Lindauer Zeitung

Plan gegen illegale Migration über das Mittelmeer

Merkel sieht noch „sehr viel Arbeit“auf EU zukommen

- Von Daniela Weingärtne­r und dpa

BRÜSSEL/VALLETTA - Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) sieht trotz des beschlosse­nen Zehn-Punkte-Plans gegen die illegale Migration über das Mittelmeer „noch sehr, sehr viel Arbeit“auf die EU zukommen. Mit dem Treffen der Staats- und Regierungs­chefs in Malta nehme die Bekämpfung der Fluchtursa­chen aber konkretere Formen an, sagte Merkel. Gleichzeit­ig drangen Merkel und ihre Kollegen auf Einigkeit. „Europa hat sein Schicksal selbst in der Hand“, sagte Merkel. Etliche der EUPolitike­r gingen offen auf Distanz zum US-Präsidente­n Donald Trump.

Die 28 europäisch­en Staats- und Regierungs­chefs hatten sich bei ihrem Sondergipf­el in Malta auf einen Zehn-Punkte-Plan geeinigt, der ähnliche Erfolge bringen soll wie der Pakt mit der Türkei. Während auf der Westbalkan­route weniger Flüchtling­e nach Europa gelangen als 2015, stieg deren Zahl auf der gefährlich­eren Mittelmeer­route sprunghaft an. Deshalb soll die Zusammenar­beit mit afrikanisc­hen Transit- und Herkunftsl­ändern intensivie­rt werden. Die Flüchtling­sroute von Libyen nach Italien soll abgeriegel­t werden.

Die Teilnehmer waren sich darin einig, dass die EU legale Einwanderu­ngsmöglich­keiten öffnen müsse und eine humanitäre Verantwort­ung für die 350 000 in Libyen gestrandet­en Flüchtling­e habe. Die Malta-Erklärung legt fest, dass die bis 2020 eingeplant­e EU-Entwicklun­gsförderun­g von 31 Milliarden Euro vorrangig für Projekte bereitsteh­en soll, die den Migrations­druck mindert. Hinzu kommen knapp zwei Milliarden Euro aus dem EU-Afrika-Fonds. Für dringende Maßnahmen im laufenden Jahr habe die EU-Kommission 200 Millionen Euro bereitgest­ellt.

Aufbauend auf der Erfahrung der Küstenschu­tz- und Seenot-Operation Sophia sollen libysche Grenzschüt­zer ausgebilde­t und mit Ausrüstung zur Küstenüber­wachung und zur Seenotrett­ung ausgestatt­et werden. Die EU arbeitet dabei mit der libyschen Regierung zusammen, deren Ministerpr­äsident Fayez Mustafa al-Sarraj zu Gesprächen in Brüssel war. Da die Regierung aber nur Teile des Landes kontrollie­rt, versucht die EU auch mit lokalen Clanchefs ins Geschäft zu kommen. Ihnen wird finanziell­e Förderung in Aussicht gestellt, wenn sie sich um Flüchtling­e kümmern und sie an der Weiterreis­e Richtung Küste hindern. Die EU versucht ferner entlang der großen Flüchtling­srouten Informatio­nskampagne­n zu starten, die die Menschen über die Gefahren und die geringen Chancen für eine Einwanderu­ng nach Europa aufklären.

Menschenre­chtsorgani­sationen kritisiere­n die EU-Maßnahmen als menschenve­rachtend. „Recht und Gesetz sind in Libyen zusammenge­brochen. Menschen aus Ländern südlich der Sahara werden ohne Prozess eingesperr­t“, erklärte Arjan Hehenkamp, dessen Organisati­on „Ärzte ohne Grenzen“in Tripolis und Umgebung sieben Internieru­ngslager betreut. Das UN-Flüchtling­shilfswerk und die Internatio­nale Organisati­on für Migration hingegen begrüßten die Beschlüsse.

 ?? FOTO: DPA ?? Die Zahl der Flüchtling­e auf der gefährlich­en Mittelmeer­route ist angestiege­n.
FOTO: DPA Die Zahl der Flüchtling­e auf der gefährlich­en Mittelmeer­route ist angestiege­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany