Umverteilung von Flüchtlingen in EU noch zu langsam
Kommission macht Druck auf Mitgliedsstaaten – Slowakei, Polen und Ungarn ziehen nicht mit
BRÜSSEL - Beim Gipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs vor wenigen Tagen auf Malta wurde das strittige Thema Lastenausgleich und Umverteilung von Flüchtlingen ausgeklammert. Doch am Mittwoch veröffentlichte die EU-Kommission unverdrossen eine Zwischenbilanz, die jetzt für neuen Ärger sorgt.
Danach ist die im September 2015 vereinbarte Umsiedlung von 160 000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien in weniger belastete EU-Länder nicht einmal annähernd bewältigt worden. 3200 Flüchtlinge konnten aus Italien in ein anderes Aufnahmeland reisen, 8766 Menschen aus Griechenland.
Besser funktioniert die Umsiedlung aus Lagern außerhalb der EU. Von dort sollen laut Gemeinschaftsbeschluss 22 000 Menschen einreisen dürfen. Knapp 14 000 Flüchtlinge aus nordafrikanischen Lagern wurden seit Juli 2015 in die Mitgliedsländer verteilt. Großbritannien nahm 2200 auf, Norwegen knapp 3000, gefolgt von Deutschland mit 1213 Plätzen und den Niederlanden, wo rund 1000 Flüchtlinge unterkamen.
Weitere 3098 Menschen wurden im Rahmen des EU-Türkeipakts aus den türkischen Lagern geholt – in der Theorie soll die Zahl den Abschiebungen aus Griechenland in die Türkei entsprechen. In der Praxis aber werden diese Abschiebungen von griechischen Gerichten gestoppt.
Einige Länder, darunter Deutschland, beteiligen sich an allen vereinbarten Umsiedlungsprogrammen. Großbritannien nimmt am Umsiedlungsprogramm aus Griechenland und Italien dagegen gar nicht teil, weil es das Konzept einer gemeinsamen Flüchtlings- und Asylpolitik grundsätzlich ablehnt. Auch Polen und Ungarn haben keinen einzigen Flüchtling aufgenommen.
Die Slowakei, die zurzeit gegen die Vereinbarung vor dem Europäischen Gerichtshof klagt, hat lediglich neun Flüchtlinge aus Griechenland in ihr Land gelassen. Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans appellierte am Mittwoch nochmals eindringlich an die Regierungen, ihre Zusagen einzuhalten und Druck auf widerspenstige Kollegen auszuüben. Sonst werde die EUKommission ab März „andere Optionen in Betracht ziehen“, drohte er. Ein Vertragsverletzungsverfahren sei dann nicht mehr ausgeschlossen.
Es ist aber wenig wahrscheinlich, dass die EU-Kommission diese Drohung wahrmachen wird. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker war in den vergangenen Monaten von der Forderung abgerückt, die Umsiedlungen zu erzwingen. In Brüssel hatte sich die Überzeugung durchgesetzt, dass eine solche Politik nicht gegen den massiven Widerstand der Bevölkerung durchzusetzen ist und zur weiteren Entfremdung zwischen der EU-Bürokratie und den Bürgern beitragen könnte.