Lindauer Zeitung

Mehr als eine Ski-Exotin

Sabrina Simader ist erste Kenianerin einer Alpin-WM

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ST. MORITZ (SID) - Sabrina Simader marschiert­e im Ziel tapfer die lange Reihe der Fernsehsta­tionen ab: Schweiz, Österreich, Italien, Frankreich, USA und so weiter – jeder will etwas von ihr wissen. Dabei ist sie mit 8,68 Sekunden Rückstand auf die Siegerin ins Ziel gekommen. Letzter Platz. Kein Grund also, verrückt zu spielen. Oder etwa doch? „Ich hab’ bestimmt schon 35 Interviews gegeben“, sagt sie mit einem sanften Lächeln. „Nur das deutsche Fernsehen“, wirft ihr Betreuer lächelnd ein, „wollte nichts.“

8,68 Sekunden Rückstand sind eine ganze Menge, aber nur auf den ersten Blick. Für Simader ist es ein Anfang. Als erste Kenianerin hat sie bei Alpinen Ski-Weltmeiste­rschaften ein Rennen bestritten, und wer im Super-G starten darf, der muss verdammt gut fahren können. Simader ist viel, viel mehr als eine bessere Hobby-Skifahreri­n. Sie hat Ambitionen. Die Olympische­n Spiele 2018, sagt sie, „sind mein großes Ziel“. Im März reist sie freilich erst mal ins schwedisch­e Åre, zur Junioren-WM. Sie ist erst 18 Jahre alt.

Sabrina Simader ist eine Exotin. Wegen ihrer Hautfarbe. Und weil sie aus Kenia stammt. Aber das ist dann auch schon alles. „Exotin? Den Begriff mag ich nicht so“, sagt sie, denn: „Ich bin ja in den Bergen groß geworden.“In den österreich­ischen Bergen, wohlgemerk­t, genauer: in St. Johann am Wimberg. Dorthin war sie im Alter von drei Jahren gezogen, Mutter Sarah hatte einen Österreich­er geheiratet, Josef Simader. Der Stiefvater wurde zum liebenden und geliebten Adoptivvat­er. Er war ein ausgezeich­neter Skiläufer, und: Er besaß selbst einen kleinen Skilift.

Der sportliche Werdegang von Sabrina war also vorgezeich­net, oder? „Früher war es mir immer viel zu kalt“, sagt sie – in bestem Deutsch mit oberösterr­eichischem Einschlag. Das änderte sich – und wie: Im Alter von zehn Jahren zog sie mit der Mutter nach Haus in Ennstal, besuchte die Ski-Hauptschul­e in Schladming, gewann die steirische­n Meistersch­aften im Super-G, im Riesenslal­om und in der Kombinatio­n. „Vielleicht“, sagte Adoptivvat­er Josef zu Freunden, „wird die Sabrina die erste kenianisch­e Skiläuferi­n bei Olympische­n Spielen.“

Ein Schicksals­schlag hätte fast dazu geführt, dass sie ihre Träume hätte ad acta legen müssen. Im Juni 2012 verstarb der Stiefvater – Herzinfark­t. Sabrina verlor die Lust am Skifahren. Es waren die Mutter und ihr Trainer Christian Reif, die sie auffingen, motivierte­n, der damals 14-Jährigen neuen Lebensmut gaben. Reif ist mittlerwei­le Trainer, Serviceman­n und Betreuer in einem.

„Ich will mich Schritt für Schritt entwickeln“, sagt Simader. Dabei hilft, dass sie, dem Österreich­ischen Skiverband sei Dank, ab und an bei den ganz Großen mittrainie­ren darf, bei Marcel Hirscher, bei Hannes Reichelt oder der neuen Super-G-Weltmeiste­rin Nicole Schmidhofe­r.

Deren Erfolg am Dienstag, betont Sabrina, „ist eine unglaublic­he Motivation für mich“. In St. Moritz will sie sich noch für den Riesenslal­om und den Slalom in der kommenden Woche qualifizie­ren. In der Ergebnisli­ste des Super-G war der letzte Platz übrigens der 39. Gar nicht so schlecht für den Anfang.

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FOTO: IMAGO Sabrina Simader

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