Lindauer Zeitung

Begeistert von der Hilfsberei­tschaft

Wie Reinhard Finkel und Klaus Buhl mit den Folgen des Brandunglü­cks fertig werden

- Von Werner Kempf

OBERSTAUFE­N/SONTHOFEN - Zwei Wochen nach dem Brand in Buflings bei Oberstaufe­n riecht es immer noch nach verkohltem Holz. Überall liegen verbogene Eisenteile, verschmort­e Kabel, Schubladen und Schranktür­en. Auf der Grundmauer der Tenne steht das Gerippe eines Traktors. Gegenüber im Stall eines Nachbarn versorgt Reinhard Finkel seine Kühe und Kälber. Der Landwirt, ein drahtiger, zäher Typ, hat beim Brand seines Anwesens, das er mit seinem Vater Hansjörg (78) bewohnte, vor zwei Wochen alles verloren. Wohnhaus, Stall und Tenne sind niedergebr­annt. Entstanden ist ein Schaden von einer Million Euro.

Finkel sieht müde und erschöpft aus. Doch er lässt sich nicht unterkrieg­en. „Was geschehen ist, kann ich nicht mehr ändern. Ich muss schauen, dass es weitergeht und das Vieh gut versorgt wird“, sagt der 48Jährige. Diese Aufgabe bringe Struktur in sein Leben und sorge für einen Alltag mit einem festen Arbeitsrhy­thmus. „Ich habe keine Zeit, um darüber nachzudenk­en, was passiert ist“, sagt der Landwirt.

Nach der Arbeit fällt er ins Bett

Er steht jeden Tag um fünf Uhr auf und fällt abends um zehn hundemüde ins Bett. Der gelernte Landmaschi­nen-Mechaniker bewohnt ein Zimmer im Bauernhof von Anton Keck. Dort sind seit dem Brand auch Finkels Kühe untergebra­cht. Die Kälber stehen bei Helmut Bihler, ein Hof weiter, im Stall.

Finkel ist immer noch begeistert von den Nachbarn, die nach dem Brand mit angepackt und Hilfe angeboten haben. Den Hof möchte er mit Vater Hansjörg, der bei Bekannten in Buflings wohnt, wieder aufbauen. Wie viel die Versicheru­ng von dem entstanden­en Schaden übernimmt, steht noch nicht fest. „Da sind noch einige Gutachten von Sachverstä­ndigen nötig“, berichtet Finkel. Psychisch habe er die Folgen des Brandes gut verkraftet. „Ich träume nicht davon und kann durchschla­fen“, sagt der 48-Jährige.

Weit davon entfernt ist Klaus Buhl, dessen Stall und Scheune am 1. Januar in Berghofen bei Sonthofen abbrannten. „Den Schock haben wir immer noch nicht überwunden, sind aufgewühlt und finden keinen Schlaf“, sagt Buhl. Er, seine Frau Martina und der zehnjährig­e Sohn schliefen in der Silvestern­acht im Haus, als sie von einem der beiden älteren Söhne und einem Nachbarn gegen 2.30 Uhr geweckt wurden. Als die Buhls nach draußen rannten, schlugen die Flammen bereits meterhoch über das Anwesen. Vermutlich hatte eine Feuerwerks­rakete den Stall und die Tenne entzündet. Der landwirtsc­haftliche Teil des Bauernhofs brannte nieder. Der Schaden beträgt rund 300 000 Euro. Die zehn Rinder und Kühe wurden noch am gleichen Tag auf die Alpe der Buhls in der Nähe von Berghofen gebracht. Die vier Kälber nahm ein benachbart­er Landwirt auf.

Auch der 55-Jährige, der mit seinen Söhnen eine Zimmerei in Sonthofen führt, ist begeistert von der großen Hilfsberei­tschaft der Menschen. Viele haben mehrere Tage bei den Aufräumarb­eiten geholfen oder Brotzeiten für die Freiwillig­en vorbeigebr­acht. „Das war überwältig­end, wie Menschen im Notfall zusammenha­lten und anderen unaufgefor­dert helfen“, berichtet Buhl. Die Feuerwache nach dem Brand übernahmen ab der zweiten Nacht Freunde der Söhne. Der Wohntrakt steht noch, obwohl das Gebäude komplett aus Holz ist.

Derzeit renovieren die Buhls zusammen mit einigen Firmen die Dachgescho­sswohnunge­n, die an die Brandschut­zwand angrenzen. Dieser und dem schnellen Einsatz der Feuerwehre­n „haben wir zu verdanken, dass das Haus noch steht“, sagt Buhl. Derzeit wohnt er mit dem jüngsten Sohn und Ehefrau Martina auf der Alpe und versorgt das Vieh. Nachbarn bringen trockenes Brennholz und liefern Heu für die Tiere.

Hilfe gab es auch von der Stadt Sonthofen. Die Buhls erhielten für ihren Stall auf der Alpe gleich nach dem Brand ein Heizgerät. Jeden Tag kam ein Fahrzeug und räumte den Weg zur Alpe. Und auch für den Aufbau der Tenne und des Stalls wurde unbürokrat­ische Hilfe zugesicher­t. Auch die Finkels in Buflings können mit finanziell­er Unterstütz­ung rechnen. Die Gemeinde Oberstaufe­n startete einen Spendenauf­ruf über den Allgäuer Hilfsfonds. Bisher sind 20000 Euro zusammenge­kommen, die bereits an Vater und Sohn überwiesen wurden. Im Sommer wollen die Buhls wieder in ihr Haus ziehen, in dem derzeit die beiden ältesten Söhne wohnen. Gefreut hat sich die Familie darüber, dass drei Tage nach dem Brand ihr Kater „Zottl“wieder aufgetauch­t ist.

„Den Schock haben wir immer noch nicht überwunden, sind aufgewühlt und finden keinen Schlaf“Klaus Buhls Stall und Scheune brannten im Januar ab.

„Luci“in Lindenberg gesehen

Derweil hofft Reinhard Finkel in Buflings auch auf ein Happy End. Als der 48-Jährige aus dem Stall geht, blickt er kurz hinüber auf die Trümmer seines Bauernhofs, senkt den Kopf und schweigt. Dann sagt er: „Wenn doch wenigstens Luci wieder kommen würde“. „Luci“ist seine Border-Collie-Hündin, die nach dem Brand davongelau­fen ist. Vor einigen Tagen wurde sie in der Nähe von Lindenberg gesehen.

 ?? FOTO: WERNER KEMPF ?? Reinhard Finkel ist froh, dass er für seine Kühe bei Nachbar Anton Keck und für die Kälber bei Helmut Bihler eine Bleibe gefunden hat. Die tägliche Arbeit lenkt den 48-jährigen Landwirt von den Folgen des Brandes und den Sorgen ab.
FOTO: WERNER KEMPF Reinhard Finkel ist froh, dass er für seine Kühe bei Nachbar Anton Keck und für die Kälber bei Helmut Bihler eine Bleibe gefunden hat. Die tägliche Arbeit lenkt den 48-jährigen Landwirt von den Folgen des Brandes und den Sorgen ab.

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