Ein neuer Ansatz ist gefragt
SPD-Bundestagsabgeordneter Karl-Heinz Brunner spricht über Außen- und Sicherheitspolitik
LINDAU (isa) - Immer wieder kommt es in der kleinen wie in der großen Politik zu Missverständnissen. „Das können wir und in Zeiten der Krisen nicht mehr leisten“, ist der SPD-Bundestagsabgeordnete und Mitglied des Verteidigungsausschusses im Bundestag überzeugt. Deshalb plädiert Karl-Heinz Brunner für eine „kluge“Außen- und Sicherheitspolitik. Wie eine solche aussieht, das erklärte der SPD-Politiker gut 25 Genossen und Gästen aus Lindau und dem Landkreis in der Weinstube Reutin.
„Wir müssen uns den weltweiten Krisen stellen“, betonte Roland Sommer, nachdem er als Ortsvorsitzender der Lindauer SPD die Interessierten in jenes Thema eingeführt hatte, über das Brunner an diesem Abend referieren sollte: die Außenund Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Dabei hatte Sommer sowohl die Krisen in der Welt als auch die Sicherheitslage in Deutschland und den Ländern der EU angesprochen. Ebenso wie den Ruf nach Einsätzen der Bundeswehr sowie jene Aussage des neuen USPräsidenten Donald Trump, „the Nato is obsolete“, die die Nato-Staaten in Aufregung stürzte. Für Brunner wiederum ein Aufhänger, an dessen Beispiel er verdeutlichte, „wie wir in der Politik aneinander vorbeireden können“. Denn wie sich dieser Tage gezeigt habe, bedeutete Trumps Rede keinesfalls, dass er die Nato für überflüssig halte, sondern vielmehr, dass sie ein System sei, das in der bisherigen Form nicht mehr zum Tragen komme. Für Brunner heißt das: „Es braucht einen neuen Ansatz.“Insbesondere in der Außen- als auch Sicherheitspolitik, wo sich Missverständnis an Missverständnis aneinanderreihen.
Für Friedensgespräche braucht es eine gemeinsame Basis
Dabei ist für den Fachmann ganz klar, dass Frieden nur erreicht werden kann durch eine „kluge Abrüstung“und Gespräche, bei denen all die vielen Missverständnisse aus dem Weg geräumt oder gleich von Anfang an vermieden werden. Besonders schwierig gestalte sich das Finden einer gemeinsamen Gesprächsbasis.
Als Beispiel nannte er den Ukraine-Konflikt. Um hier eine Lösung zu finden, bedürfe es des Gesprächs zwischen Nato, russischer Föderation und der Ukraine. Im kriegsgeplagten Syrien müssten die 120 bis 150 verschiedene syrische Gruppen, die russische Föderation, die Nato sowie die Türkei miteinander sprechen. Und schwierig seien auch die Gespräche aller Akteure jener zerfallenden Staaten Afrikas und Asiens, aus denen die Menschen nach Europa flüchten. „Mittendrin steckt die BRD und die soll nun eine kluge Außenpolitik betreiben“, erklärte Brunner.
Denn Herausforderungen bestünden darin, gleichzeitig die Krisen der Welt zu minimieren, den Natopartnern Sicherheit zu gewährleisten und der Europäischen Union eine „vernünftige Architektur“zu geben. „Alles zusammen wird ein bisserl schwierig“, gestand Brunner und begründete seine anfangs gestellte Forderung zum Umdenken. Zwar erfülle die BRD durch ihre Bundeswehreinsätze etwa in Mali oder Afghanistan ihren humanitären Auftrag, allerdings müssten die Einsätze ausgeweitet werden. Um noch mehr Krisen und damit das Überschwappen zu verhindern, sei es notwendig, Deutschland innerhalb der EU mehr „Kraft, Zuständigkeit und Durchsetzungsfähigkeit“zu geben. Durch Gespräche müsse gleichzeitig ein gemeinsamer Konsens gefunden werden, „ohne den die Krisen direkt bei uns wären“.
Notwendig ist dafür ein Umdenken in der Politik. „Das heißt, dass Deutschland ein Einwanderungsland wird“, sagte Brunner und erklärte, dass es dazu jedoch eines Einwanderungsrechts bedürfe, mit dessen Hilfe klar zwischen Asylbewerben und Flüchtlingen getrennt werde. Zudem dürfe die Bundeswehr seiner Meinung nach nicht „nach unten gefahren werden, so als ob es bei uns keine Bedrohungslage gäbe“. Ebenso wenig wie sie einsatzbereit wäre, wenn es darum ginge in Syrien oder anderen befriedeten Staaten, Entwicklungsund Aufbauhilfe zu leisten. „Das können wir nicht mit der derzeitigen Ausstattung der Bundeswehr.“
Deshalb forderte Brunner zum einen, dass die Bundesrepublik eine nationale Sich er heitsstrategiebe schließt. Und zum anderen, dass Deutschland ihre Rüstungsindustrie nur für sich, die Nato und die EU nutze. „Wir müssen eine eigene Rüstung vorhalten “, war er überzeugt, forderte jedoch zugleich ein Rüstung sex portkontroll gesetz, das die Ausfuhr von Waffen in zweifelhafte Staaten verhindere.
Am Ende seines Vortrags war sich Brunner sicher: „Wenn wir beides machen, machen wir eine kluge Sicherheitspolitik. Und zusammen mit der russischen Föderation und den USA kann es uns gelingen, die Krisen zu meistern.“