Ein Ferienjobber - Ein Stock
Personalmangel hat Auswirkungen in Heimen
KEMPTEN/OBERALLGÄU (jan) - Der Prozess um die Scheinselbstständigkeit freiberuflicher Pflegekräfte gab Einblicke über die Auswirkungen des Personalnotstands in Heimen. Dort übernehmen Praktikanten unbeaufsichtigt viele Helferdienste, Übergangskräften werden ohne Einweisung in die Interna der Einrichtung Pflegebedürftige zugewiesen.
Die Vorgaben für das, was eine Pflegekraft in Heimen können muss, was sie machen darf und was nicht, sind klar geregelt. Altenpflegehelfer und Praktikanten dürfen die sogenannte Grundpflege erledigen: Senioren morgens aus dem Bett holen, sie waschen, an- und ausziehen, ihnen beim Essen behilflich sein, Bettlägerige umlagern. Examinierte Kräfte erledigen darüber hinaus die sogenannte Behandlungspflege: Zum Beispiel Medikamente verabreichen, Spritzen setzen, Verbände anlegen. Fast alles muss schriftlich dokumentiert werden.
Als Zeuge vor Gericht sagte ein junger Mann Folgendes aus: Er habe in dem Heim Ferienarbeit absolviert, während seiner Ausbildung zum Physiotherapeuten. Welche pflegerische Qualifikation hat er mitgebracht?, wollte der Richter wissen. Seine Mutter und seine Schwester seien vom Fach, kam als Antwort. Während seiner Tätigkeit sei er für die Heimbewohner eines ganzen Stockwerks zuständig gewesen. Wurde er dabei begleitet und wurde seine Arbeit kontrolliert? Nein, nicht dass er wüsste.
Eine Altenpflegehelferin wurde „von der Tante eines Bekannten“in das Heim vermittelt. Sie brauchte dringend Geld, vereinbarte ein 100-StundenKontingent, arbeitete eigenen Angaben zufolge zehn Tage am Stück jeweils zehn Stunden lang. Danach hatte sie fünf Tage frei. „Irgendein Vorgesetzter“habe ihr zugewiesen, „was zu tun ist“. Obwohl sie Helferin ist, habe sie auch Medikamente verabreicht. Auch sie sagte als Zeugin: Sie hat vollkommen eigenständig gearbeitet. Ein anderer Zeuge hat während seiner Ausbildung zum Altenpfleger Pflichtpraktikumsstunden in dem Heim absolviert. Begleitet wurde er dabei nicht etwa vom Heimpersonal, sondern von weiteren angeheuerten freiberuflichen Kräften. Zwischendurch sei aber auch er allein gewesen bei der Arbeit.
Während seiner Tätigkeit sei er für die Heimbewohner eines ganzen Stockwerks zuständig gewesen. Einer der Zeugen vor Gericht