Lindauer Zeitung

Galerie Lutze stellt Beuys aus

Die „Editionen“haben prägnante Botschafte­n – Ausstellun­g läuft in Friedrichs­hafen

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FRIEDRICHS­HAFEN - Im Mittelpunk­t der Ausstellun­g Joseph Beuys – Editionen“in der Galerie Lutze in Friedrichs­hafen stehen Editionen – zum Beispiel ein Postkarten-Karton mit 81 Postkarten, dazu das Objekt „Letter from London“und anderes. Karten auf einfachem Material, viele mit kurzen, prägnanten Botschafte­n: „eine komprimier­te Fassung von Joseph Beuys – das komplette künstleris­che Werk in dem Karton verpackt“, wie Bernd Lutze sagt.

Da sind Botschafte­n wie „Wer nicht denken will, fliegt raus“oder „Letzte Mahnung an die Deutsche Bank“, beim nächsten Mal werde er Namen nennen. Die Deutsche Bank ist bis heute nicht aus den Schlagzeil­en gekommen. Doch was hat sich ein Künstler um Politik zu kümmern? Für Joseph Beuys war die aktive Teilnahme am Tagesgesch­ehen von eminenter Wichtigkei­t. Kunst hatte für ihn die Aufgabe, aufmerksam zu machen, wachzurütt­eln. Zusammen mit dem Schriftste­ller Michael Ende war vor Jahren bei einer Matinee in der Waldorfsch­ule in Wangen ein hellwacher Beuys zu erleben, ein Künstler, der die Finger in die Wunden der Zeit legte, und wenn es noch so schmerzte. Das spürt man auch an den ausgestell­ten Exponaten. Eine Besonderhe­it ist das Objekt „Letter from London“, eine mit Kreide beschriebe­ne Schultafel, in einer Auflage von 115 Exemplaren verlegt, ein begehrtes Sammlerobj­ekt, auf dessen Erwerb Lutze besonders stolz ist.

Beuys hat bewegt. Johannes Rau hat ihm in seiner Zeit als Kultusmini­ster von Nordrhein-Westfalen die Professur entzogen, weil er jeden Bewerber als Studenten annahm. Dass dies die Kapazitäte­n sprengte und zum Chaos führen musste, war klar, doch Beuys wollte, dass der Staat mehr Stellen schuf – der Staat aber sah andere Aufgaben für vorrangig an. Eine Postkarte markiert dieses Ereignis: „Joseph Beuys. Neue Anschrift: Staatlich ruinierte Kunstakade­mie. 4 Dusseldorf (sic), Eiskellers­trasse 1“. Auch wenn man eigentlich weiß, was Beuys wollte, tut es gut, wieder einmal daran erinnert zu werden: an den Mann, der, ausgezehrt vor Begeisteru­ng für seine Ideen, früh gestorben ist und doch unheimlich viel bewegt, initiiert hat.

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FOTO: HELMUT VOITH Galerist Bernd Lutze zeigt einen Karton voller Postkarten.

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