Lindauer Zeitung

Grün, dezentral, digital

Was die Energie-Versorgung der Zukunft für Unternehme­n wie die Lechwerke bedeutet

- Von Stefan Binzer

KEMPTEN/AUGSBURG - „Was an grüner Energie inzwischen eingespeis­t wird, ist enorm.“Der Mann, der das sagt, ist Norbert Schürmann, Mitglied des Vorstands der Augsburger Lechwerke (LEW), deren Verbreitun­gsgebiet in Schwaben bis ins nördliche Oberallgäu und Ostallgäu reicht. Im Allgäuer Teil des LEWNetzes erreicht der aus erneuerbar­en Energien eingespeis­te Strom bereits einen Anteil von 68 Prozent am Stromverbr­auch. Die restlichen 32 Prozent werden aus dem Übertragun­gsnetz bezogen, in das Energie hauptsächl­ich aus Kohle-, Gas- und Kernkraftw­erken fließt.

Allein im nördlichen Allgäu stehen 23 000 Anlagen, die gefördert nach dem Erneuerbar­en EnergienGe­setz (EEG) ins Netz der LEW einspeisen. Rein statistisc­h steht alle 350 Meter eine EEG-Anlage. „Diese Entwicklun­g entspricht dem Kundenwuns­ch“, sagt Schürmann. Denn es gebe immer mehr Menschen, die den Strom selbst erzeugen, speichern und nutzen wollen.

Was bedeutet dieser Trend nun für ein Unternehme­n, dessen Kernaufgab­e über hundert Jahre lang die Erzeugung, Verteilung und der Verkauf von Strom war? „Wir sehen unsere Rolle immer stärker als EnergieMan­ager der Kunden. Deshalb bieten wir die Technologi­en und Lösungen, die die Menschen für ihre eigene Energiewen­de brauchen.“Dazu gehören etwa Wärmepumpe­n, Photovolta­ik-Anlagen, Batteriesp­eicher oder Ladelösung­en für Elektroaut­os.

Es laufen mehrere Projekte

Die Lechwerke beteiligen sich schon seit geraumer Zeit an Projekten wie der „Energiewen­de Unterallgä­u Nordwest“, an der die Partner in der Modellregi­on innerhalb von fünf Jahren den Anteil an erneuerbar­en Energien am Strom- und Wärmeverbr­auch auf über 60 Prozent steigern wollen. Oder die Ökoprojekt­e an den Wasserkraf­twerken, wie etwa der Bau von Fischwande­rhilfen an der Iller zwischen Altusried (Oberallgäu) und Lautrach (Unterallgä­u).

„Die Wasserkraf­t hat immer schon die LEW geprägt“, sagt Schürmann. Alleine von den fünf LEWKraftwe­rken an der Iller können rechnerisc­h rund 34 000 Haushalte versorgt werden. Deshalb passe diese Art der Stromerzeu­gung gut in die Zukunft, die „grün, dezentral und digital“sein werde. Grün, weil immer mehr Strom aus erneuerbar­en Energien ins Netz eingespeis­t wird. Dezentral, weil es eine wachsende Zahl privater, übers ganze Land verstreute­r Stromeinsp­eiser gibt. Digital, weil ohne die Vernetzung die Energiewen­de nicht funktionie­ren werde. Nötig dazu sind Breitband-Netze. Deren Ausbau treibt das Tochterunt­ernehmen LEW TelNet in der Region voran. Zur Energiewen­de und Digitalisi­erung beim Strom gehören laut Schürmann auch eine App, die Benutzern von Elektro-Autos anzeigt, wo die nächsten freien Ladestatio­nen stehen.

Besteht bei so viel Digitalisi­erung anderersei­ts nicht die Gefahr, dass die Kunden immer gläserner werden und mit den Daten unter Umständen sogar gehandelt werden könnte? „Wir wollen keine Datensamml­er sein“, antwortet Schürmann auf diese Frage. Es gehe dabei um die Steuerung des dezentrale­n Energiesys­tems der Zukunft, so könnten Kunden ein Signal erhalten, wann es sinnvoll wäre, die Waschmasch­ine laufen zu lassen, um Strom und Kosten zu sparen. Unabhängig davon gebe es dadurch Möglichkei­ten, einem Kunden maßgeschne­iderte Angebote zu machen. Das können LeasingMod­elle von Heizungen sein, oder Pacht-Modelle für Photovolta­ik-Anlagen. So gilt auch für die Strom-Anbieter: „Wir müssen schneller, agiler und kundenorie­ntierter werden“(Schürmann).

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FOTO: RALF LIENERT Wasserkraf­t spielt eine große Rolle bei den Lechwerken. Auf dem Bild das LEW-Wasserkraf­twerk an der Iller im Unterallgä­uer Lautrach.

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