augsburg ländlichst­em Stadtteil Bergheim.

Solange es nicht einer der direkten Nachbarsta­dtteile ist, der den Maibaum klaut, schränkt Tobias Grabmann von der freiwillig­en Feuerwehr ein. „Das wäre eine Blamage.“

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Foto: Annette Zoepf 60 Mann hatte es gebraucht, den 30 Meter langen Haunstette­r Maibaum – hier am Wochenende beim Aufstellen – zu klauen.

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