Die kleine Elbphilharmonie auf dem Nebelhorn
Architektonisch bemerkenswertes Gipfelrestaurant auf dem Oberstdorfer Hausberg eingeweiht
OBERSTDORF - Einen Spitznamen hat das neue Gipfelrestaurant auf dem 2224 Meter hohen Nebelhorn bei Oberstdorf schon weg: „Kleine Elphi“nennen es bereits Einheimische. Sogar im eher herben Oberallgäuer Dialekt klingt dies richtig lieblich. Hinter „Elphi“steckt aber auch ein Stück bauernschlauer Unverfrorenheit. Mit dem Spitznamen nehmen die Oberstdorfer kurzum einen Bezug zur Hamburger Elbphilharmonie auf.
Wobei die Anspielung nicht auf den im Norden verzeichneten extremen Kostensteigerungen beruht. „Der Kostenrahmen ist nur leicht überschritten worden“, betont der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz zur offiziellen Einweihung am Freitag vor geladenen Gästen. Rund fünfeinhalb Millionen Euro musste der Zusammenschluss aus Oberstdorfer und Kleinwalsertaler Bergbahnen auf den Tisch legen.
In Hamburg wäre dies praktisch eine Summe für die Kaffeekasse gewesen. Aber auch im Reich des Bergbahnverbundes, der sich gerne „das Höchste“nennt, wirkt die Summe überschaubar. Rund um Oberstdorf und im angrenzenden Kleinwalsertal investiert er gerade rund 40 Millionen Euro. Das wirklich Bemerkenswerte auf dem Nebelhorn ist die Architektur.
Wo der Vorgängerbau als betonierter Klotz den Blick aufs Gipfelkreuz verstellt hat, schmiegt sich nun ein elegant geschwungenes Gebäude an den Berg. Viel Eschenholz wurde dabei verarbeitet. An der Außenfassade wechselt es sich mit Kupferplatten ab. Eine im Allgäu eher noch ungewöhnliche Architektur. „Aber ein richtiges Schmuckstück“, meint der Seilbahnführer kurz vor dem Eintreffen ganz oben. Alles sei in acht Monaten fertig geworden, rechtzeitig zur Wintersaison, ergänzt er. „Das ist doch super, oder?“Gelobt wurde am Freitag viel. Es war ein richtiger „Feiertag“. Das protokollarisch höchste Lob kam von der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. Um den Besuch der CSU-Politikerin hatte sich extra lokale und regionale Prominenz bemüht. „Hier wurden touristische Maßstäbe gesetzt“, ruft sie den auf der Sonnenterrasse versammelten Zuhörern zu. Und für den Moment drückt die Sonne sogar Nebelschwaden weg. Sie lässt die Kupferplatten leuchten. Schon eindrucksvoll. Das muss man als Betrachter zugeben.
Wer aber steckt hinter den Bauplänen? Mit etwas Architekturerfahrung kann in Richtung Vorarlberg getippt werden. Dort tut sich auf diesem Gebiet schon seit längerem Entscheidendes. Das kleine österreichische Bundesland ist inzwischen zu einem internationalen Pilgerort für Architekten und Architekturlehrlinge geworden. Und wirklich: Der Architekt ist Hermann Kaufmann, einer der profiliertesten seiner Zunft aus Vorarlberg. Er berichtet: „Der Gedanke war, dass sich das Restaurant in das Gipfelumfeld einzufügen hat.“
Ein Effekt dabei beschreibt Kaufmann folgendermaßen: „Wir haben auch den Gipfel wieder befreit.“In der Tat, wer jetzt mit der Bahn hochfährt, sieht ein Ensemble: Restaurant, Gipfel mit erneuertem Kreuz und alter Bergstation. Wobei letztere nicht Teil des Schmuckstücks ist und einfach funktional die Gondel aufnimmt. Dafür gibt es für Gipfelbesucher noch eine Art Zuckerl. Dies ist der sogenannte Nordwandsteig, ein Metallgittersteig entlang der Gipfelnordseite. Bis zu 600 Meter fallen unter ihm die Felshänge ab.
Schwindelfreiheit ist hier von Vorteil. „Für Touristen ist dies ein Muss“, glaubt Oberstdorfs Bürgermeister Laurent Mies. Sein Ort kann zwar wie das ganze Allgäu auf wachsende Gästezahlen verweisen. Mies weiß aber auch, dass die Konkurrenz nicht schläft: „Im Hintertreffen ist man schnell.“