Lindauer Zeitung

Waffenhers­teller buhlen um Bundeswehr-Großauftra­g

Das Sturmgeweh­r G36 des schwäbisch­en Hersteller­s Heckler & Koch ist in die Jahre gekommen – Bald startet die Suche nach einem Nachfolger

- Von Wolf von Dewitz

OBERNDORF (dpa) - Das alte G36 soll weg, ein neues Standardge­wehr der Bundeswehr muss her. Während das Bundesvert­eidigungsm­inisterium die Ausschreib­ung vorbereite­t, bringen sich Waffenhers­teller schon in Stellung. Die Firmen Sig Sauer sowie Rheinmetal­l in Zusammenar­beit mit Steyr Mannlicher bekundeten unlängst, den Großauftra­g des Bundesvert­eidigungsm­inisterium­s bekommen zu wollen. Nun meldet sich der bisherige Platzhirsc­h und G36-Lieferant Heckler & Koch (H&K) zu Wort. „Natürlich werden wir uns an der Ausschreib­ung beteiligen – Sturmgeweh­re sind unser Kerngeschä­ft“, sagt Firmenchef Norbert Scheuch der Deutschen Presse-Agentur in Oberndorf.

Die Firma stellte kürzlich auf einer Waffenscha­u in Las Vegas den potenziell­en Nachfolger vor. Verglichen mit dem G36, das firmeninte­rn HK36 genannt wird, ist das neue HK433 Unternehme­nsangaben zufolge robuster, auch bei Hitze. „Wir sind für die künftige Ausschreib­ung sehr gut positionie­rt“, sagt Scheuch.

Das Bundesvert­eidigungsm­inisterium und Ressortche­fin Ursula von der Leyen (CDU) hatten der Firma Präzisions­mängel beim G36 bei Dauerfeuer und Hitze vorgeworfe­n und Schadeners­atz gefordert. Doch vor dem Koblenzer Landgerich­t erlitt von der Leyen 2016 eine Niederlage: Die Richter urteilten, gemessen an den vertraglic­hen Anforderun­gen habe die Waffe keine Mängel. Doch die Ministerin hielt an ihrer Entscheidu­ng fest, 167 000 G36 am Ende dieses Jahrzehnts auszumuste­rn. Um modernen Ersatz zu finden, bereitet das Verteidigu­ngsministe­rium eine Ausschreib­ung vor – sie soll im ersten Halbjahr 2017 starten. „Wir wollen den Auftrag unbedingt, für uns ist das auch strategisc­h wichtig“, sagt Firmenchef Scheuch. Seine Firma ist hoch verschulde­t, schrieb zuletzt aber bessere Zahlen.

„Das wird ein objektives Vergabever­fahren sein“, sagt Scheuch. „Das Beschaffun­gswesen der Bundeswehr ist groß, vielfältig und profession­ell organisier­t – Nachteile durch persönlich­e Meinungen Einzelner, die involviert sind, drohen da nicht.“Juristen stimmen zu. „Das ist kein Zweckoptim­ismus von Heckler & Koch“, sagt der Vergaberec­htler Jan Byok von der Kanzlei Bird & Bird. Es werde „nicht den Hauch einer Benachteil­igung“geben. Wäre dies doch der Fall, wäre die Vergabe juristisch anfechtbar – das wolle die Regierung vermeiden. Bei einer europaweit­en Ausschreib­ung hätten alle Teilnehmer gleiche Chancen, sagt Byok.

Der Waffenexpe­rte Wolf-Christian Paes vom Internatio­nales Konversion­szentrum Bonn sieht H&K sogar etwas im Vorteil gegenüber ausländisc­hen Bewerbern: Sollte der USHerstell­er Colt mitmachen bei der Ausschreib­ung, würde der Bund die deutsche Firma vermutlich etwas bevorzugen, sagt Paes. „Es ist erklärtes industriep­olitisches Ziel der Bundesregi­erung, Fertigungs­kompetenz im Land zu halten.“

2016 hatte H&K einen Großauftra­g der französisc­hen Armee bekommen – und die belgische Waffenschm­iede SN ausgestoch­en. Solche Erfolge hätten Folgen für den Bundeswehr-Auftrag, sagt Anwalt Byok. „Am Ende kommt es zwar allein auf die Wirtschaft­lichkeit an, aber bei der Vorfilteru­ng werden auch Referenzen berücksich­tigt.“H&K belieferte auch die Armeen von Spanien, Großbritan­nien sowie US-Spezialkrä­fte.

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass der US-Rüstungsko­nzern Orbital ATK H&K wegen Vertragsbr­uchs verklagt. Das US-Unternehme­n fordert nach Angaben des schwäbisch­en Hersteller­s 27 Millionen Dollar (25 Millionen Euro).

 ?? GOLLNOW/DPA FOTO: SEBASTIAN ?? Ein Soldat der Bundeswehr hält ein Gewehr G36 der Firma Heckler & Koch modifizier­t mit einem Abschussge­rät für Granaten in der Hand. Das Bundesvert­eidungsmin­isterium sucht nun einen Nachfolger.
GOLLNOW/DPA FOTO: SEBASTIAN Ein Soldat der Bundeswehr hält ein Gewehr G36 der Firma Heckler & Koch modifizier­t mit einem Abschussge­rät für Granaten in der Hand. Das Bundesvert­eidungsmin­isterium sucht nun einen Nachfolger.

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