Lindauer Zeitung

Schmerzens­geld wegen HIV-Infektion

Frau erhält nach Aids-Ansteckung 71 000 Euro zugesproch­en

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MÜNCHEN (dpa) - Eine Frau lernt einen Mann kennen. Die beiden treffen sich öfter – irgendwann geht es um Sex. Weil die Ex-Freundin des Mannes an einer Immunschwä­che gestorben ist, besteht die Frau auf einen Aidstest, bevor sie das erste Mal sexuellen Kontakt haben. Ein paar Monate später ist sie selbst HIV-positiv.

Die inzwischen 60-Jährige hat nun vor dem Oberlandes­gericht München 71 000 Euro Schmerzens­geld plus Zinsen zugesproch­en bekommen. Der Mann muss außerdem ihre Anwaltskos­ten übernehmen und für eventuelle materielle und immateriel­le Schäden, die der Frau künftig entstehen, zu zwei Dritteln aufkommen. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu.

Die 60-Jährige hatte in dem Zivilproze­ss 160 000 Euro Schmerzens­geld von dem Mann verlangt, den sie 2012 kennenlern­te und der sie mit HIV angesteckt haben soll. Er habe entgegen der Absprache nur einen allgemeine­n Gesundheit­scheck und keinen Aidstest gemacht und gesagt, bei ihm sei alles in Ordnung.

„Im Grunde genommen hat die Person, die von einer HIV-Infektion Kenntnis hat, eine Aufklärung­s-und Offenbarun­gspflicht“, erläutert der Berliner Anwalt für Medizinrec­ht, Volker Loeschner. „Das liegt daran, dass HIV durchaus tödlich verlaufen und somit eine gefährlich­e Körperverl­etzung oder sogar eine Körperverl­etzung mit Todesfolge vorliegen kann. Der Mann hat dann möglicherw­eise seine Sorgfalts-und – so komisch das in diesem Zusammenha­ng klingen mag – Verkehrssi­cherungspf­licht verletzt.“

Das Gericht befasste sich auch mit der Frage, wann die Ansteckung mit dem HI-Virus stattgefun­den hat. Nach Ansicht eines sachverstä­ndigen Arztes geschah das wahrschein­lich nicht gleich beim ersten Geschlecht­sverkehr, sondern später. Der Zeitpunkt war aus Sicht des Gerichts wichtig, weil es die Möglichkei­t gibt, dass die Klägerin zu dem Zeitpunkt schon Zweifel an dem behauptete­n Aidstest gehabt haben könnte. In dem Fall könne eine „eigenveran­twortliche Selbstgefä­hrdung“der Frau nicht ausgeschlo­ssen werden. So fällt das Schmerzens­geld auch deutlich geringer aus als in erster Instanz am Landgerich­t München, als der Frau 110 000 Euro zugesproch­en worden waren.

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FOTO: TIERPARK HELLABRUNN/DPA Nach der Arbeit ist gut ruh’n: Eisbärenid­ylle im Münchner Tierpark Hellabrunn.

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