Lindauer Zeitung

Bauernkrie­g in Schüttelre­imen

Kritiker fordern Rücktritt der Umweltmini­sterin – Südwest-Grüne verteidigt sie – Steuerzahl­erbund schimpft

- Von Katja Korf und Benjamin Wagener

STUTTGART/RAVENSBURG - Jetzt ist es passiert: Baden-Württember­gs Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) hat mit einem eigenem Vers auf die Schüttelre­ime im Bauernkale­nder von Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) reagiert. „Bauernbash­ing ist nicht fein, das fällt nur Frau Hendricks ein“, dichtete Hauk – als Antwort auf die Bauernrege­ln, mit denen Hendricks sich gegen die Missstände in der Landwirtsc­haft wendet. Doch der Minister beließ es nicht nur beim Reimen, sondern legte Hendricks den Rücktritt nahe. „Es sind schon Minister wegen unwichtige­rer Dinge zurückgetr­eten“, sagte Hauk der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Anlass für die Poesie Hauks und die damit verbundene Rücktritts­forderung ist eine Kampagne des Bundesumwe­ltminister­iums, mit der die SPD-Politik für eine umweltfreu­ndlichere Agrarpolit­ik wirbt. „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinest­all zu klein“, lautet eine der elf Bauernrege­ln von Hendricks. Oder: „Haut Ackergift die Pflanzen um, bleiben auch die Vögel stumm.“Und: „Steh’n im Stall zu viele Kühe, macht die Gülle mächtig Mühe.“Auf Plakaten in mehr als 70 Städten, auf Ansichtska­rten und über Social Media wirbt Hendricks für eine Reform der europäisch­en Agrarförde­rung.

Bundesland­wirtschaft­sminister Christian Schmidt (CSU) wirft Hendricks nun vor, „das alte Klischee einer

zurückgebl­iebenen Landbevölk­erung zu bedienen, die grobschläc­htig mit Tieren und Natur umgeht“. Schmidt könne nicht erkennen, „wie diese Kampagne ein Sachbeitra­g zur Zukunft der Landwirtsc­haft sein soll“, sagte der Minister im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer nannte die Bauernrege­ln nicht nur eine „Verunglimp­fung, sondern eine Beleidigun­g“. Er rief Hendricks am Mittwoch dazu auf, sich bei den Bauern zu entschuldi­gen – und sprach damit dem Bauernverb­and aus der Seele, der sich in Briefen und Protestnot­en gegen den Vorstoß von Hendricks gewandt hatte. Auch eine Klasse der Schwäbisch­en Bauern in Bad Waldsee (Kreis Ravensburg) hatte sich in einem Schreiben an die Ministerin empört über Inhalt und Wortwahl gezeigt.

Das Umweltmini­sterium wies diese Kritik scharf zurück. Eine Sprecherin sprach in der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“von einer „bewussten Fehldeutun­g“: Erst durch die Behauptung, es „handele sich angeblich um eine Kampagne gegen die gesamte Landwirtsc­haft, wird doch ein Zungenschl­ag herbeigere­det, den es auf den Plakaten gar nicht gibt“. Die Kampagne prangere nicht „alle Bauern“an und diffamiere nicht „den Landwirt“, betonte sie. Auch Südwest-Grünen-Chefin Sandra Detzer sieht keinerlei Anlass zu Kritik: „Ich finde die neuen Bauernrege­ln von Frau Hendricks ja super“, schreibt die Politikeri­n auf Facebook und verlinkt auf die„ wunderbare­n Sprüche “. Weiter heißt es :„ Warum sich der CSU Landwirtsc­haftsminis­ter darüber aufregt: keine Ahnung .“Damit verstörte Detzer wiederum die Südwest-CDU, die Politikeri­n auffordert­e ihre Unterstütz­ung für Hendricks zurückzune­hmen .„ Wir sind irritiert, Detzer hat offenbar wenig Verständni­s und Einfühlung­svermögen für die Situation unserer bäuerliche­n Familien betriebe .“

Millionens­chwere Verschwend­ung

Die Lebensmitt­elhändler Edeka und Rewe wollten sich auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“nicht zu der Debatte äußern, auch die Bioverbänd­e Demeter, Bioland und Biokreis kommentier­ten den Streit nicht. Der Bund der Steuerzahl­er nahm dagegen kein Blatt vor den Mund und kritisiert­e, die 1,6 Millionen Euro teure Kampagne gehe auf Kosten der Steuerzahl­er. „Das ist Verschwend­ung – nicht bauernschl­au.“Und weiter: „Wenn Ministerie­n grundsätzl­iche Auffassung­sunterschi­ede haben, darf ein solcher Disput nicht mit einer millionens­chweren Kampagne ausgetrage­n werden.“Auch wenn die beiden Seiten dichtend gegeneinan­der antreten.

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FOTO: DPA Baden-Württember­gs Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU): Das geht so nicht!
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FOTO: DPA Deutschlan­ds Umweltmini­sterin Barbara Hendricks (SPD): So geht das nicht?

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