Gesicht zeigen für die Demokratie
Die Initiatoren eines Bürgerbündnisses sehen die Demokratie „massiv in Gefahr“. Mit ihrer Kampagne wollen sie im Landkreis Landsberg für Respekt, Toleranz und Vielfalt einstehen.
Anfang des Jahres setzten deutschlandweit auf den Straßen unzählige Menschen ein Zeichen gegen Rechtsextremismus. Auch auf dem Landsberger Hellmairplatz gab es an einem Samstag Ende Januar eine Kundgebung mit 2500 Menschen. Mehrfach wurde in den Ansprachen betont, dass Demonstrationen in der aktuellen Situation nicht ausreichten. Ein Bürgerbündnis im Landkreis plant nun eine längerfristig andauernde Kampagne. Im Internet und in den sozialen Medien sollen Persönlichkeiten, Bürgerinnen und Bürger „Gesicht zeigen“und in Statements erläutern, weshalb sie für die Demokratie einstehen. Die Mitwirkenden Oliver Wild, Stefan D’Amore und Steffen SchmidtHug erläutern die Hintergründe.
Anlass der Demo vor drei Monaten in Landsberg waren Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correctiv über ein Treffen in Potsdam,
an dem unter anderem Politiker der Alternativen für Deutschland (AfD) und Rechtsextreme teilnahmen, sowie das generelle Erstarken rechter Kräfte. Die Initiative, die hinter der Kampagne „Wir zeigen Gesicht“steht, sieht die freiheitliche Demokratie „derzeit massiv in Gefahr“. Laut einer Pressemitteilung bedarf es daher des aktiven und engagierten Schutzes. Das hinter der Aktion stehende Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus wurde vor etwa 15 Jahren im Kreis Landsberg gegründet und nennt sich inzwischen „Bürgerbündnis für Demokratie und Menschenwürde“.
Das Bürgerbündnis stehe für die aktive Förderung einer lebendigen und pluralistischen Demokratie, heißt es weiter. Aktionen, Bildungsarbeit und öffentliche Veranstaltungen bezögen alle Menschen im Landkreis ein. „Alle, die gemeinsam eine bessere Gesellschaft gestalten wollen, finden bei uns ein offenes Ohr und zahllose unterstützende Hände – bei uns gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sich einzubringen und unsere Gemeinschaft positiv mitzugestalten.“Es solle die Botschaft in die Welt getragen werden, dass Hass und Hetze keinen Platz haben. „Wir stehen zusammen für ein Miteinander, das von Respekt, Toleranz und Vielfalt geprägt ist.“
Oliver Wild engagiert sich schon lange im Bürgerbündnis. Er sieht die Demokratie „bedroht und herausgefordert“. Daher ist es für ihn selbstverständlich, jetzt „noch aktiver“für sie einzutreten. „Und das geht nun einmal am besten plakativ, indem man Gesicht zeigt – und zwar in der Breite.“Seinen Angaben zufolge stehen bereits rund 80 Personen hinter der Kampagne, die Vereine, Kirchen sowie Vertreterinnen und Vertreter aller demokratischen Parteien hinter sich haben. Die Würde des Menschen sei Richtschnur des Zusammenlebens und nicht verhandelbar, so Oliver Wild. Wenn die damit verbundenen Werte bedroht würden, müssten Zivilgesellschaft,
Vereine und Politik mehr tun als bisher und entschlossen für die eintreten.
Der Anwalt Steffen SchmidtHug, an dessen Kanzlei am Hauptplatz ein Plakat mit der Aufschrift „Nie wieder – ist jetzt!“prangt, blickt mit Sorge auf die anstehende Europawahl und auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Laut Prognosen könnte die AfD bei den Landtagswahlen jeweils stärkste Kraft werden. Zudem höre er viel zu häufig, dass aktuell „Leute wegdriften“oder sich im persönlichen Gespräch trotz der schwierigen Situation als „unpolitisch“bezeichnen. „Wir wollen jetzt das tun, was möglich ist“, sagt er zu der Kampagne. „Und uns nicht im Nachhinein die Frage stellen lassen: Warum habt ihr nichts getan?“Wenngleich sie teils andere Lösungsansätze verfolgten, hätten sich – auch über Parteigrenzen hinweg – Gleichgesinnte für die Aktion zusammengefunden. „Wir sind viele – diese Botschaft möchten wir rüberbringen.“Stefan D’Amore sieht „ganz viel auf uns zukommen“. In der Gesellschaft nimmt er eine „latente Unruhe“wahr, die durch die vielen Krisen befeuert wird. Die Menschen würden dadurch anfälliger für alternative, gefährliche Narrative. Umso wichtiger sei es, Demokratie als einen Gestaltungsprozess zu begreifen, in den sich jeder einbringen müsse. Dazu gehöre auch, immer wieder auf aktuelle Fragen zu reagieren – als Beispiel nennt der 55-jährige Kommunikationsberater D’Amore gerade auch den Umgang mit künstlicher Intelligenz. Die Kampagne solle schon in dieser Woche starten, sagt Oliver Wild, und die Organisatoren könnten sich auch besondere Aktionen – beispielsweise zur Europawahl im Juni – vorstellen. Jeder könne mitmachen, es würden Porträtfotos und Statements veröffentlicht.
Die Internetseite www.buergerbuendnis-landsberg.de werde überarbeitet und soll zeitnah wieder erreichbar sein.