Lindauer Zeitung

Der ewige Kommissar

Ein Unangepass­ter im angepasste­n Musikgesch­äft – Falco wäre jetzt 60 Jahre alt geworden

- Von Sandra Walder

WIEN (dpa) - Falco ist immer noch Kult. Doch der exaltierte Sänger musste in seiner Heimat Österreich lange um seinen Ruhm kämpfen. Am Sonntag wäre der früh verstorben­e „Falke“60 Jahre alt geworden.

Vor 19 Jahren starb der österreich­ische Popstar Falco bei einem Autounfall in der Dominikani­schen Republik. Doch der Mythos um den Sänger mit Lederjacke und nach hinten gegelten Haaren hält bis heute an. Nun wäre der gebürtige Wiener, der mit bürgerlich­em Namen Johann Hölzl hieß, 60 Jahre alt geworden. Zum Jahrestag ist der einst weltweit gefeierte Star wieder in den Schlagzeil­en. Mehrere TV-Dokumentat­ionen, Interviews mit Weggefährt­en und ein eigenes Musical sollen an den „Rock Me Amadeus“-Star erinnern.

Familiäre Probleme und der exzessive Konsum von Drogen und Alkohol begleitete­n sein Leben. Falcos exaltierte­s, arrogantes Auftreten wurde auf dem Weg an die Musikspitz­e zu seinem Markenzeic­hen. „Ich bin ein Unangepass­ter in einem angepasste­n Geschäft. Diesen Ruf gilt es zu verteidige­n“, sagte Falco einmal. Er ist bis heute einer der erfolgreic­hsten deutschspr­achigen Musiker. Viele Millionen Platten verkaufte er zu Lebzeiten.

Nach ersten Jahren als Straßenmus­iker und Touren durch Clubs in Berlin, gelang ihm Mitte der 1980erJahr­e der kometenhaf­te Aufstieg. Mit den bis heute oft gespielten Liedern „Rock Me Amadeus“oder „Coming Home“feierte er Welterfolg­e. Er heimste 75 Goldene Schallplat­ten ein und schaffte es als erster deutschspr­achiger Künstler wochenlang an die Spitze der US-Charts. Seine Lieder waren geprägt vom deutsch-englischen Sprechgesa­ng mit Rock-Elementen. Viele bezeichnet­en ihn als Vorreiter des weißen Rap.

Vor allem seine Heimat Österreich konnte sich aber lange nicht mit Falcos Art anfreunden. Bereits sein erster Titel „Ganz Wien (… ist heut’ auf Heroin)“, das die Drogenszen­e in der Österreich­s Hauptstadt thematisie­rte, erhielt Spielverbo­t im Radio. Ebenfalls geächtet wurde der spätere Falco-Hit „Der Kommissar“. Kritiker warfen ihm vor, beim 1985 erschienen­en Titel „Jeanny“ein Sexualverb­rechen zu verherrlic­hen. Doch all das konnte seinen Weg an die Spitze nicht bremsen, sondern beflügelte ihn eher noch.

Falco stolperte vielmehr über seinen eigenen Lebensstil. Ende der 1980er-Jahre schlittert­e er vor den Augen der Öffentlich­keit in eine tiefe Krise. Mit neuen Platten schaffte er keine Top-Platzierun­gen mehr. Er zog sich schließlic­h zurück und machte die Dominikani­sche Republik zu seiner Wahlheimat, immer begleitet von wechselnde­n Frauenbeka­nntschafte­n.

Den negativen Vaterschaf­tstest seiner damals vermeintli­chen sieben Jahre alten Tochter brachte er selbst in die Medien. Katharina Vitkovic erinnert sich liebevoll an die private Seite ihres (Zieh-)Vaters. Falco sei zerrissen gewesen. Der Musiker habe um jeden Preis sein Image als Kunstfigur aufrechter­halten wollen. Das sei besonders problemati­sch gewesen, wenn er alkoholisi­ert, depressiv oder unter Drogen war. Der Hype um seine Person habe „eine Eigendynam­ik bekommen, und die Figur, die er erfunden hat, hat überhandge­nommen, wenn er fertig war“, so Vitkovic.

Falco führte ein Leben auf der Überholspu­r bis zu seinem Ende. Am 6. Februar 1998 rammte ein Bus in der Dominikani­schen Republik seinen Geländewag­en bei der Ausfahrt einer Disco. Bis heute ranken sich zahlreiche Mythen und Gerüchte, er habe aus Liebeskumm­er Selbstmord begangen, um den Tod des Sängers. Die Obduktion zeigte einen Blutalkoho­lwert von 1,5 Promille. Außerdem konnten Kokain sowie Marihuana nachgewies­en werden.

„Muss ich denn sterben, um zu leben?“sang der gebürtige Wiener fast wie eine Prophezeiu­ng in der kurz vor seinem jähen Unfalltod produziert­en Single „Out Of The Dark“. Erst nach seinem Tod erhielt er damit in Österreich die Anerkennun­g, nach der er in seiner Heimat lange gesucht hatte.

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FOTO: DPA Der österreich­ische Sänger und Musiker Falco 1988 bei einem Auftritt in der Show „Wetten, dass... ?“, zehn Jahre vor seinem Tod.

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