Der gerettete Harald
Ein 18-Jähriger findet halb erfrorenen Haubentaucher bei Amtzell
AMTZELL/WOLFEGG - Da hatte Harald Glück im Unglück: Als der junge Haubentaucher bei Amtzell halb erfroren am Straßenrand saß, fuhr Maximilian Jung vorbei. Der sah den Vogel verzweifelt herumflattern, fuhr zurück und fing den Haubentaucher ein. Jetzt päppelt er das Tier im Bauernhausmuseum Wolfegg wieder auf. Den Namen Harald hat er ihm gegeben, weil dieser so gut zu dem Haubentaucher passt.
Die Rettungsaktion ging bereits Ende Januar über die Bühne, „als es bis zu 20 Grad minus hatte“, erinnert sich Maximilian. Warum der Haubentaucher im eisigen Schnee am Straßenrand gelandet war, weiß er nicht. Es könnte sein, dass der Vogel am zugefrorenen Bach bei Amtzell kein Futter mehr fand, vermutet er. Jedenfalls war klar, dass das Tier Hilfe braucht, „sonst hätte ihn der Fuchs geholt oder die Krähen“. Da war es von Vorteil, dass Maximilian angehender Fischwirt ist und deshalb das Netz eines Keschers im Auto hatte. Mit dem hat er den Haubentaucher eingefangen. Dieser wusste natürlich nicht, dass er vor dem Erfrierungstod bewahrt werden sollte und wehrte sich standhaft. „Er hatte Angst und hat mich in Hände und Knie gepickt“, erzählt Maximilian.
Als sich der Haubentaucher beruhigt und im Auto aufgewärmt hatte, brachte Maximilian ihn ins Wolfegger Bauernhausmuseum. Dort macht der 18-Jährige aus Bergatreute eine Ausbildung zum Fischwirt. Haubentaucher Harald bekam ein Domizil in einem Schuppen bei den Fischteichen. Sein Retter hatte nämlich im Internet recherchiert und herausgefunden, dass Haubentaucher ausschließlich Fische fressen. Damit „der kleine Kerl“, wie ihn Maximilian fürsorglich nennt, also wieder zu Kräften kommt, war erstmal Eis hacken angesagt. Denn der Fischteich des Museums war auch zugefroren. Schließlich konnte Maximilian dem hungrigen Vogel dann das erste Menü kredenzen: kleine Karpfen und Schleien – die Harald ratzeputz verschlang. „Meine Mitschüler an der Berufsschule haben gelacht, weil ich als angehender Fischzüchter die Fische jetzt an den Haubentaucher verfüttere“, sagt Maximilian und lacht.
„Ich hätte nicht gedacht, dass er überlebt“, sagt Maximilian, doch der Haubentaucher scheint zu genesen. Inzwischen sind sie ein gutes Team: Drei bis vier Mal am Tag besorgt Maximilian kleine Fische, und Harald verschlingt sie gierig. Zusammen mit seinem Vater, der gleichzeitig sein Ausbilder ist, hat der 18-Jährige ein improvisiertes Zuhause für den Gast gebaut: Eine große Plastikwanne mit Sägespänen, in der sich der Haubentaucher erholen kann. Der Vogel mache „eine Riesenarbeit“, sagt Maximilian, „aber solange alles gefroren war, hatte ich nicht ganz so viel zu tun und konnte mich um ihn kümmern“.
Wenn es jetzt wärmer wird und taut, kommt vielleicht bald der große Tag, an dem der Haubentaucher wieder in die Freiheit entlassen werden kann. „Wenn es ihm gut geht, lasse ich ihn frei“, sagt Maximilian. „Ich hoffe, dass er wieder fliegen kann.“Dann hat Harald die Chance, dorthin zurückzufliegen, wo er ursprünglich herkam. Oder aber er bleibt bei seinem neuen Freund auf dem Gelände des Bauernhausmuseums.