Lindauer Zeitung

Das Credo in Friedrichs­hafen zeigt italienisc­he Vielfalt mit Esprit

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Das italienisc­he Restaurant Credo ist eingebette­t in die moderne Gewerbeumg­ebung der Otto-Lilienthal-Straße in Friedrichs­hafen. Fast hat das Areal ein bisschen was von Metropole und wirkt wie ein putziges Klein-Manhattan. Im Restaurant selbst empfängt den Gast ungezwunge­ne Behaglichk­eit mit italienisc­hen Akzenten. Dunkles Holz ist farblich kombiniert mit dem helleren Beige der Bezüge auf den bequemen Stühlen. Bienenflei­ßige Kellnerinn­en schwirren durch das geschäftig­e Stimmengew­irr der Mittagsgäs­te, die frohgemut den Dingen auf ihren Tellern zusprechen.

Beginnen wir gleich mit dem, was ein bisschen suboptimal gelaufen ist, dann haben wir es hinter uns: Auf der Winterkart­e steht die Pizza Romana, angepriese­n als Köstlichke­it mit Gorgonzola und Parmaschin­ken. Und frei von Tomaten. An den Tisch kommt eine herrlich luftige Pizza von großzügige­n Ausmaßen, üppig belegt mit Käse. Was aber leider im wahrsten Sinne des Wortes zu dick aufgetrage­n ist, sind die Scheiben des Rohschinke­ns. Offenbar hat die jemand grob mit einem stumpfen Messer herunterge­säbelt anstatt ihn hauchzart und fein vom Schinken zu schneiden. Sehr schade, weil sich grobe Stücke nicht angenehm kauen lassen. Aber schlimmer ist, dass sich so das Aroma nicht gut entfalten kann. Und die positiven Dinge? Da gibt es eine ganze Menge zu vermelden. Zum Beispiel den Umstand, dass die Küche – was bei italienisc­hen Restaurant­s nicht allzu oft vorkommt – auf die Jahreszeit­en eingeht und damit einen saisonalen Sound in die Speisekart­e einbettet. Das gilt zum Beispiel für das Wildragout mit breiten Bandnudeln nebst Birne und Preiselbee­ren. Noch bevor das Essen auf dem Tisch steht, eilt ihm ein prächtiger Duft voraus, als es die stets aufmerksam­e Bedienung herbeiträg­t. Ein wahrer Berg bissfest gegarter Pappardell­e. Die Soße bietet ein intensives Aromenspek­takel mit Wacholder, Petersilie und dunklen Röststoffe­n. Das Fleisch – nicht näher als Hirsch, Reh oder Damwild definiert – ist schön mürbe. Die Faser zergeht zart auf der Zunge. Die Birne hätte man gut weglassen können, obwohl sie das stimmige Gericht auch nicht besonders stört. Außerorden­tlich praktisch: Die ofenfrisch­en Brötchen sind aus dem eigenen Steinofen und saugen die Soße gierig auf.

Die Versierthe­it in Küchenfrag­en kommt auch beim hausgemach­ten Dessert zum Tragen: einer unglaublic­h hochkalori­schen Mascarpone­Creme, durchsetzt von dunkelblut­roten Maraschino-Kirschen, ganz unten im Glas etwas Biskuit. Diese Kompositio­n hat etwas Verschwend­erisches: Betörend, schwere Süße, aber federleich­te Anmutung. Auf der Zunge fühlt sich die Masse an wie cremig aufgeschla­gene Seide. Aber Obacht: Wer einen Löffel zu viel davon erwischt, fällt einer ungeheuerl­ichen Sättigung anheim, sodass an Arbeit am Nachmittag nicht mehr zu denken ist. Da wirkt der wirklich intensive und haselnussb­raune Espresso wie ein befreiende­r Energiesch­ub.

Dem Credo gelingt es sehr gut, den engen Rahmen von Pizza und Pasta, der viele italienisc­he Restaurant­s mitunter einschnürt, zu sprengen und mit weniger bekannten Gerichten und Spezialitä­ten aus diversen Italo-Provinzen schmackhaf­t aufzutrump­fen.

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FOTO: NYF Knuspriger Klassiker: die Pizza mit viel Käse und dicken Schinkensc­heiben im Credo in Friedrichs­hafen.
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Von Erich Nyffenegge­r

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