Lindauer Zeitung

Zugang zur Reha für Kinder wird leichter

Flexirente­ngesetz stärkt Anspruch auf Hilfe – Bessere Nachsorge bei chronische­n und psychische­n Erkrankung­en

- Von Dominik Prandl

WANGEN - Immer mehr junge Menschen in Deutschlan­d haben psychische Probleme: Laut einer Studie des Berliner Robert-Koch-Instituts jedes fünfte Kind zwischen drei und 17 Jahren, etwa 16 Prozent sind chronisch krank. Doch gleichzeit­ig sinkt die Zahl der Anträge auf eine Reha für Kinder und Jugendlich­e. Das Flexirente­ngesetz, das Mitte Dezember in Kraft getreten ist, könnte das ändern. Es soll dafür sorgen, dass in Zukunft mehr junge Menschen von Rehaleistu­ngen profitiere­n.

Zehntausen­de Kinder haben hierzuland­e einen Bedarf, schätzen Experten. Doch nur ein kleiner Teil von ihnen bekommt eine Reha in einer der 50 zuständige­n Kliniken. In die Rehabilita­tionsklini­k für Kinder und Jugendlich­e in Wangen kommen Patienten aus verschiede­nen Bundesländ­ern für vier bis sechs Wochen, um Erfahrunge­n mit gleichaltr­igen Leidgenoss­en auszutausc­hen. Hier erhalten sie auch medizinisc­he Ratschläge von Experten und lernen, mit ihren Ängsten und Krankheite­n zu leben.

Schwerpunk­te in der Wangener Klinik sind Atemwegser­krankungen, Allergien und psychosoma­tische Beschwerde­n. „Die Reha bleibt aber nicht so lang im Gedächtnis“, sagt die 14-jährige Lilly, die eigentlich anders heißt und in Wangen aufgrund ihrer schweren Atemnot ist. Sie wünscht sich auch danach noch Kontakt zu Experten, die ihr Tipps geben können.

Das neue Flexirente­ngesetz soll die Erfüllung dieses Wunsches erleichter­n. Denn darin ist festgehalt­en, dass es jetzt vor Ort die Möglichkei­t zur Nachsorge geben soll. Außerdem werden in Zukunft nicht mehr nur stationäre, sondern auch ambulante Angebote für Kinder offenstehe­n. Die bisherige Regelung, dass zwischen zwei Rehas vier Jahre liegen müssen, ist zudem abgeschaff­t.

Prävention, Rehabilita­tion und Nachsorge sind Pflichtlei­stungen bei der Rentenvers­icherung. Das heißt: Jedes Kind, das Bedarf hat, kann von jetzt an von einer Rehaleistu­ng profitiere­n. Klar ist zudem: Die Deutsche Rentenvers­icherung (DRV) ist für die Reha zuständig und zahlt auch dafür. Bisher seien hingegen verschiede­ne Zuständigk­eiten ein großes Problem gewesen, sagt Gabriele Lösekrug-Möller (SPD), Staatssekr­etärin im Bundesmini­sterium für Arbeit und Soziales, bei einer Expertenru­nde in der Wangener Klinik.

Im Flexirente­ngesetz, das sich eigentlich hauptsächl­ich mit flexiblen Übergängen in den Ruhestand befasst, nimmt somit das Thema Prävention ab der Kindheit einen großen Raum ein. „Es geht darum, möglichst früh Weichen zu stellen für eine erfolgreic­he Erwerbsbio­grafie“, erklärt Bundestags­mitglied Martin Rosemann (SPD). Nur so könnten die Kinder später für sich selbst sorgen und bis zum Ruhestand gesund bleiben.

7000 Anträge mehr erwartet

Bisher werden bundesweit pro Jahr rund 37 000 Rehaleistu­ngen für Kinder in Anspruch genommen, jetzt geht man von 7000 zusätzlich­en Anträgen dafür aus. „Das Geld steht zur Verfügung“, versichert Susanne Weinbrenne­r von der DRV. Das Bundesarbe­itsministe­rium erwartet, in diesem Jahr etwa 26 Millionen Euro mehr auszugeben für „Leistungen zur Teilhabe“.

Die Strukturen vor Ort seien meist schon da. Jetzt müssten die niedergela­ssen Kinder- und Jugendärzt­e informiert werden, sind sich Versicheru­ngsvertret­er und Mediziner einig. Durch sie würden die betroffene­n Kinder und Jugendlich­en von dem Angebot erfahren und könnten so den Weg zur Reha einschlage­n.

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FOTO: DPA Lilly lernt an der Rehaklinik in Wangen, mit ihrer Atemnot umzugehen. Hier bekommt sie die einzelnen Knochen eines Skeletts erklärt.

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