Grün, dezentral, digital
Was die Energie-Versorgung der Zukunft für Unternehmen wie die Lechwerke bedeutet
KEMPTEN/AUGSBURG - „Was an grüner Energie inzwischen eingespeist wird, ist enorm.“Der Mann, der das sagt, ist Norbert Schürmann, Mitglied des Vorstands der Augsburger Lechwerke (LEW), deren Verbreitungsgebiet in Schwaben bis ins nördliche Oberallgäu und Ostallgäu reicht. Im Allgäuer Teil des LEWNetzes erreicht der aus erneuerbaren Energien eingespeiste Strom bereits einen Anteil von 68 Prozent am Stromverbrauch. Die restlichen 32 Prozent werden aus dem Übertragungsnetz bezogen, in das Energie hauptsächlich aus Kohle-, Gas- und Kernkraftwerken fließt.
Allein im nördlichen Allgäu stehen 23 000 Anlagen, die gefördert nach dem Erneuerbaren EnergienGesetz (EEG) ins Netz der LEW einspeisen. Rein statistisch steht alle 350 Meter eine EEG-Anlage. „Diese Entwicklung entspricht dem Kundenwunsch“, sagt Schürmann. Denn es gebe immer mehr Menschen, die den Strom selbst erzeugen, speichern und nutzen wollen.
Was bedeutet dieser Trend nun für ein Unternehmen, dessen Kernaufgabe über hundert Jahre lang die Erzeugung, Verteilung und der Verkauf von Strom war? „Wir sehen unsere Rolle immer stärker als EnergieManager der Kunden. Deshalb bieten wir die Technologien und Lösungen, die die Menschen für ihre eigene Energiewende brauchen.“Dazu gehören etwa Wärmepumpen, Photovoltaik-Anlagen, Batteriespeicher oder Ladelösungen für Elektroautos.
Es laufen mehrere Projekte
Die Lechwerke beteiligen sich schon seit geraumer Zeit an Projekten wie der „Energiewende Unterallgäu Nordwest“, an der die Partner in der Modellregion innerhalb von fünf Jahren den Anteil an erneuerbaren Energien am Strom- und Wärmeverbrauch auf über 60 Prozent steigern wollen. Oder die Ökoprojekte an den Wasserkraftwerken, wie etwa der Bau von Fischwanderhilfen an der Iller zwischen Altusried (Oberallgäu) und Lautrach (Unterallgäu).
„Die Wasserkraft hat immer schon die LEW geprägt“, sagt Schürmann. Alleine von den fünf LEWKraftwerken an der Iller können rechnerisch rund 34 000 Haushalte versorgt werden. Deshalb passe diese Art der Stromerzeugung gut in die Zukunft, die „grün, dezentral und digital“sein werde. Grün, weil immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz eingespeist wird. Dezentral, weil es eine wachsende Zahl privater, übers ganze Land verstreuter Stromeinspeiser gibt. Digital, weil ohne die Vernetzung die Energiewende nicht funktionieren werde. Nötig dazu sind Breitband-Netze. Deren Ausbau treibt das Tochterunternehmen LEW TelNet in der Region voran. Zur Energiewende und Digitalisierung beim Strom gehören laut Schürmann auch eine App, die Benutzern von Elektro-Autos anzeigt, wo die nächsten freien Ladestationen stehen.
Besteht bei so viel Digitalisierung andererseits nicht die Gefahr, dass die Kunden immer gläserner werden und mit den Daten unter Umständen sogar gehandelt werden könnte? „Wir wollen keine Datensammler sein“, antwortet Schürmann auf diese Frage. Es gehe dabei um die Steuerung des dezentralen Energiesystems der Zukunft, so könnten Kunden ein Signal erhalten, wann es sinnvoll wäre, die Waschmaschine laufen zu lassen, um Strom und Kosten zu sparen. Unabhängig davon gebe es dadurch Möglichkeiten, einem Kunden maßgeschneiderte Angebote zu machen. Das können LeasingModelle von Heizungen sein, oder Pacht-Modelle für Photovoltaik-Anlagen. So gilt auch für die Strom-Anbieter: „Wir müssen schneller, agiler und kundenorientierter werden“(Schürmann).