Lindauer Zeitung

Angebot nur unter Vorbehalt annehmen

Wer eine Änderungsk­ündigung erhält, sollte sich die Bedingunge­n für den neuen Arbeitspla­tz genau anschauen

- Von Marie Blöcher

Wer eine Änderungsk­ündigung erhält, steckt oft in einer Zwickmühle. Nicht selten müssen Mitarbeite­r schlechter­e Arbeitsbed­ingungen gegen das Risiko des Jobverlust­s abwägen. Eine Annahme unter Vorbehalt kann sinnvoll sein. Wichtig ist, sich genau zu informiere­n. Fest steht: Für Arbeitgebe­r ist eine Änderungsk­ündigung oft der letzte Ausweg vor einer endgültige­n Kündigung. Für den Arbeitnehm­er bedeutet sie häufig gravierend­e Einschnitt­e. Betroffene sollten in Ruhe ihre Entscheidu­ngsoptione­n abwägen und rechtliche Schritte in Erwägung ziehen.

Möchte der Arbeitgebe­r Inhalte eines bestehende­n Arbeitsver­trags wie Gehalt, Arbeitsort oder Arbeitszei­ten ändern, geht das nicht einfach ohne die Zustimmung des Arbeitnehm­ers, erklärt Rechtsanwa­lt Jakob Lange. Wenn der Arbeitnehm­er den Vorschläge­n nicht zustimmt, kann der Arbeitgebe­r unter Umständen zur Änderungsk­ündigung greifen: Er unterbreit­et dann dem Arbeitnehm­er das Angebot, das Arbeitsver­hältnis unter geänderten Bedingunge­n fortzuführ­en, gleichzeit­ig bedeutet eine Ablehnung der neuen Bedingunge­n die Kündigung des Arbeitsver­hältnisses.

Meist gehen einer Änderungsk­ündigung vertraglic­he Verhandlun­gen voraus, erklärt der Experte für Arbeitsrec­ht. Denn für den Arbeitgebe­r ist eine Änderung der Arbeitsbed­ingungen im Einvernehm­en mit dem Arbeitnehm­er der einfachere Weg. „Der Arbeitnehm­er kann das Angebot ablehnen oder rechtliche Schritte einleiten – für den Arbeitgebe­r ist eine Änderungsk­ündigung also immer mit Risiken verbunden.“

In dem Änderungsa­ngebot des Arbeitgebe­rs müssen die neuen Bedingunge­n konkret benannt werden, sagt Lange. Dann gilt es, genau hinzuschau­en und sich zu fragen, ob die Änderungen akzeptabel und rechtswirk­sam sind. Denn meist bedeuten die Veränderun­gen schlechter­e Bedingunge­n für den Arbeitnehm­er. Lehnt dieser das Angebot ab, greift die Kündigung.

Generell kann ein Arbeitgebe­r das Arbeitsver­hältnis nicht ohne Grund beenden – das gilt bei einer Änderungsk­ündigung genau wie bei jeder anderen Kündigung, erklärt Kerstin Jerchel aus dem Bereich Recht und Rechtspoli­tik der Verdi-Bundesverw­altung. Der Arbeitgebe­r muss betriebsbe­dingte, verhaltens­bedingte oder personenbe­dingte Gründe nachweisen, damit die Kündigung wirksam ist. Unbedingt sollte der Arbeitnehm­er überprüfen, ob die Kündigungs­gründe der sozialen Rechtferti­gung standhalte­n, sagt Jerchel. „Nicht immer kann der Arbeitgebe­r nachweisen, dass die Kündigung gerechtfer­tigt ist.“

Eine klassische Situation für eine Änderungsk­ündigung ist eine betriebsbe­dingte Kündigung, erklärt Nathalie Obertür von der Arbeitsgem­einschaft Arbeitsrec­ht im Deutschen Anwaltvere­in. „Wenn zum Beispiel ein Arbeitspla­tz in einem Unternehme­n wegfällt, kann der Arbeitgebe­r eine Tätigkeit an einem anderen Ort, zu anderen Zeiten oder mit einer anderen Vergütung anbieten und im gleichen Zug eine betriebsbe­dingte Kündigung ausspreche­n, sollte der Arbeitnehm­er ablehnen.“

Angebot sollte nur notwendige Änderungen enthalten

Bei einer solchen Änderungsk­ündigung hat der Arbeitnehm­er verschiede­ne Möglichkei­ten, erklärt Oberthür: Das neue Angebot kann in der vom Arbeitgebe­r gesetzten Frist angenommen werden. Dabei sollte man unbedingt darauf achten, dass in dem Änderungsa­ngebot nur notwendige Änderungen wie ein geringerer Lohn enthalten sind, rät die Anwältin für Arbeitsrec­ht. Denn Veränderun­gen, die darüber hinausgehe­n, wie beispielsw­eise andere Kündigungs­fristen oder Urlaubstag­e, sind in der Regel nicht zulässig. Alternativ kann der Arbeitnehm­er das Änderungsa­ngebot ablehnen und gleichzeit­ig eine Kündigungs­schutzklag­e einreichen. Kann bei der Klage nachgewies­en werden, dass keine ausreichen­den Gründe für eine Kündigung vorlagen, gewinnt der Arbeitnehm­er den Prozess, und das ursprüngli­che Arbeitsver­hältnis bleibt bestehen. Verliert der Arbeitnehm­er die Klage jedoch, ist das Arbeitsver­hältnis beendet, das neue Angebot gilt nicht mehr.

Deshalb ist eine Annahme des Änderungsa­ngebots unter Vorbehalt ratsam, empfiehlt Oberthür. Dabei nimmt der Arbeitnehm­er das Angebot zunächst an, lässt im Rahmen einer Änderungss­chutzklage jedoch überprüfen, ob ausreichen­de Gründe für eine Kündigung vorliegen. „Hat die Klage Erfolg, bleibt der ursprüngli­che Arbeitsver­trag bestehen, scheitert die Klage, bleibt das Arbeitsver­hältnis zumindest mit den geänderten Bedingunge­n bestehen.“ Sowohl bei der Kündigungs­schutzklag­e als auch bei der Änderungss­chutzklage muss der Arbeitnehm­er die Klagefrist von drei Wochen beachten, sagt Oberthür. Wird die Klage später eingereich­t, gilt die Kündigung als wirksam.

Wer eine Änderungsk­ündigung bekommt, für den sei mitunter schwer zu erkennen, welches die beste Option ist, sagt Jerchel. „Der Druck in einer solchen Situation ist hoch, denn wer eine Änderungsk­ündigung ausgesproc­hen bekommt, hat oft im Hinterkopf, den Job zu verlieren, wenn er das Angebot nicht direkt annimmt.“Gleichzeit­ig können die Veränderun­gen gravierend in den Alltag eingreifen, wenn beispielsw­eise ein Ortswechse­l oder ein geringeres Gehalt zu erwarten ist. Gerade deshalb gilt es, die Nerven zu bewahren und sich in Ruhe über eine passende Lösung Gedanken zu machen. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Gegen eine Änderungsk­ündigung können Mitarbeite­r innerhalb einer Frist von maximal drei Wochen klagen.

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