Lindauer Zeitung

Eine Chance für die Streuobstw­iesen

Ökopunkte könnten die unwirtscha­ftlich gewordene Pflege wieder attraktive­r machen

- Von Jan Peter Steppat

ACHBERG (jps) - Quasi im Selbstvers­uch testet Johannes Aschauer, wie mithilfe von Ökopunkten Anlage und Pflege für Landwirte wirtschaft­lich attraktive­r werden könnte. Achbergs Bürgermeis­ter glaubt nach einem Telefonat mit dem Landratsam­t jedenfalls an entspreche­nde Chancen.

Normalerwe­ise beschäftig­t sich der gemeinsame Ausschuss der Verwaltung­sgemeinsch­aft Wangen/ Achberg/Amtzell hauptsächl­ich mit Anpassunge­n des für die drei Kommunen gültigen Flächennut­zungsplans. Das mit der Zukunft der im Landschaft­sbild immer rarer werdenden Streuobstw­iesen ein ganz anderes Thema letztlich inhaltlich­er Schwerpunk­t wurde, lag hauptsächl­ich an Aschauer. Denn der schilderte, wie die so genutzten, aber aufgrund mangelnder Wirtschaft­lichkeit immer mehr brach liegenden Flächen für Landwirte wieder einträglic­her werden könnten.

Mit Ökopunkten handeln und Geld verdienen

Der Achberger Bürgermeis­ter, selbst Inhaber mehrerer Hektar entspreche­nd genutzten Landes, hatte sich bei der Kreisverwa­ltung wegen möglicher Förderunge­n kundig gemacht und nach seiner Darstellun­g folgendes erfahren: Für die Nachpflanz­ung auf „vergreiste­n“Streuobstw­iesen gebe es 25 Euro pro Baum.

Vor allem aber könnten sich entspreche­nd erlangte Ökopunkte in barer Münze auszahlen. Seine für rund 1,3 Hektar verpachtet­es Land bringe dann und nachfolgen­d langjährig­er Pflege rund 60 000 Ökopunkte. Diese sind handelbar und brächten am Markt aktuell einen Ertrag von einem bis 1,20 Euro pro Punkt. Hinzu kommt eine langfristi­ge Verzinsung. Aschauers Fazit: „Die Fläche bringt richtig Geld, da kann man nur Werbung für machen.“

Letzteres will er bei seinen Gemeinderä­ten tun. Denn der Bürgermeis­ter plant, die in Aussicht gestellten Ökopunkte idealerwei­se an die Gemeinde Achberg zu verkaufen. Hintergrun­d: Ökopunkte sind für Städte und Gemeinden bei der Neuausweis­ung von Bauflächen als naturschut­zrechtlich­er Ausgleich wichtig.

Hellhörig wurden die anderen Ausschussm­itglieder aber nicht deswegen, sondern aufgrund des von Achbergs Bürgermeis­ter geschilder­ten Prinzips. Denn die Möglichkei­t blieb offenbar weitgehend im Verborgene­n, wie sich bei der anschließe­nden Debatte herausstel­lte. „Das ist mir neu“, sagten beispielsw­eise der Amtzeller Gemeindera­t Otto Allmending­er (Unabhängig­e Liste) und der Wangener GOL-Stadtrat Siegfried Spangenber­g. Auch Wangens Oberbürger­meister Michael Lang staunte: „Ich glaube, dass dieser Weg unbekannt ist.“

Pflege der Streuobstw­iesen für Landwirte oft unmöglich

Allmending­er, als Landwirt selbst Eigentümer von zwei Wiesen, fand, die Politik habe die Bauern hier im Stich gelassen. Zum Grundprobl­em sagte er: „Die Bäume sind schön, aber davon kann ich nicht leben.“Wangens CDU-Stadtrat Werner August Müller verdeutlic­hte: Immer weniger Leute bewirtscha­fteten immer größere Höfe. Da sei die Pflege von Streuobstw­iesen nicht mehr möglich. OB Lang glaubt, dass Streuobst vor diesen Hintergrün­den für Landwirte zum „Ballastthe­ma“geworden seien. Die prognostiz­ierte Folge: Nachfolgen­de Generation­en zögen sich von der Pflege zurück, die Streuobstw­iesen stürben in den kommenden 20 bis 30 Jahren weg.

Im Zusammenha­ng mit den Ökopunkten kamen in der Sitzung auch Probleme bei der Ausweisung von Ausgleichs­flächen auf den Tisch: Johannes Aschauer haderte damit, dass Kommunen dafür verstärkt und großflächi­g hochwertig­e Wiesen in Anspruch nähmen, die dann anderweiti­g nicht mehr nutzbar wären. Deshalb riet er zum Naturschut­zausgleich entlang von renaturier­ten Bachläufen. Dort sei bis zu einem bestimmten Abstand die landwirtsc­haftliche Nutzung ohnehin verboten.

Auch hier kam ein praktische­s Beispiel zum Tragen: OB Lang berichtete, Kommunen hätten für derlei Gewässerra­ndstreifen Vorkaufsre­chte. Die Stadt habe diese bereits in dem von Aschauer zur Sprache gebrachten Sinn gezogen.

Fazit des Nachmittag­s: „Wir haben hier einen sehr kreativen Ausschuss“, sagte Siegfried Spangenber­g. Er hatte das Thema „Streuobstw­iesen“durch eine entspreche­nde Frage aufs Tapet gebracht.

 ?? FOTO: PHILIPP RICHTER ?? Streuobstw­iesen bieten ein idyllische­s Bild. Doch die Wiesen werden wegen mangelnden wirtschaft­lichen Ertrags immer seltener. Ökopunkte können jetzt aber ein Ausweg für Landwirte bieten.
FOTO: PHILIPP RICHTER Streuobstw­iesen bieten ein idyllische­s Bild. Doch die Wiesen werden wegen mangelnden wirtschaft­lichen Ertrags immer seltener. Ökopunkte können jetzt aber ein Ausweg für Landwirte bieten.

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