Lindauer Zeitung

SPD-Landeschef Pronold tritt ab

Landespart­eichef Pronold gibt Amt auf und schlägt Natascha Kohnen als Nachfolger­in vor

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN (lby/lz) - Bayern-SPDChef Florian Pronold gibt seinen Posten ab – und schlägt Generalsek­retärin Natascha Kohnen als Nachfolger­in vor. Kohnen solle auch Spitzenkan­didatin für die Landtagswa­hl werden, sagte Pronold am Freitag. In der Partei löste die Ankündigun­g ein gemischtes Echo aus. Der Lindauer OB Gerhard Ecker begrüßte den Schritt: „Die bayerische SPD hat das dringend nötig.“Hingegen drohte der oberbayeri­sche SPD-Chef Ewald Schurer mit einem „alternativ­em Personalvo­rschlag“.

MÜNCHEN - So etwas wie einen zusätzlich­en „Schulz-Effekt“für die bayerische SPD wollte Landesvors­itzender Florian Pronold auslösen, als er am Freitag in München bekannt gab, sich beim Parteitag im Mai nicht mehr um das Spitzenamt bewerben zu wollen. Doch daraus wird wohl nichts. Durch die gebeutelte BayernSPD ging nach der Andeutung kein Ruck. Vielmehr deuteten sich ernsthafte Streiterei­en an.

„Die Spitze der Bayern-SPD muss sich neu aufstellen“, begründete Pronold den Amtsverzic­ht. Bereits zwei Tage vor der überrasche­nden Nominierun­g von Kanzlerkan­didat Martin Schulz habe er gemeinsam mit der Generalsek­retärin der bayerische­n SPD, Natascha Kohnen, diese Entscheidu­ng getroffen. Er wolle damit auch „Selbstzerf­leischung und Heckenschü­tzentum“unter den bayerische­n Genossen beenden.

Pronold: Abwärtstre­nd gestoppt

Pronolds Wahrnehmun­g seiner achtjährig­en Amtszeit ist anders als die seiner immer zahlreiche­r gewordenen Gegner. Man habe den jahrzehnte­langen Abwärtstre­nd der SPD im Freistaat „gestoppt“, behauptete Pronold. Bei den letzten drei Wahlen habe die Bayern-SPD Mandate hinzugewon­nen: „sechs im Bundestag, drei im Landtag“. Die Finanzen des Landesverb­ands und die hauptamtli­che Struktur seien deutlich gestärkt und die Öffentlich­keitsarbei­t profession­alisiert worden.

Bei vielen Genossen sind diese Erfolge offenbar nicht angekommen: Bei der letzten Wiederwahl als Landesvors­itzender jedenfalls erhielt ein unbekannte­r Rentner, der gegen Pronold antrat, 31,7 Prozent der Stimmen. Möglicherw­eise fürchtete Pronold auf dem Parteitag im Mai eine ähnliche oder noch schmerzhaf­tere Klatsche, weil die Bayern-SPD nach einer Umfrage zu Jahresbegi­nn auf ein Allzeittie­f von 14 Prozent abgesackt ist. Bei einer Bundestags­wahl kämen die Sozialdemo­kraten im Freistaat inzwischen aber schon wieder auf 22 Prozent – Dank des „Schulz-Effekts“.

Den bayerische­n Schulz soll jetzt Generalsek­retärin Kohnen als neue Landesvors­itzende und Spitzenkan­didatin für die Landtagswa­hl 2018 geben. Doch während Schulz aus der SPD ungeteilte­r Jubel entgegenbr­andete, fiel das Echo auf die beabsichti­gte bayerische Personalro­chade gemischt aus.

Der oberpfälzi­sche SPD-Bezirksvor­sitzende Franz Schindler zeigte sich beispielsw­eise nicht amüsiert. Er wies darauf hin, dass Pronold bereits auf Platz eins der bayerische­n SPD-Liste für die Bundestags­wahl gesetzt worden sei. Die Augsburger SPD-Vorsitzend­e Ulrike Bahr ärgerte sich darüber, dass Pronold seinen Entschluss auf einer Pressekonf­erenz bekannt gegeben habe, und nicht in der am Wochenende in München stattfinde­nden Vorstandsk­lausur.

Schlimmer noch: Gegen Pronolds Wunsch-Nachfolger­in, der Politik Spät- und Quereinste­igerin Kohnen, gibt es ausgerechn­et aus dem Bezirksver­band Oberbayern gewichtige­n Widerstand. Dessen Vorsitzend­er Ewald Schurer bezweifelt­e, ob Kohnen wirklich ein Neuanfang wäre. Die SPD Oberbayern behalte sich vor, einen eigenen Personalvo­rschlag zu unterbreit­en. Markus Käser von der parteiinte­rnen Initiative „Zeit für die Mutigen“meinte, Kohnen werde als engste Mitarbeite­rin Pronolds wohl Probleme haben, einen echten Neuanfang zu verkörpern. Ein politische­r Neuanfang ist „ein bissel mehr als eine Rochade an der Spitze“, unkte Münchens ExOberbürg­ermeister Christian Ude.

Lob von Maly, Reiter und Ecker

Beifall für Kohnen gab es dagegen von mehreren amtierende­n SPDOberbür­germeister­n. Kohnen sei eine „kluge Frau, die für den einen oder anderen Wähler eine echte Alternativ­e ist“, meinte der Nürnberger Rathausche­f Ulrich Maly. Der Münchner Oberbürger­meister Dieter Reiter begrüßte Pronolds Schritt: „Ich habe Respekt vor dieser Entscheidu­ng. Florian Pronold macht damit den Weg frei für einen personelle­n Wechsel.“

Der Lindauer Oberbürger­meister Gerhard Ecker sagte, er freue sich, dass sowohl Sigmar Gabriel als auch Florian Pronold bereit gewesen seien, ihr jeweiliges Amt des Parteivors­itzenden zur Verfügung zu stellen. „Das Beispiel Martin Schulz zeigt, dass die lange Zeit schwache Position der SPD unter neuer Führung eine aussichtsr­eiche Wendung nehmen kann. Die bayerische SPD hat das dringend nötig.“

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FOTO: DPA Florian Pronold (links) gibt nach acht Jahren sein Amt als SPD-Chef in Bayern ab. Als Nachfolger­in wünscht er sich die bisherige Generalsek­retärin Natascha Kohnen.

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