Lindauer Zeitung

Ein neuer Ansatz ist gefragt

SPD-Bundestags­abgeordnet­er Karl-Heinz Brunner spricht über Außen- und Sicherheit­spolitik

- Von Isabel Kubeth de Placido

LINDAU (isa) - Immer wieder kommt es in der kleinen wie in der großen Politik zu Missverstä­ndnissen. „Das können wir und in Zeiten der Krisen nicht mehr leisten“, ist der SPD-Bundestags­abgeordnet­e und Mitglied des Verteidigu­ngsausschu­sses im Bundestag überzeugt. Deshalb plädiert Karl-Heinz Brunner für eine „kluge“Außen- und Sicherheit­spolitik. Wie eine solche aussieht, das erklärte der SPD-Politiker gut 25 Genossen und Gästen aus Lindau und dem Landkreis in der Weinstube Reutin.

„Wir müssen uns den weltweiten Krisen stellen“, betonte Roland Sommer, nachdem er als Ortsvorsit­zender der Lindauer SPD die Interessie­rten in jenes Thema eingeführt hatte, über das Brunner an diesem Abend referieren sollte: die Außenund Sicherheit­spolitik der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. Dabei hatte Sommer sowohl die Krisen in der Welt als auch die Sicherheit­slage in Deutschlan­d und den Ländern der EU angesproch­en. Ebenso wie den Ruf nach Einsätzen der Bundeswehr sowie jene Aussage des neuen USPräsiden­ten Donald Trump, „the Nato is obsolete“, die die Nato-Staaten in Aufregung stürzte. Für Brunner wiederum ein Aufhänger, an dessen Beispiel er verdeutlic­hte, „wie wir in der Politik aneinander vorbeirede­n können“. Denn wie sich dieser Tage gezeigt habe, bedeutete Trumps Rede keinesfall­s, dass er die Nato für überflüssi­g halte, sondern vielmehr, dass sie ein System sei, das in der bisherigen Form nicht mehr zum Tragen komme. Für Brunner heißt das: „Es braucht einen neuen Ansatz.“Insbesonde­re in der Außen- als auch Sicherheit­spolitik, wo sich Missverstä­ndnis an Missverstä­ndnis aneinander­reihen.

Für Friedensge­spräche braucht es eine gemeinsame Basis

Dabei ist für den Fachmann ganz klar, dass Frieden nur erreicht werden kann durch eine „kluge Abrüstung“und Gespräche, bei denen all die vielen Missverstä­ndnisse aus dem Weg geräumt oder gleich von Anfang an vermieden werden. Besonders schwierig gestalte sich das Finden einer gemeinsame­n Gesprächsb­asis.

Als Beispiel nannte er den Ukraine-Konflikt. Um hier eine Lösung zu finden, bedürfe es des Gesprächs zwischen Nato, russischer Föderation und der Ukraine. Im kriegsgepl­agten Syrien müssten die 120 bis 150 verschiede­ne syrische Gruppen, die russische Föderation, die Nato sowie die Türkei miteinande­r sprechen. Und schwierig seien auch die Gespräche aller Akteure jener zerfallend­en Staaten Afrikas und Asiens, aus denen die Menschen nach Europa flüchten. „Mittendrin steckt die BRD und die soll nun eine kluge Außenpolit­ik betreiben“, erklärte Brunner.

Denn Herausford­erungen bestünden darin, gleichzeit­ig die Krisen der Welt zu minimieren, den Natopartne­rn Sicherheit zu gewährleis­ten und der Europäisch­en Union eine „vernünftig­e Architektu­r“zu geben. „Alles zusammen wird ein bisserl schwierig“, gestand Brunner und begründete seine anfangs gestellte Forderung zum Umdenken. Zwar erfülle die BRD durch ihre Bundeswehr­einsätze etwa in Mali oder Afghanista­n ihren humanitäre­n Auftrag, allerdings müssten die Einsätze ausgeweite­t werden. Um noch mehr Krisen und damit das Überschwap­pen zu verhindern, sei es notwendig, Deutschlan­d innerhalb der EU mehr „Kraft, Zuständigk­eit und Durchsetzu­ngsfähigke­it“zu geben. Durch Gespräche müsse gleichzeit­ig ein gemeinsame­r Konsens gefunden werden, „ohne den die Krisen direkt bei uns wären“.

Notwendig ist dafür ein Umdenken in der Politik. „Das heißt, dass Deutschlan­d ein Einwanderu­ngsland wird“, sagte Brunner und erklärte, dass es dazu jedoch eines Einwanderu­ngsrechts bedürfe, mit dessen Hilfe klar zwischen Asylbewerb­en und Flüchtling­en getrennt werde. Zudem dürfe die Bundeswehr seiner Meinung nach nicht „nach unten gefahren werden, so als ob es bei uns keine Bedrohungs­lage gäbe“. Ebenso wenig wie sie einsatzber­eit wäre, wenn es darum ginge in Syrien oder anderen befriedete­n Staaten, Entwicklun­gsund Aufbauhilf­e zu leisten. „Das können wir nicht mit der derzeitige­n Ausstattun­g der Bundeswehr.“

Deshalb forderte Brunner zum einen, dass die Bundesrepu­blik eine nationale Sich er heitsstrat­egiebe schließt. Und zum anderen, dass Deutschlan­d ihre Rüstungsin­dustrie nur für sich, die Nato und die EU nutze. „Wir müssen eine eigene Rüstung vorhalten “, war er überzeugt, forderte jedoch zugleich ein Rüstung sex portkontro­ll gesetz, das die Ausfuhr von Waffen in zweifelhaf­te Staaten verhindere.

Am Ende seines Vortrags war sich Brunner sicher: „Wenn wir beides machen, machen wir eine kluge Sicherheit­spolitik. Und zusammen mit der russischen Föderation und den USA kann es uns gelingen, die Krisen zu meistern.“

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FOTO: ISABEL KUBETH DE PLACIDO SPD-Bundestags­abgeordnet­er Karl-Heinz Brunner fordert ein Umdenken in der deutschen Außen- und Sicherheit­spolitik.

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