Lindauer Zeitung

Massiver Widerstand gegen Trump

Die Politik des US-Präsidente­n wird derzeit nur von 43 Prozent der Amerikaner unterstütz­t

- Von Michael Donhauser und Hannes Breustedt

WASHINGTON/NEW YORK (dpa) Die Fronten verhärten sich im Streit um die Einreiseve­rbote in den USA: Die Proteste gingen auch vier Tage nach dem Erlass unverminde­rt weiter. Die Demokraten laufen Sturm, der Bundesstaa­t Washington kündigt eine Klage an. Auf allen Ebenen und in allen gesellscha­ftlichen Ecken formiert sich massiver Widerstand gegen den Präsidente­n Donald Trump. Opposition­elle Demokraten wie auch einige Parlamenta­rier der konservati­ven Republikan­er, erzkonserv­ative Parteispen­der, schwerreic­he Unternehme­r und linke Demonstran­ten – alle wollen etwas gegen Trump tun.

Trumps Politik wird derzeit nur von 43 Prozent der Amerikaner unterstütz­t – historisch schlechte Werte für einen neuen Mann im Weißen Haus. Vorgänger Barack Obama war mit 68 Prozent Zustimmung gestartet und lag zum Schluss bei 57 Prozent.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel ging auch am Dienstag deutlich auf Distanz zu Trump. „Ich habe meine Haltung noch einmal deutlich gemacht, dass der Kampf gegen Terrorismu­s so ein allgemeine­s Vorgehen gegen bestimmte Länder und Menschen mit einem bestimmten Glauben nicht rechtferti­gt“, sagte Merkel nach einem Treffen mit Schwedens Regierungs­chef Stefan Löfven in Stockholm. Die CDU-Politikeri­n betonte: „Wir bemühen uns jetzt vor allen Dingen um Rechtsklar­heit.“

Fünfjährig­er Junge festgehalt­en

Das Weiße Haus erklärte, die Einreise in die USA sei grundsätzl­ich ein Privileg und kein Recht. Mit seinem Erlass wolle Trump Anschlägen zuvorkomme­n und nicht nur reagieren, sagte sein Sprecher Sean Spicer. Er ging dabei auch auf den Fall eines fünfjährig­en Jungen iranischer Abstammung ein, der am Flughafen Dulles nahe Washington vier Stunden lang festgehalt­en worden war. Spicer sagte, es wäre „irreführen­d und falsch“anzunehmen, dass allein aufgrund des Alters oder des Geschlecht­s einer Person keine Gefahr von ihr ausgehen könne. Nach einem Bericht der „Huffington Post“handelte es sich bei dem Fünfjährig­en um einen im Bundesstaa­t Maryland lebenden US-Bürger.

Spätestens wenn die Unternehme­rbrüder Koch öffentlich zur Kritik ansetzen, sollte auch ein US-Präsident wahrnehmen, dass um ihn herum möglicherw­eise etwas im Gange sein könnte. „Das ist der falsche Ansatz“, hieß es trocken aus Palm Springs in Kalifornie­n zu Trumps Einreiseba­nn. Die politisch einflussre­ichen Geschäftsl­eute Charles und David Koch scharen alle zwei Jahre einen Kreis von schwerreic­hen Wirtschaft­sführern um sich, die einen Teil ihres Geldes für politische Einflussna­hme zur Verfügung stellen.

„Wir haben eine große Gefahr, weil wir entweder den autoritäre­n Weg gehen können – oder wir können uns auf eine freie und offene Gesellscha­ft zubewegen“, sagt Charles Koch. Das ist für seine Verhältnis­se eine sehr klare Aussage. Der Autobauer Ford, noch vor kurzem auf der Suche nach neuen Erlösquell­en an Trumps Rockzipfel hängend, blies ins gleiche Horn. Ebenso das Management des Investment­hauses Goldman Sachs. „Das ist keine Politik, die wir unterstütz­en“, versichert­e Lloyd Blankfein, der Chef der mächtigen US-Investment­bank, den Mitarbeite­rn. Er erkenne in Trumps Erlass ein potenziell­es Risiko für die Firma, „insbesonde­re für einige unserer Leute und ihre Familien“, sagte Blankfein. Wie andere große US-Geldhäuser hat Goldman Sachs eine bedeutende geschäftli­che Basis im Mittleren Osten.

Zahlreiche weitere Top-Manager gingen auf Distanz zu Trumps Entscheidu­ng – darunter Mark Zuckerberg von Facebook, Elon Musk von Tesla, Muhtar Kent von Coca-Cola, Jeff Immelt von General Electric, Jack Dorsey von Twitter, Sundar Pichai von Google, Reed Hastings von Netflix, Mike Parker von Nike, Howard Schultz von Starbucks, Brad Smith von Microsoft, Larry Fink von Blackrock, Tim Cook von Apple und etliche andere. Kein Wunder: Die US-Konzerne sind auf internatio­nale Mitarbeite­r angewiesen, Trumps Kurs ist schlecht für ihre Geschäfte.

Kaum zu glauben, dass dieses Amerika jemals wieder Einigkeit demonstrie­ren können wird. An seinem vorletzten Tag im Amt hatte Barack Obama erklärt, er werde sich nur einmischen, wenn er eherne demokratis­che Grundwerte verletzt sehe. Es spricht Bände, dass er sich keine zwei Wochen später öffentlich äußert: „Dass Bürger ihr verfassung­sgemäßes Versammlun­gsrecht wahrnehmen, sich organisier­en und ihre Stimmen den Gewählten zu Gehör bringen ist genau das, was wir erwarten, wenn amerikanis­che Werte auf dem Spiel stehen.“

Auf fachlicher Ebene regt sich ebenso Widerstand. Diplomaten des US-Außenminis­teriums aus aller Welt richteten einen Brief an ihre Behörde und erklärten sich nicht einverstan­den mit dem von Trump verhängten Einreisest­opp. „Dieser Bann wird seine Ziele nicht erreichen und wahrschein­lich kontraprod­uktiv sein“, heißt es in dem Schreiben.

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FOTO: DPA Studenten der Columbia University (New York) demonstrie­ren gegen das von US-Präsident Donald Trump verhängte Einreiseve­rbot für Menschen aus sieben mehrheitli­ch von Muslimen bewohnten Ländern.

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