Eine Chance für die Streuobstwiesen
Ökopunkte könnten die unwirtschaftlich gewordene Pflege wieder attraktiver machen
ACHBERG (jps) - Quasi im Selbstversuch testet Johannes Aschauer, wie mithilfe von Ökopunkten Anlage und Pflege für Landwirte wirtschaftlich attraktiver werden könnte. Achbergs Bürgermeister glaubt nach einem Telefonat mit dem Landratsamt jedenfalls an entsprechende Chancen.
Normalerweise beschäftigt sich der gemeinsame Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft Wangen/ Achberg/Amtzell hauptsächlich mit Anpassungen des für die drei Kommunen gültigen Flächennutzungsplans. Das mit der Zukunft der im Landschaftsbild immer rarer werdenden Streuobstwiesen ein ganz anderes Thema letztlich inhaltlicher Schwerpunkt wurde, lag hauptsächlich an Aschauer. Denn der schilderte, wie die so genutzten, aber aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit immer mehr brach liegenden Flächen für Landwirte wieder einträglicher werden könnten.
Mit Ökopunkten handeln und Geld verdienen
Der Achberger Bürgermeister, selbst Inhaber mehrerer Hektar entsprechend genutzten Landes, hatte sich bei der Kreisverwaltung wegen möglicher Förderungen kundig gemacht und nach seiner Darstellung folgendes erfahren: Für die Nachpflanzung auf „vergreisten“Streuobstwiesen gebe es 25 Euro pro Baum.
Vor allem aber könnten sich entsprechend erlangte Ökopunkte in barer Münze auszahlen. Seine für rund 1,3 Hektar verpachtetes Land bringe dann und nachfolgend langjähriger Pflege rund 60 000 Ökopunkte. Diese sind handelbar und brächten am Markt aktuell einen Ertrag von einem bis 1,20 Euro pro Punkt. Hinzu kommt eine langfristige Verzinsung. Aschauers Fazit: „Die Fläche bringt richtig Geld, da kann man nur Werbung für machen.“
Letzteres will er bei seinen Gemeinderäten tun. Denn der Bürgermeister plant, die in Aussicht gestellten Ökopunkte idealerweise an die Gemeinde Achberg zu verkaufen. Hintergrund: Ökopunkte sind für Städte und Gemeinden bei der Neuausweisung von Bauflächen als naturschutzrechtlicher Ausgleich wichtig.
Hellhörig wurden die anderen Ausschussmitglieder aber nicht deswegen, sondern aufgrund des von Achbergs Bürgermeister geschilderten Prinzips. Denn die Möglichkeit blieb offenbar weitgehend im Verborgenen, wie sich bei der anschließenden Debatte herausstellte. „Das ist mir neu“, sagten beispielsweise der Amtzeller Gemeinderat Otto Allmendinger (Unabhängige Liste) und der Wangener GOL-Stadtrat Siegfried Spangenberg. Auch Wangens Oberbürgermeister Michael Lang staunte: „Ich glaube, dass dieser Weg unbekannt ist.“
Pflege der Streuobstwiesen für Landwirte oft unmöglich
Allmendinger, als Landwirt selbst Eigentümer von zwei Wiesen, fand, die Politik habe die Bauern hier im Stich gelassen. Zum Grundproblem sagte er: „Die Bäume sind schön, aber davon kann ich nicht leben.“Wangens CDU-Stadtrat Werner August Müller verdeutlichte: Immer weniger Leute bewirtschafteten immer größere Höfe. Da sei die Pflege von Streuobstwiesen nicht mehr möglich. OB Lang glaubt, dass Streuobst vor diesen Hintergründen für Landwirte zum „Ballastthema“geworden seien. Die prognostizierte Folge: Nachfolgende Generationen zögen sich von der Pflege zurück, die Streuobstwiesen stürben in den kommenden 20 bis 30 Jahren weg.
Im Zusammenhang mit den Ökopunkten kamen in der Sitzung auch Probleme bei der Ausweisung von Ausgleichsflächen auf den Tisch: Johannes Aschauer haderte damit, dass Kommunen dafür verstärkt und großflächig hochwertige Wiesen in Anspruch nähmen, die dann anderweitig nicht mehr nutzbar wären. Deshalb riet er zum Naturschutzausgleich entlang von renaturierten Bachläufen. Dort sei bis zu einem bestimmten Abstand die landwirtschaftliche Nutzung ohnehin verboten.
Auch hier kam ein praktisches Beispiel zum Tragen: OB Lang berichtete, Kommunen hätten für derlei Gewässerrandstreifen Vorkaufsrechte. Die Stadt habe diese bereits in dem von Aschauer zur Sprache gebrachten Sinn gezogen.
Fazit des Nachmittags: „Wir haben hier einen sehr kreativen Ausschuss“, sagte Siegfried Spangenberg. Er hatte das Thema „Streuobstwiesen“durch eine entsprechende Frage aufs Tapet gebracht.